Designierter FDP-Präsident Philippe Müller setzt auf zwei Parteiflügel
Publiziert am 28. März 2013VON MARK BALSIGER
Ein Parteipräsidium ist alles andere als ein Schoggijob. Die zeitliche Beanspruchung ist gross und die dauernde Pikett-artige Verfügbarkeit für die Medien ein Must. Dazu kommen Kriteleien, Kritik und Kraftmeiereien von den Leuten der eigenen Partei, was den Schub hemmt und mit zunehmender Dauer demotivierend wirkt. Trotz all diesen Negativpunkten hat sich Philippe Müller (Foto links) anerboten, Präsident der Stadtberner FDP zu werden.
Müller ist ein Animal politique, seit mehr als zehn Jahren rotiert er unermüdlich und gelegentlich auch aufsässig. Dabei hat er, gerade als Fraktionschef im Stadtparlament (2007 – 2010), den Ton nicht immer richtig getroffen. Das nehmen ihm einige Politikerinnen und Politiker aus dem linken Spektrum bis heute übel, in der Vergangenheit wurde er zuweilen sogar angefeindet, sein Etikett heisst “Hardliner”. Offensichtlich konnte er das wegstecken.
Am 1. Mai soll Müller das Präsidium von Dolores Dana, die in den letzten vier Jahren einen guten Job machte, übernehmen; seine Wahl ist ein Akklamationsakt. Die Stadtberner FDP ist wie die kantonale und die nationale Partei seit Langem im Abwind, im letzten Herbst erreichte sie gerade noch 10,0 Prozentpunkte; der Wähleranteil hat sich seit dem Jahr 2000 mehr als halbiert. Das ist bitter und wirkt zweifellos nicht anziehend auf neue Parteimitglieder.
Eine solche Partei zu übernehmen ist mutig, kann aber auch eine grosse Chance bedeuten. Sich neu aufstellen und dann durchstarten – das muss das Ziel eines jeden neuen Parteipräsidenten sein. In der Medienmitteilung der Berner FDP klingt an, was ihrem designierten Parteichef vorschwebt: Die FDP sei “eine Volkspartei”, heisst es dort. Und weiter: “Sie ist stark, wenn der gesellschaftsliberale und der wirtschaftsliberale Flügel gemeinsam kämpfen. Wir wollen eine unabhängige Kraft sein, die auf Sachpolitik setzt, nach aussen mit einer Stimme spricht und so ein klares Profil abgibt.“
Das ist eine Ansage. In den letzten Jahren nahm man die FDP praktisch nur noch als wirtschaftsliberale Kraft wahr. Müller, der Wirtschaftsliberale, will die Generalsekretärin der FDP Frauen Schweiz, Claudine Esseiva, eine aufmüpfige und selbstbewusste Gesellschaftsliberale, ins Boot holen. So steht es in der Medienmitteilung. Und das ist ein Signal: Wenn die beiden Parteiflügel des Freisinns sich intern zu einem engagierten Diskurs zusammenraufen, entsteht Reibung. Daraus kann Schubkraft entstehen.
Nebenbei: Die Namenskombination Philippe/Philipp UND Müller sorgt bei Medienschaffenden immer wieder für Konfusion: Der Präsident der FDP Schweiz schreibt sich Philipp Müller. Er ist Nationalrat aus dem Kanton Aargau. Der designierte Präsident der FDP-Stadtpartei Bern schreibt sich Phlippe Müller. Er ist Grossrat im Kanton Bern. Dazu gibt es einen Philippe Müller, der als Redaktor bei der “Berner Zeitung” zeichnet.
Weitere Beiträge und Kommentare:
– “Die FDP bleibt eine bürgerliche Partei”
Interview mit Phlippe Müller (Berner Zeitung, 28. März, Tobias Habegger)
– Müller ist besser als sein Ruf – er baut Brücken in der FDP
(Berner Zeitung, 28. März, Kommentar von Tobias Habegger)
– FDP: Philippe Müller will Brücken schlagen
(Der Bund, 28. März, Bernhard Ott)
– Gefangen im Hardliner-Image
(Der Bund, 28. März, Kommentar von Bernhard Ott)
Foto Philippe Müller: Website mueller-tut-was.ch