Der Fall Nefs ist ein Fall ins Bodenlose

Publiziert am 20. August 2008

Seit heute ist Roland Nef Armeechef a.D. Der Bundesrat hat das Arbeitsverhältnis mit ihm beendet. Dieser Entscheid war eine reine Formsache. Der Fall Nef/Schmid ist damit zwar noch nicht ganz abgehakt, die “Weltwoche” publiziert in ihrer Ausgabe von morgen neue Details.

Ob sie die Brisanz haben, den Stachel noch einmal tief ins Fleisch zu stossen?

Zu reden gibt die Abgangsentschädigung von 275’000 Franken. Man kann diese Summe auch aus einer anderen Perspektive betrachten: Was macht der 49-jährige Nef in Zukunft beruflich? Er war 25 Jahre lang Berufsoffizier, in der Armee oder im VBS gibt es für ihn keine Beschäftigung mehr.

Vermutlich gilt das auch für die Privatwirtschaft: Wer hat den Mut, ihn anstellen? Nef ist heute so bekannt wie ein Bundesrat oder eine Showgrösse, er wird überall sofort erkannt. Auf ihn wartet ein Leben in der Abgeschiedenheit, womöglich sogar im Ausland. Wie viele Freunde und Bekannte haben mit ihm gebrochen? Vielleicht trennt sich seine aktuelle Partnerin von ihm. Nach all dem, was publik wurde, ist dieser Gedanke nicht abwegig.

Der Fall Nefs ist ein Fall ins Bodenlose.

Ich habe keine Veranlassung, Roland Nef zu verteidigen. Aber dieser Aspekt – sein ruiniertes Leben – ist bislang kaum thematisiert worden.

4 Replies to “Der Fall Nefs ist ein Fall ins Bodenlose”

  1. Hätte die Staatsanwaltschaft von Strafbefreiung und Einstellung des Verfahrens abgesehen und Nef stattdessen verurteilt, so hätte dies seine Karriere ebenfalls ruiniert. Nef muss so oder so für sein Handeln die Konsequenzen ziehen. Diese sind in der Tat höchst gravierend.

    Unabhängig davon, ob man dies als angemessen oder unverhältnismässig beurteilt: Es gehört zu den Risiken und Nebenwirkungen einer steilen Karriere, dass man sehr tief fallen kann. Risiken (oder wie man die Brüche des Lebens bezeichnen will) lassen sich per definitionem nicht kontrollieren. Es gibt keine Garantien, keine Logik der Allmacht, im Leben permanent oben aus zu schwingen. Dies gilt insbesondere für Akteure in funktional differenzierten Gesellschaften und komplexen Handlungszusammenhängen. Wer derart viel gesellschaftliche Verantwortung übernimmt, kann sich eben (auch privat) kaum moralische und/oder juristische Vergehen erlauben.

    Es sei denn, man sei Bundesrat und könne auf die Protektion der KollegInnen vertrauen. Dann werden ganze Verkettungen von Schlampereien auch mal als „Unfall“ heruntergespielt.

  2. Menschliches und Allzumenschliches:

    Die Thematisierung von Nef’s Fall ins Bodenlose ist gerechtfertigt. Nebst den menschlichen Dimensionen zeigt er exemplarisch auf, wie sehr doch die eigene politische Heimat die Perspektive zu verändern, um nicht zu sagen zu verbiegen vermag.

    Andreas Kyriacou antwortet mit Spott. Das ist legitim. Das sich die Linke angesichts eines Chefs der Armee nicht um „einen weniger“ grämt, gehört zur eigenen Existenzberechtigung. Dass man mit unterschiedlichen Ellen misst und sich diesmal um das in diesen Kreisen sonst übliche „Verständnis für die menschliche Situation des Täters“ foutiert ebenso.

    Wie war das noch bei Frau Garbani, als die Presse titelte: „Garbani soll angeblich geschlagen worden sein“. Man glaubt der Frau schon lange nicht(s) mehr. Während politisch Rechts wohl ob des unbegreiflichen Wahlsieges einfach mal schweigt, verlangt politisch Links eine zweite, dritte, vierte usw. Chance.

    Bezeichnenderweise wird die reklamierte häusliche Gewalt in diesem Falle nicht im Mindesten thematisiert. Da ist dem einen oder anderen wohl leicht unbehaglich ob der möglichen Wahrheit.

    Das hier beschriebene Verhalten ist aber nicht auf den oben erwähnten Fall sowie die Causa Nef beschränkt. Weiter Fälle jedweder politischen Couleur sind in jedem Zeitungsarchiv beliebig auffindbar. Einfach einen Band herausnehmen und blättern.

    Das Ende vom Lied: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Da schliesse ich mich übrigens nicht aus, auch wenn ich es täglich versuche.

  3. Da kann ich wirklich nur den Kopf schütteln, mit so einem emotionalen Posting, den Korpskommandanten a.D. der Oeffentlichkeit als erbarmungswürdiges Opfer zu präsentieren. Da können wir ja für Ospel auch gleich ein Klagelied anstimmen. Mancher einfache Mann oder Alleinerziehende möchte auch einmal solche “Sorgen” haben! Viele Arbeitslose oder Angestellte, die am Arbeitsplatz gemobbt werden, würden eine Entschädigung von 400’000 CHF aus Steuergeldern begrüssen!

    Der Fall Nef ist eine widerliche Schmierenkomödie und wird jetzt zu Recht im Kanton Zürich und in Bundesbern unter die Lupe genommen. Ob dem Stalker die Partnerin davonläuft oder nicht – mancher Arbeiter, der alleine mit Kindern dasteht, ist vermutlich übler dran. Nein, bei den hohen Herren findet kein Fall ins Bodenlose statt und im Falle Nef ist Mitleid völlig fehl am Platze.

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