Wiegenfest von Barack Obama vergolden

Publiziert am 04. August 2010

Michelle Obama hat mir eine Mail geschrieben:

“Mark, will you wish Barack a happy birthday with me?”

Warum auch nicht, dachte ich, schliesslich wird ihr Mann heute 49 Jahre alt. Der Link ist nicht zu übersehen, zwei Mausklicks, ein persönlicher Satz – erledigt.

Eine halbe Sekunde später ist auf der Website mybarackobama.com, deren Newsletter ich genauso wie Hunderttausend andere “ordinary people” auch abonniert habe, bereits ein neues Fenster offen:

“Thank you for standing alongside us, with the President. Now can you make a donation to help us take on the year ahead?”

Aha, der Geburtstag des Präsidenten will vermarktet werden, die Demokraten brauchen dringend Geld. Viel Geld. Am 2. November finden Kongresswahlen statt: Alle 435 Sitze des Repräsentantenhauses stehen zur Disposition (aktuelle Verteilung: Demokraten 257 Sitze, Republikaner 178 Sitze). Im Weiteren wird rund ein Drittel des 100-köpfigen Senats neu bestellt (Verteilung: 59 Demokraten, 41 Republikaner). Den Demokraten drohen empfindliche Verluste, weil die Unterstützung für ihre Politik und Präsident Obama drastisch schwindet.

Mit einem beispiellosen Effort versuchen Partei und Lobbys, das Wiegenfest Obamas zu vergolden. Gerade an diesem Beispiel zeigt sich, wie gross die kulturellen Unterschiede zwischen den USA und der Schweiz sind.

Man stelle sich vor, der Ehemann von Bundespräsidentin Doris Leuthard würde an ihrem Geburtstag 700 exklusive Gäste zu einem lukullischen Dinner auf das Rütli einladen. Jeder Gast müsste 1200 Franken hinblättern, die Fotorechte gingen exklusiv an Ringier. Auf diese Weise hätte die CVP ihr Budget für das kommende Wahljahr beisammen.

Ergänzend zum Thema: das Amerikanisierungsmodell der politischen Kommunikation von Winfried Schulz aus dem Jahre 1997, immer noch etwas vom besten in deutscher Sprache.

Foto Barack & Michelle Obama: bookerrising.net

One Reply to “Wiegenfest von Barack Obama vergolden”

  1. Wahlkampf im Exekutivamt. Mit Blick auf die Initiative für eine Volkswahl des Bundesrates auch in der Schweiz einen Gedanken wert. Wie läuft heute der Wahlkampf von amtierenden Exekutivmitgliedern bei einer Volkswahl ab. Eröffnet der kantonale Bauvorsteher signifikant mehr Strassen vor dem Wahltermin? Reicht die Gemeindepräsidentin im kantonalen Parlament mehr Vorstösse vor der Kommunalwahl ein als nachher? Wie verhält sich Amt und Wahlkampf zueinander?

    Zum Schluss noch etwas zur authentischen Selbstdarstellung von Politikern. Im “Donnschtig-Jass” vom 12. August 2010 hat SVP Toni Brunner seinen Auftritt. Wer seine ideologische Brille abnimmt, kann vielleicht Unterschiede zum 22. Juli 2010 erkennen. Vermutlich passt mehr.

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