Das Beste an Michelle Hunziker…
Publiziert am 05. Oktober 2009Dass ich eine emotionale Bindung zur Berner Tageszeitung “Der Bund” habe, ist regelmässigen Besucherinnen und Besuchern dieses Blogs zweifellos aufgefallen. Eine solche Zeitung darf nicht einfach eingehen oder fusioniert werden, so wie das im letzten Winter angedacht war.
Wieso? Im “Bund” findet man beispielsweise immer wieder Perlen, eine davon in der heutigen Ausgabe. Sie dreht sich um die blonde Exil-Bernerin “La Hunziker”, die am Samstag erstmals Thomas Gottschalk in “Wetten dass…?” assistieren durfte.
Ich habe die Sendung nicht gesehen, aber noch besser als die Medienkritik von Ane Hebeisen kann sie nicht gewesen sein. Da kommt sie, ohne Zwischenrufe wie “Hammer!” und “Super!” – für alle, die den “Bund” oder den Tagi von heute nicht in den Händen hielten:
La Hunziker: Die Frisur hält!
“Zirka in der 75. Minute der 183. «Wetten dass..?»-Sendung sitzt Michelle Hunziker ein bisschen angewidert mit einer Tasse Kaffee auf einer Show-Bank, neben ihr drückt ein schnauzbärtiger Deutscher sein Gesicht in den Innenraum eines Gummistiefels, in welchem zuvor eine robuste Turnverein-Gesellin getanzt hatte. Ziel dieser Vorführung ist, dass der sonderbare Herr anhand des Gummistiefel-Geruchs die Trägerin des Schuhwerks errät.
Im Vorfeld wurde von einem televisionären Ritterschlag gesprochen: Michelle Hunziker , unser Meitschi aus Ostermundigen, wird von Thomas Gottschalk als Co-Conférencière für «Wetten, dass..?» aufgeboten. Volksnahe Presseerzeugnisse packten die grossen Lettern aus, um dem Gipfeltreffen der Blondheiten einigermassen gerecht zu werden. Der einhellige Tenor: La Hunziker werde mit ihrem gewinnenden Wesen den welkenden Glamour des Thomas Gottschalk mitsamt dessen ebenso welkenden Quoten im Nu vergessen machen. Und nun sitzt die Geadelte neben einem schnaubenden Gummistiefelmann und versucht, ihre oft gerühmte natürliche Fröhlichkeit aufrechtzuerhalten.
Nein, von einer glamourösen TV-Sternstunde oder einem neuen Dream-Team der Fernsehunterhaltung zu sprechen, wäre vermessen. Zu unberechenbar schlenkert der Gottschalk durch seine Moderation, als dass sich daneben eine sprachlich durchschnittlich begabte Bernerin eingrooven könnte, zu diffizil die Aufgabe, als Aussenwetten-Animierdame, Kandidatenbetreuerin und geduztes Zierwerk showtechnisch in Schuss zu kommen. So konzentriert sich La Hunziker irgendwann vornehmlich darauf, alles, was da um sie herum geschieht, «super» und «hammer» zu finden und dabei schön auszusehen. Letzteres gelingt ihr selbst dann noch, als auf ihrem Kopf eine Aluminiumdose zur Explosion gebracht wird. Und zumindest das ist eine Leistung, auf der sich aufbauen lässt. Mission erfüllt, Quoten gerettet (11,29 Millionen Zuschauer, 37,8% Marktanteil), und die Frisur hat gehalten.”
Solange solche Texte in Bezahlzeitungen erscheinen, werde ich auch dafür bezahlen, und zwar gerne.
P.S. Ein kameradschaftlicher Hinweis an die Redaktion des “Tages-Anzeigers”: Solche Oeuvres sollte man nicht auf der “Kehrseite” platzieren, sondern dort, wo sie hingehören, in den Bund “Kultur-und Gesellschaft”. Gerade Zürcherinnen und Züricher dürfen Hebeisen noch kennen – und schätzen – lernen.
Foto Michelle Hunziker: blick online
Mit der Familie bin ich in Deutschland im Hotel. Alle sind wir in einem Zimmer. Vor dem Einschlafen schauen wir ZDF: Gottschalk & Hunziker.
An Einschlafen ist so nicht zu denken. Die Gedanken kreisen: Hunziker ist schon bei RAI rausgeflogen. Fliegt sie bald auch beim ZDF raus? Sonntags auf der Rückfahrt: Der Radiosender Bayern 3 macht eine Umfrage zu Hunziker. 76 Prozent der Teilnehmenden wollen sie im «Wetten dass..?» nicht mehr sehen. Am Montag folgt die Tagi-Ballade. Es lebe die Meinungsäusserungs-Freiheit.
Zu “Wetten, dass…?” und Michelle Hunziker kann ich nichts beitragen. Ich habe die Sendung weder gesehen noch gelesen.
Aber “Der Bund” ist wirklich schwer in Ordnung. Wo sonst lese und lerne ich, dass meine Kantonshauptstadt “gefühlt irgendwo zwischen Wien, Przemysl und Semipalatinsk” liegt und ich ein Idiom spreche, das “Berner Ohren derart schmerzt” (Zitate aus Beitrag “Trip zum St. Galler Bären” im “Bund” vom 29.08.2009). Einfach Klasse! Da kann die NZZ glatt einpacken.