Der «Chrampf» der Mitte um die Amherd-Nachfolge
Publiziert am 28. Januar 2025Wenn eine Partei einen Sitz im Bundesrat ersetzen darf, hat sie die Chance, kleine Festspiele zu inszenieren. Voraussetzung dafür ist, dass die Schlüsselfiguren mitmachen und sich ans gleiche Drehbuch halten. Kaum etwas interessiert die Medien mehr als die Kapitel vor dem Wahltermin. Endlich einmal etwas Spannung und Glamour in einem Land, das nie einen König hatte! Parteien können ihr Personal ins beste Licht rücken und, wenn sie es geschickt machen, sogar Inhalte und Positionen vermitteln.
Der Mitte ist das nicht geglückt. Kaum hatte Viola Amherd ihren Rücktritt am 15. Januar bekanntgegeben, taten sich Gräben auf zwischen den katholisch geprägten Stammlanden (die am «C» im Parteinamen lieber festgehalten hätten, C für christlich) und den bevölkerungsstarken Kantonen, dort, wo die Parteimitglieder sozial-liberaler, progressiver und jünger sind. Keck preschten die Mitte-Frauen vor. Gerhard Pfister, der in der Partei mehr als acht Jahre lang einen Führungsanspruch hatte und sie schliesslich 2023 stabilisierte, war plötzlich nicht mehr «Master of Ceremony».
Inzwischen steht zwar «Mitte» drauf, es ist aber weiterhin CVP drin. Und diese CVP war immer ein Chor, in dem man gleichzeitig Arien vor Gershwin, Volkslieder aus dem 18. Jahrhundert und Popsongs singt. Das klingt meistens: kakophonisch.
Statt die Aufmerksamkeit zu nutzen und auf das Karussell zu steigen, sagten mehr als ein halbes Dutzend mögliche Papabili ab. Die Partei macht dieser Tage einen pitoyablen Eindruck. Satiriker Bänz Friedli, gerade mit seinem neuen Programm auf Tournee, träufelt Zitronensaft in die offene Wunde. Wie immer befähigt, Tagesaktuelles einzubauen, fragt er, ob jetzt «Verzweiflungskandidaturen» kämen.
Heute wird der St. Galler Nationalrat Markus Ritter von seiner Kantonalsektion ins Rennen geschickt, und das ist kein Verzweiflungskandidat. Aus der Zentralschweiz ist spürbar, dass Ständerätin Andrea Gmür sich sehr für die Amherd-Nachfolge interessiert. Klar ist: Wer immer die Walliserin im Bundesrat ersetzt, muss das VBS übernehmen – ein grosses Departement mit einigen Fürsten, ein paar kalten Kriegern und vielen Baustellen.
Darüber habe ich im «TalkTäglich» von TeleZüri und seinen Schwestersendern TVO (Ostschweiz), TeleM1 (AG/SO) und TeleBärn gesprochen – zusammen mit Gastgeber Oliver Steffen und Doris Kleck, der Co-Bundeshausleiterin von CH Media. Hier gibt’s den Talk zum Nachschauen.