Kein Vertrauen, kein Team – ein Debakel

Nein, das Verteidigungsdepartement «implodierte nicht praktisch über Nacht», wie das die NZZ heute schreibt. Es wird durchgeschüttelt, weil vier Schüsselfiguren in den nächsten 12 Monaten den Hut nehmen und die Ruag von einem neuen Skandal eingeholt wurde.

Was ins Auge sticht: Armeechef Thomas Süssli reichte seine Kündigung am 30. Januar ein, Christian Dussey, der Chef des Nachrichtendiensts, bereits am 20. Januar.

VBS-Chefin Viola Amherd liess die vertraulichen Dokumente zu diesen brisanten Personalien aber erst gestern Dienstagmorgen hochladen und für die heutige Sitzung des Bundesrates traktandieren. Auf diese Weise haben einzelne Mitarbeitende aus den anderen sechs Departementen Zugriff.

⚡️ Zwischen den Kündigungen von Dussey bzw. Süssli und Amherds Information an den Gesamtbundesrat liegen 25 bzw. 35 Tage. Der Armeechef ist seit dem Beginn des Ukrainekriegs vor drei Jahren die wichtigste Figur in der Bundesverwaltung. Weshalb wurde der Gesamtbundesrat nicht viel früher über Süsslis Rücktritt informiert?

⚡️ Es dauerte gerade einmal eine Stunde, bis die brisanten Personalien den Medien gesteckt wurden.

Einmal mehr zeigt sich: Die sieben Mitglieder der Landesregierung vertrauen einander nicht, sie schauen nur für sich. Der Verteilkampf ums Geld und persönliche Animositäten verhindern, dass sich so etwas wie Teamgeist entwickeln könnte.

Wie die Sache abgelaufen ist, schildert CH Media hier.

Foto: Getty Images 

So wird das nichts mit dem Angriff auf den zweiten FDP-Sitz

 

Ein Gedankenspiel: Nehmen wir an, Bundesrat Ignazio Cassis kündigt in ein paar Monaten seinen Rücktritt an, weil er gesundheitlich angeschlagen ist. Cassis nahm im Herbst 2017 Einsitz in der Landesregierung und deshalb ist allen klar, dass er nicht mehr fünf oder sechs Jahre bleiben wird. Wer bei der FDP seinen Sitz erben möchte, hat sich längst in Stellung gebracht.

Kaum hat sich also Cassis erklärt, so unser Gedankenspiel, prescht die Spitze der Mitte-Partei vor und meldet: «Wir greifen den FDP-Sitz an!» Nach all dem, was die letzten Wochen passiert ist, könnten sich Journalistinnen und Parteistrategen ein süffisantes Lächeln nicht verkneifen. Die Glaubwürdigkeit hat arg gelitten, die Partei wirkt wie eine Schildkröte, die auf dem Rücken liegt, man nimmt sie seit ihrer verzweifelten Suche nach Kandidierenden nicht mehr ernst.

Martin Pfister, Regierungsrat aus dem Kanton Zug, ist also der zweite Kandidat neben Bauernpräsident Markus Ritter. Am Montagmittag, als die Anmeldefrist ablief, fand man auf seiner Website gerade einmal vier Sätze zu seiner Bundesratskandidatur. Im Verlaufe des Nachmittags war diese dann längere Zeit offline. Eine Medienkonferenz gibt es laut Pfisters Website noch nicht, für Fragen der Journalisten steht er nicht zur Verfügung. Auf der Website der Mitte-Kantonalpartei wiederum findet man sechs Sätze und – inzwischen – einen Medientermin. Am Donnerstag um 10 Uhr lädt sie nach Baar ein.

Mit Verlaub, aber diese Ankündigung ist ein Fehlstart, Martin Pfister muss damit rechnen, als  «last minute Martin» etikettiert zu werden. Er wollte seine Partei vor einer Schmach bewahren, das ehrt ihn. Jetzt wird er verheizt.

Vor 20 Jahren habe ich Martin Pfister, als er noch nicht einmal im Kantonsparlament sass, kennengelernt. Er ist integer, ein guter Kopf. Zweimal wurde er mit dem besten Resultat als Regierungsrat wiedergewählt. Er mache einen «sehr soliden Job», sagen meine Vertrauenspersonen – keine Mitte-Parteigänger – im Kanton Zug.

Mit leeren Händen stehen die Frauen da. Niemand aus ihrem Kreis wollte kandidieren. Dies nachdem die Präsidentin der Mitte-Frauen unmittelbar nach Viola Amherds Rücktrittsankündigung Anspruch auf einen Platz auf dem Ticket angemeldet hatte.

Dass Amherds Rücktritt kommen wird, war seit zwei Jahren klar. Man hätte sich darauf vorbereiten können. Hätte, hätte, Fahrradkette.

Die Mitte konnte bei den eidgenössischen Wahlen 2023 leicht zulegen. Sie kommt bis auf 0,2 Prozentpunkte an die FDP heran und hat diese in Sitzen sogar überholt. Die Lust, dem früheren Feind aus Kulturkampf-Zeiten den zweiten Sitz im Bundesrat abzujagen, war lange spürbar.

Mit dem neuen Parteinamen, obschon weiterhin CVP drin ist, will die Mitte das Mittelland von St. Gallen bis Genf erobern, dort, wo heute die Mehrheit der Menschen lebt. Und jetzt spottet das halbe Land über die sie. So wird das nichts mit dem zweiten Bundesratssitz.

Die nächsten Wochen bis zur Bundesrats-Ersatzwahl werden nicht einfacher. Ob sich die peinliche Phase sogar elektoral niederschlägt, werden die kantonalen Wahlen im Wallis vom 2. März und eine Woche später in Solothurn zeigen.

Du wirst bezahlt, um zu lügen

Am 19. Juli 2024 traten Patent Ochsner zum 9. Mal am Gurtenfestival auf. Wer dabei war, erinnert sich an die langen Warteschlangen und dass es vor der Hauptbühne so eng war wie nie zuvor. Die nackten Zahlen, die erst jetzt publik wurden, zeigen: 32’500 Menschen befanden sich an jenem Freitagabend auf dem Berner Hausberg, obwohl die Obergrenze bei 25’000 liegt.  (Hier eine Zusammenfassung der Nachrichtenagentur Keystone-sda.)

Zwei Gedanken.

Erstens: aus der Sicht der Öffentlichkeit
➡️ Dieser Fall zeigt exemplarisch, wie wichtig unabhängige Medien sind. Sie fungieren als «Watchdogs». Um ihrer Rolle gerecht zu werden, braucht es Hartnäckigkeit, Ressourcen und eine Chefredaktion mit Rückgrat. Kudos für Christoph Albrecht von der Redaktion «Bund»/BZ für diese Recherche (Bezahlschranke),  ohne daraus einen Skandal zu machen.

Zweitens: aus PR-Sicht
➡️ Dieser Fall wirft einen Schatten auf unsere Branche. Als Berufsmann werde ich in meinem Umfeld immer wieder herausgefordert: «Du wirst also bezahlt dafür, zu lügen.» Der Vorwurf kommt manchmal augenzwinkernd, manchmal ernsthaft.

Seit vielen Jahren begleite ich Unternehmungen, Institutionen, zuweilen auch Einzelpersonen in schwierigen Phasen. Zur Checkliste, die wir noch vor der Vertragsunterzeichnung durchgehen, gehört ein zentraler Punkt: «Was wir sagen, ist wahr.» Das «Wir» benutze ich bewusst.

Für mich ist Wahrheit und Wahrhaftigkeit ein berufsethischer Grundsatz. Wenn ich abends vor dem Spiegel stehe, will ich mir in die Augen schauen können. Auch die Auftraggeber fahren meiner Meinung nach letztlich besser, wenn sie sagen, was ist. Wer transparent und glaubwürdig kommuniziert, geniesst Vertrauen. Um es mit den Worten von Patent Ochsner zu sagen: «Für immer uf di.»

Wer hingegen lügt und dabei überführt wird, hat ein Reputationsproblem. So nehme ich den Leuten der Gurten Festival AG nicht einmal mehr ab, dass es sich bei den zusätzlich herausgegebenen Tickets mehrheitlich um «Freikarten aus den Kontingenten für unsere Partner» handelt.

Printscreen: «Der Bund»/21. Dezember 2024

Only in Switzerland

Die politisch interessierte Welt blickt in die USA. Trump oder Harris – too close to call. Viele US-Amerikanerinnen und -Amerikaner werden heute stundenlang in einer Schlange stehen müssen, um ihr Wahlrecht wahrzunehmen.

Vor wenigen Tagen sagte Bundesrat Albert Rösti an einer Veranstaltung in einer Basler Schule, dass er «eher zu Trump tendiere». Prompt sorgt diese Aussage für Wirbel. Auf der Bundesgasse stellt mir Urs Leuthard für die Sendung 10vor10 ein paar Fragen.

Nach dem Interview will ich so schnell als möglich zurück ins warme Büro. Vor dem Bundeshaus kommt mir ein Gestalt entgegen, in etwa gleich gross wie ich, aber besser gekleidet. Ich erkenne ihn. Mein Atem stockt.

«Grüessech, Herr Bundesrat!», sage ich.

Albert Rösti stoppt und schüttelt mir die Hand. Ein Wort gibt das andere. Ich warne ihn vor, dass er im «Staatssender» flach herauskommen werde und zwinkere mit den Augen. Er lächelt. Wir verabschieden uns, ich verzichte auf das Beweis-Selfie,  und er marschiert davon. Es ist weit und breit kein Bodyguard in Sicht.

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PS:
Die aktuelle Sendung von 10vor10 ist hier abrufbar, der Beitrag über Bundesrat Rösti kommt an zweiter Stelle.

PPS:
Ich tendiere übrigens zu Harris. Die Welt kann sich vier weitere Chaos-Jahre wie von 2017 bis 2020 schlicht nicht erlauben.

Berner Spesenaffäre: Bei simplen Fällen gelingt das Aussitzen nicht

Die Berner Spesenaffäre wäre nie zu einer solchen geworden, wenn der Regierungsrat den «Kassensturz»-Auftritt genutzt und erklärt hätte, worum es wirklich geht. Stattdessen schwieg er. Als die Medienwelle rollte, war das Eindämmen über die Plattform X (früher Twitter) chancenlos. Eine Dekonstruktion.

Dank der Berner Kantonsregierung weiss inzwischen die halbe Nation, dass eine Banane unter Umständen bloss 20 Rappen kostet. Die Spesenaffäre sorgt für Kopfschütteln oder Erheiterung, und sie liefert ein dankbares Sujet für die Schnitzelbänkler. Ausserdem zeigt sie exemplarisch, was passiert, wenn ein Akteur einen simplen Fall aussitzen will.

Rückblende: Der «Kassensturz» des Schweizer Fernsehens SRF recherchierte 2023 über die Spesenkultur der sieben Berner Regierungsrätinnen und Regierungsräte. Die Redaktion hatte Einsicht in die Spesenabrechnungen verlangt, was die Staatskanzlei des Kantons Bern zunächst ablehnte, später aber doch Hand bot und alle Dokumente von 2018 bis 2021 herausgab.

Spätestens zu jenem Zeitpunkt hätten der Regierung und ihren Kommunikationsfachleuten klar sein müssen, dass irgendeinmal über dieses Thema berichtet wird. Sie hätten mehrere Monate Zeit gehabt, die Medienlogik zu antizipieren und die Reaktion in Ruhe vorzubereiten.

Die Einladung des «Kassensturz», an der Theke Auskunft zu geben, wollte kein Regierungsmitglied wahrnehmen. Das war ein folgenschwerer Fehler. Es wäre ein Leichtes gewesen, die Sache zu erklären: Zunächst – natürlich! – eine Entschuldigung für die wenigen Fehlbuchungen aus den Jahren 2018 und 2019 mit geringen Beträgen (wie der Banane für 20 Rappen). Dann der Hinweis, dass die Spesenverordnung 2021 überarbeitet worden war. Anhand dieses Dokuments kann man aufzeigen, welche Spesen zur Pauschale gehören und welche einzeln abgerechnet werden. Mit anderen Worten: Die Abrechnungspraxis ist transparent und rechtens, moralinsaures Nachhaken wäre abgeprallt. Schliesslich hätte ein rhetorisch fitter Regierungsrat während des Live-Interviews erwähnen können, dass man in der Spesenverordnung neu einen Minimalbetrag festlegen will. (Just das hat der Regierungsrat am Mittwoch nun entschieden.)

Stattdessen schwieg die Gesamtregierung, während Regierungspräsident Philippe Müller die Plattform X und eine Parteiversammlung nutzte, um sich zu erklären, was prompt in die Medien schwappte. Als die Medienwelle schon am Rollen war, versuchte der Kommunikationsdienst des Kantons, sie mit Tweets zu dämmen. Nur ein Beispiel: «Es gibt kein Regierungsmitglied, das Kleinstbeträge als Spesen abrechnet – erst recht nicht systematisch.»

Passiert ist das vor Jahren in ein paar Einzelfällen eben doch – dumm gelaufen, ungeschickt und kakophonisch kommuniziert.

Die Story war viel zu süffig, um nicht sofort einzuschlagen. Im Zeitalter des Clickbait-Journalismus ist sie ein Geschenk. Praktisch alle anderen Medien sprangen auf, viele Beiträge haben einen spöttischen Unterton.

Machen wir zwei Schritte zurück: Dieser Fall ist Pipifax und die Story ist bei Lichte betrachtet dünn. Ein «Mea Culpa» im «Kassensturz», gefolgt von einer Einbettung an der Theke (das hat nicht mit einer Rechtfertigung zu tun) – so hätte sich kein Krisenherd entzündet. Nur das defensive Vorgehen der Regierung und die lamentable Kommunikation haben diesen Fall zur Spesenaffäre gemacht. Der Imageschaden ist angerichtet, und weil die Story so simpel ist, bleibt sie uns weit über die Fasnacht hinaus in Erinnerung.

Dieser Beitrag ist zuerst beim Online-Magazin «Persönlich» erschienen.

NACHTRAG: In der Kommentarspalte wird ergänzend ein Gast-Kommentar von Adrian Ritz, Professor für Public Management, sowie der FDP des Kantons Bern aufgeschaltet.

Wie Sascha Ruefer ins Offside tappte

Sascha Ruefer liebt das Spektakel im Fussballstadion. Über Ostern geriet er selbst in den Strudel eines üblen Spiels, bei dem es um Rassismusvorwürfe und journalistische Ethik geht. Bislang wenig beleuchtet wurde die Rolle des Regisseurs, der den Dokfilm realisierte. Hätte der TV-Kommentator allerdings drei Punkte beachtet, wäre er nicht ins Offside getappt.

Während der Fussball-WM in Katar gibt Ruefer dem Regisseur eines Dokfilms über die Schweizer Fussballnationalmannschaft ein Interview. Simon Helbling dreht dort im Auftrag von SRF für den Sechsteiler «The Pressure Game – im Herzen der Schweizer Nati». Der offizielle Teil dauert 45 Minuten. Für die Schnittbilder führen die beiden das Gespräch auf der Couch weiter, was weitere 20 Minuten Rohmaterial abwirft. In diesem «Off the record»-Teil machte Ruefer eine Aussage, die ihm jetzt um die Ohren fliegt.

Die ominöse Aussage wurde geleakt und landete schliesslich bei der Wochenzeitung WOZ, die am Gründonnerstag ihren Artikel mit dem Titel «Der Schweizermacher» lanciert. Bei ihr lautet das Zitat so: «Granit Xhaka ist vieles, aber er ist kein Schweizer.» Die WOZ reisst es aus dem Kontext und gibt ihrer Story einen eigenen Spin. Die Aussage sei «klar rassistisch», schreibt sie. Inzwischen ist der Kontext geklärt: Ruefer sprach nicht über die Person Xhaka, sondern über dessen Führungsverständnis als Kapitän der Nationalmannschaft.

Der Rassismus-Vorwurf zusammen mit den Reizfiguren Ruefer und Xhaka – dieser Mix ist explosiv. Auf Twitter zoffen sich alsbald Rassismus-Expertinnen und Fussballfans, die genau wissen, was richtig und was falsch ist. Über journalistische Standards wissen sie weniger Bescheid. Andere Medien ziehen nach, Clickbait winkt von der Seitenlinie und ein Sportjournalist gibt den TV-Star bereits zum Abschuss frei («Ohne Gegenbeweis ist SRF-Reporter Sascha Ruefer kaum zu retten»). SRF, Ruefer und die private Produktionsfirma gehen zunächst auf Tauchstation, der Brand greift um sich.

Schlaglicht auf die Krisenkommunikation: Am Gründonnerstag sortieren sich SRF und Ruefer. Am Karfreitag laden sie ein paar routinierte Sportjournalisten von «Blick», «Tages-Anzeiger», NZZ, CH-Media sowie «20 Minuten» ein und zeigen ihnen die Rohversion des Gesprächs, also die vollen 65 Minuten. Das stellt endlich den richtigen Kontext her – und wirkt: die Berichterstattung ist seit Samstag differenzierter, Ruefer wird entlastet.

Was ein paar Medien in der ersten Phase lieferten, war kein Ruhmesblatt. Ruefer ist allerdings selbst schuld, dass er ins Offside tappte. Drei Punkte, die bei Interview-Settings immer gelten:

– Schlüsselfiguren sollten stets einen «Watchdog» dabeihaben, das heisst eine Fachperson, die zusieht und genau zuhört. Ist eine Aussage problematisch oder falsch, interveniert sie sofort, also unschweizerisch direkt. Das ist in Doha genauso möglich wie in Diessenhofen oder Dublin.

– Auch in einem Dokfilm ist Kürze gefragt. Bei Interviews braucht es einen klaren Fokus und wenige Fragen dazu. Der Fokus wird im Vorfeld gemeinsam geklärt. Wer sich in ein langes Gespräch verwickeln lässt, kann ins Plaudern kommen. Routine und Selbstgefälligkeit sind in solchen Fällen gefährlich.

– Jedes Interview besteht aus einem Vorgespräch (hinter der Kamera, ohne Aufzeichnung!), dem eigentlichen Interview und einem dritten Teil, der sogenannte Einführungs- und Schnittbilder liefert. Sie zeigen den Gast beispielsweise lesend oder diskutierend. Wenn ich als «Watchdog» engagiert bin, lege ich stets im Vorfeld fest, dass im Nachgespräch ein unverfängliches Thema besprochen wird, etwa der letzte Urlaub. Keinesfalls darf es sich um das Hauptthema drehen.

Viele Regisseure zeichnen «off the record» auf – absichtlich

In Ruefers Fall wurden die Kameras nach dem Interview nicht gestoppt, das Gespräch ging aber «off the record» weiter. Viele Filmregisseure gehen absichtlich so vor, weil sie wissen, dass ihre Interviewpartner nach dem offiziellen «Schluss – das war’s!» entspannter antworten. Fakt ist, dass es journalistische Standards verletzt, wenn Aussagen aus einem «Off the record»-Gespräch verwendet werden. In der ersten Version von «The Pressure Game» war das ominöse Zitat drin.

Aus dem 65-minütigen Gespräch mit Ruefer schafften es nur ein paar wenige Quotes in den Film. Dass in der ersten Version just das problematische Zitat dabei war – aus dem Kontext gerissen –, mag Zufall sein. Vielleicht wollte Regisseur Helbling aber bewusst Öl ins Feuer giessen, zumal sich Ruefer schon seit Jahren an Xhaka reibt. Wäre die erste Version ausgestrahlt worden, hätte das zu einer kompletten Eskalation geführt.

Beim Autorisieren machte Ruefer die Produktionsfirma darauf aufmerksam, dass der ominöse Satz missverstanden werden könne und «off the record» gefallen sei. Daraufhin wird die Aussage aus der Rohschnittversion entfernt.

Regisseur Helbling veröffentlichte am Montagabend eine Stellungnahme. Darin hält er fest, die Kontrollmechanismen hätten «wie vorgesehen gegriffen». Das würde zutreffen, wenn er die missverständliche Aussage gar nie für eine Veröffentlichung vorgesehen hätte. Die belastende Situation, «vor allem für Sascha Ruefer, der diese mediale Vorverurteilung über sich ergehen lassen musste», bedauert er. Angemessen wäre es gewesen, nicht nur zu bedauern, sondern um Entschuldigung zu bitten. Ein ehrliches Exgüsé würde allerdings auch Ruefer gut anstehen, seine Aussage bleibt problematisch.

 


Dieser Text ist zeitgleich bei «Persönlich», dem Onlineportal der Kommunikationsbranche, erschienen. 

Foto: keystone

 

Nachtrag vom 13. April 2023:
Die «Wochenzeitung» nimmt sich diesem Thema erneut an. Sie erklärt, wie ihr Redaktor beim Artikel vor Wochenfrist vorgegangen war, wie sie die Sache sieht und weshalb sie die journalistische Sorgfaltspflicht nicht verletzt.

Die Gier nach Geld machte ihr den Garaus

Das letzte Wochenende habe ich mit ein paar feinen Leuten in Engelberg verbracht. Irgendwo im Schnee entdeckten wir tatsächlich jemanden, der die legendäre SKA-Mütze aus den Siebzigerjahren trug. Sie ist Kult, die Credit Suisse hingegen ist: Geschichte. Alfred Escher, der die Schweizerische Kreditanstalt (SKA) 1856 gegründet hatte, um das Eisenbahnnetz zu finanzieren, würde sich im Grab umdrehen.

Die Schweiz gilt als Hort der Stabilität. Doch im Moment wankt sie: Eben hat die UBS, die grösste Bank des Landes, die zweitgrösste «gerettet». Sonst wären die Credit Suisse und mit ihr viele kleine Banken, zahllose KMU usw. in den Abgrund gerissen worden, was unter Umständen weltweit eine Finanzkrise ausgelöst hätte. Der Bundesrat hat die Übernahme mit einer Notverordnung orchestriert und vielleicht stimmt es, dass dies die beste aller schlechten Optionen ist.

Mächtige Player aus den USA, Grossbritannien und Saudi-Arabien wollten mit der Credit Suisse einen Konkurrenten aus dem Weg räumen. Sie bot sich an, weil sie schwächlich geworden war. Im Jahr 2007 notierte die CS-Aktie bei 80 Franken, am Freitagabend bei Börsenschluss noch bei 1 Franken 86. Diese Talfahrt ist beispiellos, und sie hat einen Grund: Die Boni-Kultur höhlte das Unternehmen von innen immer mehr aus. Selbst wenn die Credit Suisse tiefrote Abschlüsse machte, durften sich ihre Manager bedienen. Nach vielen Fehlern und Skandalen war das Vertrauen schliesslich im Eimer. Der gigantische Kapitalabfluss der letzten Phase (bis zu 10 Milliarden Franken pro Woche) zeigt dies eindrücklich.

In den letzten 20 Jahren hat die Credit Suisse 42 Milliarden Franken Boni ausbezahlt – 42’000’000’000 Franken! Wie kaputt ist diese Bank? Das krasseste Beispiel: Brady Dougan kriegte 2009 nebst seinem fixen Gehalt von 18 Millionen einen Bonus von 71 Millionen Franken. Die Gier der Manager nach dem schnellen Geld hat ihr schliesslich den Garaus gemacht.

Gestern Abend traten einzelne Figuren von Bundesrat, Nationalbank, Finma, UBS und CS vor die Medien. Schuld am Aus der Credit Suisse seien «Gerüchte auf Social Media», wurde erläutert. Und die «Too-big-to-fail»-Regulierung funktioniere in der Schweiz gut.

Fakt ist: Die Finanzmarktaufsicht (Finma) hat die «To-big-to-fail»-Regulierung, die nach der Finanzkrise 2008 eingeführt wurde, noch gar nie angewendet. Die Trennung der Banken nach Sparten – hier klassische Dienstleistungen wie die Kreditvergabe, dort das hochriskante Investmentbanking – war vor ein paar Jahren im Parlament nicht mehrheitsfähig.

Für gerade einmal 3 Milliarden Franken reisst sich die UBS die Credit Suisse unter den Nagel. Das ist ein Spottpreis. Seitens des Staats gibt es eine Defizitgarantie von 9 Milliarden Franken, die Nationalbank hilft bei Bedarf mit einem Darlehen von bis zu 200 Milliarden Franken. Mir wird schwindlig. Doch zurück zur Medienkonferenz:

 Hörten wir gestern Abend einen kritischen Nebensatz von Finanzministerin Karin Keller-Sutter oder Bundespräsident Alain Berset an die Adresse der CS-Spitze? Nada.
 Hörten wir eine leise Selbstkritik seitens der CS-Spitze? Nada. Man müsse sich jetzt auf die Zukunft konzentrieren, sagte Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann.

 «Ach, ihr geldgetriebenen Säcke!», stöhnt Bürokollege Suppino leise!

Wenn alles gut läuft beim Entstehen der neuen Riesen-Bank, braucht es unsere Steuergelder nicht. Die wichtigste Währung in diesem Game: Vertrauen. Das wird eine anspruchsvolle Übung. Nicht zu vergessen: Das eidgenössische Wahljahr hat seit gestern ein Mega-Thema. Die Parteien werden sich von heute an überbieten mit Forderungen und Anschuldigungen.

PS:
Buchtipp zum Thema: «Frühling der Barbaren» von Jonas Lüscher. Die Novelle kam zwar schon vor zehn Jahren heraus, ist aber wieder brandaktuell und ein famoses Stück Literatur.

Foto: Der Spiegel

Berset versucht, auch diese Affäre auszusitzen

Während der Pandemie soll es eine Standleitung zwischen Alain Bersets Kommunikationschef und dem CEO des Ringier-Konzerns gegeben haben. Regelmässig informierte Peter Lauener Marc Walder per E-Mail, welche Anträge Berset an der nächsten Bundesratssitzung stellen wird. Er leakte also vertrauliche Informationen, der «Blick» konnte so immer wieder mit Primeurs aufwarten.

Das ist die Essenz dessen, was die «Schweiz am Wochenende» publik machte.

Die Corona-Leaks bringen nun die Drähte zum Glühen, zumal es den Überflieger in der Landesregierung betrifft und im eidgenössischen Wahljahr viele Akteure ihre Süppchen kochen.

Ich versuche, fünf wichtige Punkte dieses Falles aufzudröseln.


1. Wer steht in der Kritik?

Es handelt sich zunächst um einen Fall Lauener und einen Fall Walder. Im Fokus stehen der frühere Kommunikationschef von Alain Berset, Peter Lauener, und der CEO des Ringier-Konzerns, Marc Walder.

Medien müssen kritisch beobachten und berichten, dürfen sich aber nicht mit einer Sache gemein machen. Das vergassen Walder und der «Blick» offensichtlich.

Ob daraus ein Fall Berset wird, ist zurzeit offen. Er sagt, er wisse nichts von den Kontakten zwischen Lauener und Walder. Kraft seines Amtes konzentriert sich das Interesse natürlich auf Berset.

Er überlebte in den letzten Jahren mehrere Affären, die er jeweils als privat deklarierte und schnell entschärfen konnte. Die Corona-Leaks haben allerdings eine andere Dimension.

Wegen der Summe aller Affären hat Berset viel an Glaubwürdigkeit verloren. Das zeigte sich bereits bei seiner Wahl zum Bundespräsidenten am 7. Dezember, als er nur 140 Stimmen erzielte.

Jeder Fall oder Fehltritt von öffentlichen Personen hat eine moralische Beurteilung zur Folge. Sie kommt schnell, die juristische Aufarbeitung hingegen braucht meistens einige Monate.


2. Berset sagt zum regen Austausch zwischen Lauener und Walder: «Ich weiss es nicht. Ich kann es nicht wissen.» Ist das glaubwürdig?

Peter Lauener war seit dem Amtsantritt Bersets im Januar 2012 bis zu seinem leisen Abgang im Frühsommer 2022 eine zentrale Figur im Innendepartement (EDI). Er gilt als brillanter Stratege und Redenschreiber und hat grossen Anteil an der Figur Berset, wie sie die Öffentlichkeit wahrnimmt. Das Duo harmonierte gut, Lauener war Bersets Schatten.

Vor diesem Hintergrund ist es schwer vorstellbar, dass Berset nicht um Laueners Austausch mit dem Ringier-Manager wusste. Falls dem so war, muss Berset sich den Vorwurf gefallen lassen, seinem wichtigsten Sparringpartner eine sehr lange Leine gelassen zu haben.


3. Berset schweigt. Ist das eine gute Strategie?

Bundesrat Berset äusserte sich am Samstagabend gegenüber Radio RTS und sprach dabei von «illegalen Indiskretionen». Dass jemand in seinem Departement über eine längere Zeitspanne vertrauliche Informationen weitergab, blendete er natürlich aus.

Es gibt aktuell keine Strafuntersuchung gegen Berset. Er markierte beim RTS-«Forum» Präsenz und drehte den Spiess um. Jetzt wird er schweigen und versuchen, auch diese Affäre auszusitzen.

Die beiden Geschäftsprüfungskommissionen sind wegen anderen Indiskretionen aus dem Bundeshaus längst an der Arbeit. Sie werden nun auch diesen Fall anschauen. Allerdings sind ihre Möglichkeiten beschränkt.


4. Wie grosse ist der Schaden für Bersets Partei, die SP?

In Wahljahren sind alle Parteien nervös, jede möchte, dass ihre Mitglieder im Bundesrat beim breiten Publikum gut ankommen. Dass es in Bersets Departement wieder rumpelt, setzt die SP und den Gesundheitsminister unter Druck. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass verschiedene Akteure diese Affäre parteipolitisch ausschlachten wollen. Die SP bleibt auch bei einem allfälligen Rücktritt in einer vertrackten Lage.


5. Lauener informierte Walder einmal darüber, dass ein 100-Millionen-Franken-Deal mit Biontech/Pfizer vor der Unterzeichnung stehe.

Das ist so, und der Kurs dieser Aktie stieg in den darauf folgenden Wochen massiv. Wer in jener Phase einstieg, verdiente viel Geld. Die Informationen waren börsenrelevant. Ob das Weitergeben dieser Insider-Informationen strafrechtlich verfolgt werden kann, weiss ich nicht.

 

Foto Alain Berset & Marc Walder: Watson

Cassis’ Fehltritt auf der Weltbühne

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Dieses Sprichwort drängt sich auf, um den jüngsten Fall von Bundespräsident Ignazio Cassis zu gewichten.

Es ist wertvoll, dass Cassis während der UNO-Generalversammlung den russischen Aussenminister Sergej Lawrow zu einem Gespräch traf. Auch wenn die Erfolgschancen im Promillebereich liegen, soll sich die offizielle Schweiz immer darum bemühen, ihre Guten Dienste anzubieten. So wie sie seit Langem erfolgreich den Austausch zwischen den USA und Iran sowie den USA und Kuba ermöglicht.

Das Foto, das seit gestern Mittwoch in den (sozialen) Medien kursiert, zeigt Lawrow und Cassis beim Händeschütteln. Beide blicken in die Kamera. Die Suggestivkraft von Bildern ist enorm. Es erstaunt deshalb nicht, dass das russische Aussenministerium dieses Foto via Twitter verbreitete (siehe Printscreen oben). Die Botschaft ist zu gut, um sie nicht für Propagandazwecke zu nutzen. Der Aussenminister der Schweiz rehabilitiert eine der Schlüsselfiguren Russlands, und das just am Tag an dem Wladimir Putin eine Teilmobilmachung befohlen hat.

Dumm gelaufen.

Es ist weit mehr als das, und deshalb treffen kritische Worte wie «unsensibel» und «ungeschickt» daneben.

Cassis ist Lawrow in die Falle getappt, wie ich im Interview mit dem Online-Portal «Blue News» ausführe (nachträglich eingefügt).

Ich arbeitete 1996/97 in Bosnien, also direkt nach dem Krieg dort, und zwar im Hauptgebäude der OSZE-Mission in Sarajevo. Es kam regelmässig zu Treffen zwischen Diplomaten, Spitzenpolitikerinnen und mutmasslichen Kriegsverbrechern. Es galt, sich jeweils im Vorfeld gut zu überlegen, welche Bilder man ermöglichen wollte. Mit den Handys konnte man damals keine Fotos machen, Social Media existierten noch gar nicht. Es war einfacher als heute, aber immer noch knifflig.

Doch zurück zur UNO. An ihren Anlässen sind stets Fotografen zugegen, die in der Regel zu Beginn auf den Auslöser drücken dürfen. Das ist Standard.

Selbstverständlich darf Cassis Lawrow die Hand geben. Es macht aber einen himmelweiten Unterschied, ob er dabei für einen Fotografen händeschüttelnd posiert oder dem Russen für ein paar Sekunden die Hand gibt, ihm entschlossen ins Gesicht blickt und sich von der Seite ablichten lässt.

Es ist die Aufgabe von Cassis’ Beraterstab, im Vorfeld jede Eventualität und jedes Risiko zu antizipieren und den Chef darauf vorzubereiten. Womöglich hat er das nicht getan. Oder er hat es getan, aber der Aussenminister reagierte im entscheidenden Moment falsch.

Cassis bemüht sich seit Jahren, als Macher wahrgenommen zu werden und an Statur zu gewinnen. Dabei unterlaufen ihm immer mal wieder kommunikative Fehler. Im vorliegenden Fall wollte er gestärkt von der Weltbühne New York in die Schweiz zurückkehren. Er, der sich mit entschlossenem Blick an einen Tisch mit Lawrow zeigt (siehe unten). Wegen seines Fehltritts bleibt uns freilich das «Handshake»-Foto in Erinnerung.


Nachtrag:

Was ich der Nachrichtensendung «Telegiornale» von RSI zum Thema sagte.

– Komplett anderer Meinung ist Alt-Bundesrat Pascal Couchepin: Er findet die Kritik an Cassis «lächerlich», wie er gegenüber der «Tagesschau» von SRF sagte.

So höhlt Marc Walder den Journalismus aus

Kaum hat das neue Jahr angefangen, erhöht sich die Temperatur in der Medienszene: In einem Video, das die Gegner des neuen Mediengesetzes in Umlauf gebracht haben, machte Ringier-CEO Marc Walder eine brisante Aussage: Wegen der Coronakrise plädierte er dafür, «die Regierung zu unterstützen».

Das Video ist echt, die Sequenz stammt von einer Online-Veranstaltung der Schweizerischen Management Gesellschaft, die Walder am 3. Februar 2021 zu ihrem «Inspirational Talk» eingeladen hatte.

Transkribieren wir, was jetzt Walder und Ringier um die Ohren fliegt:

«Wir hatten in allen Ländern, wo wir tätig sind – und da wäre ich froh, wenn das in diesem Kreis bleibt –, auf meine Initiative hin gesagt: Wir wollen die Regierung unterstützen durch unsere Berichterstattung, damit wir alle gut durch die Krise kommen.»

Professioneller Journalismus ist unbefangen, er bleibt gegenüber allen Akteuren kritisch und auf Distanz. Er macht sich mit keiner Sache gemein, auch nicht mit einer guten Sache.

So steht es sinngemäss in den Lehrbüchern, so wird es gelehrt und vom Nachwuchs diskutiert. Walder, in den Neunzigerjahren Absolvent der Ringier-Journalistenschule, hat das offensichtlich ausgeblendet, weil wir in der grössten Krise seit Jahrzehnten steckten.

In grossen Interviews, etwa bei Radio SRF (nachträglich ergänzt, 4.1.2022, Red.) oder in der NZZ (hier auch als PDF greifbar) erklärt sich Walder heute. Er macht das nicht schlecht, unterlässt es aber, sich für diesen Schlüsselsatz, der einem Aushöhlen des Journalismus gleichkommt, zu entschuldigen. Hätte er angekündigt, dass von externer Seite eine Untersuchung vorgenommen werde, wäre das ein Befreiungsschlag geworden.

Schwenkten die Redaktionen aber tatsächlich auf einen regierungstreuen Kurs ein?

Anhaltspunkte liefern die Erhebungen, die das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Uni Zürich macht. In der Studie über den Pandemie-Frühling 2020 steht: «Es lässt sich nicht behaupten, dass die Medien generell unkritisch über Behörden und die Regierung berichtet haben.» Untersucht wurden u.a. die beiden Ringier-Titel «Blick» und «SonntagsBlick».

Interessant ist auch der «Abstimmungsmonitor» des fög zur Covid-Abstimmung im November letzten Jahres. Er zeigt, dass die Tonalität beim «Blick» einen Wert von +16 aufweist, beim «SonntagsBlick» +35. Bei einer massiven Pro-Berichterstattung wären die Werte deutlich höher ausgefallen. Auf der Gegenseite zeigt das die «Weltwoche»: Sie notiert bei –100, dem Maximum.

Andere Ringier-Titel wie die «Schweizer Illustrierte», die «Glückspost» oder «Tele» erhebt das fög nicht. Ich habe diese Blätter in den letzten Jahren nicht mehr in den Händen gehalten und kenne ihre Ausrichtung nicht. Die Vermutung ist aber naheliegend, dass auch sie sich schwergewichtig mit der Corona-Thematik befassten. Während des ersten Lockdowns im Frühling 2020 erschienen in der Schweiz jeden Tag mehr als 1500 Berichte über die Coronakrise.

Dass das Video ausgerechnet jetzt ausgespielt wurde, war kein Zufall, sondern strategisch geplant: Die Abstimmung zum Mediengesetz findet in knapp sechs Wochen statt. Für Campaigner ist es ein Glücksfall, wenn sie solches Material verwenden können.

Mastermind der Nein-Kampagne ist übrigens der ehemalige «Weltwoche»-Journalist Philipp Gut. Lanciert wurde das Video im «Nebenspalter» von Markus Somm, der früher für «Weltwoche» und «Basler Zeitung» tätig war.

– Nachtrag vom 5. Januar 2022:
Heute meldet sich Verleger Michael Ringier im «Blick» zu Wort. Es gehöre «zum Alltag in unserem Geschäft, dass journalistische Heckenschützen» zum Teil handfeste politische Absichten hätten. Es sei eine Unterstellung, dass Journalismus nach Weisung betrieben werde.

– Nachtrag vom 6. Januar: 
Heute äussert sich die siebenköpfige Chefredaktion der «Blick»-Gruppe zur Causa Walder. Es habe nie einen «Befehl» des CEO gegeben, und «Blick» hätte ihn auch nicht ausgeführt. «Es ist nicht die Kultur, die wir bei Ringier kennen.» Die Corona-Berichterstattung der vergangenen fast zwei Jahre zeige es: “«Blick» war nicht regierungstreu, sondern nach bestem Wissen und Gewissen faktentreu.” Unzählige Male habe man den Bundesrat und Kantonsregierungen kritisiert und ihre Entscheide hinterfragt.