Berner Regierungsratswahlen: 3 bleiben sicher drin, 3 bangen, 3 dürfen hoffen
Publiziert am 19. März 2010Am 28. März wählt der Kanton Bern die Mitglieder des Grossen Rates und des Regierungsrates. Die Ausgangslage ist spannend. Zum einen, weil sie aufzeigen werden, wie stark die beiden “Schwesterparteien” BDP und SVP sind, zum anderen weil nebst der BDP auch die Grünliberalen erstmals antreten.
Prognosen sind grundsätzlich ein heikles Unterfangen. Die grösste Unbekannte: Wie wirkt sich die neue Regelung mit dem Wahlzettel, der 7 leere Linien hat, aus. Bis und mit 2006 wurden dem offiziellen Couvert jeweils ausseramtliche Wahlzettel der verschiedenen Blöcke beigelegt. Das war bequem, rund die Hälfte aller Wählenden warfen jeweils einen unveränderten Wahlzettel ein.
Erst zweimal in der Geschichte des Standes Bern gab es in der Regierung eine rot-grüne Mehrheit: 1986 – 1990 sowie 2006 – heute. Schaffen alle vier rot-grünen Regierungsratsmitglieder die Wiederwahl, wäre das also ein historisches Ereignis.
Bern ist strukturell ein bürgerlicher Kanton, der Anteil des bürgerlich denkenden und wählenden Elektorats dürfte bei etwa 55 Prozent liegen. Prima vista wäre der Fall also klar. Träten die grösseren bürgerlichen Parteien BDP, FDP und SVP gemeinsam an – mit vier oder fünf Kandidierenden, so wie das früher mit FDP und SVP jeweils der Fall war (Ausnahme 1986) -, müssten sie grundsätzlich wieder die Mehrheit erringen.
In der Praxis ist die Ausgangslage komplizierter: Seit sich die BDP im Sommer 2008 von der SVP abspaltete, ist “gäng wie gäng” Makulatur. Exponenten beider Parteien ergehen sich – öffentlich – in Feindrhetorik. Die Wirtschaftsverbände versuchten zwar, die fünf Kandidierenden auf eine Linie zu bringen, ebenso ein einzelner Stratege aus dem Emmental. Die Konsequenz der Zerwürfnisse dürfte sein, dass viele bürgerliche Wählerinnen und Wähler nicht alle 5 bürgerlichen Kandidaten auf ihren Zettel schreiben werden.
Ich wage eine Prognose: Bernhard Pulver (grüne), Barbara Egger (sp) und Hans-Jürg Käser (fdp) werden die Wiederwahl problemlos schaffen, ja die Podestplätze unter sich ausmachen. Deshalb werden sie hier schon einmal mit einem Föteli gezeigt.
Die Wiederwahl nicht auf sicher haben Christoph Neuhaus (svp), Andreas Rickenbacher (sp) und Philippe Perrenoud (sp). Sie müssen bangen, die Gründe für diese Einschätzung sind vielfältig.
Drei weitere Kandidierende – die Angreifer – dürfen sich unterschiedlich grosse Wahlchancen ausrechnen: Albert Rösti (svp), Beatrice Simon (bdp) und Sylvain Astier (fdp). Auguren bezeichneten bislang vor allem zwei Duelle:
– Astier vs. Perrenoud (um den garantierten Jurasitz)
– Rösti vs. Simon
Ich erkenne noch eine dritte Möglichkeit, will diese allerdings erst am Wahlwochenende hier bekanntmachen.
Ausserhalb dieses Neunerfeld hat niemand eine Chance, gewählt zu werden. Vertreterinnen und Vertreter von Kleinparteien oder Parteilose fehlt die Basis für den Erfolg bei Majorzwahlen (Mehrheitswahlen). Das absolute Mehr lag in den drei Gesamterneuerungswahlen 1998, 2002 und 2006 jeweils zwischen 65’000 und 68’000 Stimmen.
Die Links zu den Kandidierenden:
– Barbara Egger (sp, Bremgarten, bisher)
– Hans-Jürg Käser (fdp, Langenthal, bisher)
– Christoph Neuhaus (svp, Belp, bisher)
– Philippe Perrenoud (sp, Tramelan, bisher)
– Bernhard Pulver (grüne, Bern, bisher)
– Andreas Rickenbacher (sp, Jens bei Biel, bisher)
– Sylvain Astier (fdp, Moutier, neu)
– Albert Rösti (svp, Uetendorf, neu)
– Beatrice Simon (bdp, Seedorf, neu)
– Marc Früh (edu, Lamboing, neu)
– Patrick Gsteiger (evp, Perrefitte, neu)
– Marc Jost (evp, Thun, neu)
– Bruno Moser (parteilos, Les Prés-d’Orvin, neu)
– Josef Rothenfluh (parteilos, Lengnau, neu)
– Alexandra Perina (cvp, Bern, neu)
– Maxime Zuber (psa, Moutier, neu)