Der Rücktritt von Pascal Couchepin ist eine Chance für die FDP
Publiziert am 12. Juni 2009Nochmals hat Bundesrat Pascal Couchepin alle genarrt und einen Coup gelandet: Allgemein ging man davon aus, dass er nach der Abstimmung über die IV-Zusatzfinanzierung vom 27. September oder allenfalls Ende Jahr seinen Rücktritt bekanntgeben würde. Jetzt hat ers vor ein paar Minuten, am letzten Tag der Sommersession, getan.
Das ist ein cleverer Schachzug. Bundesräte treten am liebsten alleine zurück, dann ist ihnen die ungeteilte Aufmerksamkeit der Medien gewiss. Couchepin in allen Spalten und auf allen Kanälen – das dürfen wir die nächsten Monate erwarten. Für ihn ist das Balsam nach elf zum Teil harten Jahren in der Landesregierung.
Wenn Couchepins Partei, die FDP, ebenso clever vorgeht, organisiert sie in derselben Phase mit ihrem Personal ein Schaulaufen. Über Monate ist das Thema gesetzt, es gibt kaum etwas, das die Massenmedien mehr elektrisiert als Bundesratswahlen – auch im Vorfeld. Für die FDP ist das eine grosse Chance. Vorausgesetzt, dass die Parteispitze jetzt professionell vorgeht und die möglichen Papabili in diesem Sommertheater mitspielen.
Wenn es eine Partei nicht schafft, inhaltlich breite Teile der Bevölkerung zu erreichen, muss sie sich mit populärem Spitzenpersonal positiv ins Gespräch bringen. Das funktioniert , wie das Beispiel CVP/Doris Leuthard zeigt, am besten über frische unverbrauchte Persönlichkeiten im Bundesrat. Der FDP haftet der Makel an, mit Couchepin (67) und Hans-Rudolf Merz (66) zwei Pensionäre in der Landesregierung zu haben. Da drängt sich ein Generationenwechsel in der Tat auf. Parteipräsident Fulvio Pelli (58) foderte ihn auch schon vor geraumer Zeit, muss aber womöglich im September, kurz vor der Ersatzwahl, selber wieder daran erinnert werden. Gegen Ende dieses Textes werde ich darauf zurückkommen.
Wer wird für die Nachfolge gehandelt?
Klar ist, dass die lateinische Schweiz Anspruch auf diesen Sitz erheben wird – mit Recht. Es würde als Affront empfunden, wenn die FDP jemanden aus der deutschen Schweiz nominieren und allenfalls sogar durchboxen würde. Entsprechend ist die Auswahl eingeschränkt. Vier Namen stehen vorerst im Vordergrund:
Didier Burkhalter, Ökonom und Ständerat aus Neuenburg, gilt schon lange als Kandidat. Er hat sich die letzten Jahre geschickt in Position gebracht und verfügt über eine vielseitige und geradlinige politische Karriere. Zudem ist er noch keine 50 Jahre alt, wohlgelitten und quer durch alle Fraktionen beliebt.
Ein zweiter Name, der heute garantiert fällt: Pascal Broulis, seit 2002 Regierungsrat im Kanton Waadt. Er hat das Manko, dass man ihn in der Deutschschweiz und im eidgenössischen Parlament noch kaum kennt.
Zweifellos ins Spiel gebracht wird Nationalrätin Martine Brunschwig Graf aus Genf. Sie hat den Makel, dass sie keine “echte” Freisinnige ist, sondern bei den Liberalen politisiert. (Die Fusion von FDP und Liberalen auf Bundesebene wurde auf Anfang 2009 Tatsache. Einzelne Kantonalsektionen der Liberalen wie in Genf und Basel politisieren weiterhin eigenständig.)
Nebst diesen drei Romands wird auch Parteipräsident Fulvio Pelli (TI) als möglicher Couchepin-Nachfolger gehandelt. Seine Chancen dürften allerdings beschränkt sein, es fehlt ihm an Rückhalt in der eigenen Partei. Zudem ist Pelli bereits 58 Jahre alt. Offiziell hat er seine Ambitionen schon vor zwei Jahren begraben, was ich allerdings damals als taktisches Manöver bezeichnete.
Der zweite Sitz der FDP.Die Liberalen, wie die Partei nun eigentlich heisst, ist nicht unbestritten: Wir dürfen davon ausgehen, dass SVP, CVP und die Grünen ihn angreifen oder zumindest mit den Muskeln spielen werden. Bei der SVP drängt sich aus der Romandie niemand auf, bei der CVP stünde der Fribourger Ständerat Urs Schwaller bereit, Parteipräsident Christophe Darbellay dürfte insgeheim auch träumen.
Kurz: Bis Mitte September ist für Kaffeesatz-Geschichten à gogo gesorgt.
Mark Balsiger
Fotos:
– Didier Burkhalter: robosphere.ch
– Pascal Broulis: info-rsr.ch
– Martine Brunschwig Graf: common-wikimedia.org
– Fulvio Pelli: nzz.ch
Damit wirklich Bewegung in die verhockte Situation an der politischen Spitze unserres Landes kommt, müsste jetzt auch Moritz Leuenberger den Mut haben, loszulassen.
Michael Herrmann in den Bundesrat!!! Er bringt alles mit was die FDP entstauben könnte.
Also los ein wenig Mut, die Amis habens auch gemacht.
Nun, ich gehe davon aus, dass es sich bei Michael Herrmann um den Parteipräsidenten der FDP Baselland handelt, stimmts? Falls ja, hier gibts das Gesicht dazu:
http://www.fdp-bl.ch/page/content/index.asp?MenuID=635&ID=5371&ConID=5371&View=&Item=8.2
Was Moritz Leuenberger betrifft, bin ich mir nicht sicher, ob er in den nächsten Monaten denselben Schritt wagt.
Behält die FDP ihren zweiten Bundesratssitz?
Bevor man nach Kandidatinnen und Kandidaten innerhalb der FDP Ausschau hält, sollte die Frage geklärt werden, ob denn die FDP überhaupt ihren zweiten Sitz verteidigen kann. Wie Mark Balsiger ganz am Schluss schreibt, ist dieser nicht unbestritten. Aus meiner Sicht ist dies sogar höchst fragwürdig.
Aus Sicht der Linken ist alles, was rechts von ihr ist, von Übel. Auch die SVP wird den angepeilten zweiten Bundesratssitz wohl kaum einfahren. Dies dürfte nicht zuletzt am Faktischen scheitern. Solange Ueli Maurer im Bundesrat sitzt, hat aus den Reihen der SVP eh nur ein sehr Moderater Wahlchancen. Zudem gilt die offizielle Leseart, demnach Evelline Widmer-Schlumpf als SVP-Mitglied in den Bundesrat gewählt wurde, noch immer. Somit fällt die SVP also weg; sie wird die FDP unterstützen. Die Grünen werden vermutlich einen Kanditaten bringen, nur um diesen dann im dritten Wahlgang zurückzuziehen.
Bleibt als Zünglein noch die CVP. Wie Mark Balsiger richtig schreibt, steht neben Ständerat Schwaller auch noch Parteipräsident Darbellay zur Verfügung. Er wird sich sicher nicht in die Karten schauen lassen und dies mit Schwaller zusammen ausloten. Sollte aber Schwaller nicht antreten (was nicht unwahrscheinlich ist), dann hätte Darbellay realistische Wahlchancen – jedenfalls bessere als Fulvio Pelli.
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