Bundesratswahlen (IV): Sieben Gründe, weshalb Ueli Maurer heute Bundesrat wird

Publiziert am 10. Dezember 2008

1. Die FDP-Fraktion steht praktisch geschlossen hinter Ueli Maurer Kandidatur. Das tut sie nicht aus tiefster Überzeugung, sondern aus taktischen Gründen. In ein paar Monaten dürfte die Nachfolge von Pascal Couchepin (fdp) zu wählen sein. Dann ist die FDP auf die Stimmen der SVP angewiesen, auch wenn diese zuerst wieder mit einer eigenen Kandidatur zeuseln wird.

2. Die meisten SVP-Mitglieder der Bundeshausfraktion haben genug von der selbst verursachten „Opposition“. Nach einem Jahr möchten sie zurück in den Bundesrat und die Ära Blocher abschliessen. Christoph Blocher dürfte es mit respektablen Resultaten bis in den dritten Wahlgang schaffen – wenn er will. Vielleicht zieht er sich nach dem ersten Wahlgang bereits zurück. (Zum letzten Mal in seiner langen politischen Karriere ans Rednerpult zu treten, wird er sich dabei nicht entgehen lassen.) Das ist eine letzte Ehrerweisung seiner Parteikollegen. Nachher werden sie zu Ueli Maurer umschwenken.

3. CVP-Mitglieder aus den ehemaligen schwarzen Hochburgen (St. Gallen, Zentralschweiz) fürchten, dass ein weiterer Affront gegenüber der SVP sich negativ auf die CVP in diesen Regionen auswirken kann. Sie werden sich hüten, Ueli Maurer nicht zu wählen.

4. Eine klare Mehrheit der Vereinigten Bundesversammlung will, dass die SVP in den Bundesrat zurückkehrt. Sie erhofft sich dabei mehr Stabilität und etwas weniger Lärm der grössten Partei. Die wirtschaftlich schwere Zeiten, die die Schweiz vor sich haben, wirken weiter disziplinierend auf die Bundesratswahlen.

5. Ueli Maurer ist nicht Christoph Blocher. Entsprechend kann man die heutigen Wahlen nicht mehr mit der Situation vor einem Jahr vergleichen.

6. Luc Recordon machte einen taktischen Fehler, indem er bereits gestern verkündete, er würde seine Kandidatur zugunsten einer anderen zurückziehen.

7. Viele Mitglieder des Parlaments wollen spielen. Aber nur ein wenig. Auf die knallharten Games haben sie keine Lust. Das gilt gerade für Ursula Wyss (sp) und Christophe Darbellay (cvp), die beiden Fraktionsvorstehenden, die sich im Dok-Film „Die Abwahl“ selber feierten. Und prompt auch parteiintern heftig unter Beschuss kamen.

11 Replies to “Bundesratswahlen (IV): Sieben Gründe, weshalb Ueli Maurer heute Bundesrat wird”

  1. Auch wenn jetzt – der 3. Wahlgang läuft gerade – eigentlich noch alles offen ist, glaube ich, dass es so weitergeht, wie von mir am 8.12. spekuliert: Maurer wird stolpern, er kommt nicht über 121 Stimmen. Und damit ist das absolute Mehr knapp nicht zu erreichen.

  2. Genau, vielleicht wäre genau diese fehlende Person das Zünglein an der Waage gewesen. Sofern sie aus dem Mitte-Links-Lager kam. Interessant, dass dieser Name offensichtlich noch nicht bekannt ist.

  3. Stimmt die Präsidentin mit? Ich weiss nicht genau wie Art. 80 Abs. 2 ParlG zu interpretieren ist: “Mehrheit der Mitglieder jedes Rates”, gilt das, wenn beide Kammern separat stimmen, aber beide zustimmen müssen, oder ist das bereits gegeben, wenn die vereinigte Bundesversammlung tagt?

  4. Die Frage ist beantwortet, Ernst Leuenberger (SP/SO) konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht an den Wahlen teilnehmen: http://www.bazonline.ch/schweiz/standard/Seine-Stimme-fehlte-SVPSprengkandidat-Walter-zum-Sieg/story/30171916

    Die Frage, die sich für mich stellt, ist, ob ein an Krebs erkrankter Parlamentarier, der “nur noch stundenweise” an den Sitzungen teilnehmen kann, nicht seinen Rücktritt einreichen sollte. Ich will hier keineswegs einen Vorwurf gegen Ernst Leuenberger erheben, und wünsche ihm alles Gute im Kampf gegen seine Krankheit.

    Allgemein finde ich aber, ein nationales Mandat sollte ganz oder gar nicht ausgeführt werden. Dieselbe Diskussion stellt sich natürlich auch bei Parlamentariern, die mit VR-Mandaten ausgelastet scheinen, so etwa Peter Spuhler.

  5. ‘@ A. K.

    Es gibt auch unter den Nicht-Parlamentariern viele, die an einem Leiden erkrankt sind und gelernt haben (lernen mussten), damit umzugehen. Ein Krebsleiden ist durchaus schlimm, aber noch keineswegs ein Grund, gleich alles hinzuwerfen. Ernst Leuenberger muss für sich selber die Frage beantworten, ob er seine Funktion noch ausreichend ausüben kann.

    Den Rücktritt einreichen sollten hingegen jene Parlamentarier, welche nicht in der Lage sind, einen Wahlzettel richtig auszufüllen, sodass es zu ungültigen Stimmen kommt. Wenn man nicht einmal das zustande bringt, ist man wohl am falschen Ort zur falschen Zeit.

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