Die Apokalypse aus dem grünen Thurgau

Publiziert am 14. September 2011

Vor zwei Wochen stellte ich hier mehrere Videoclips ins Netz. In einem “10vor10”-Beitrag und anderswo machte ich ein paar generelle Einschätzungen zu dieser Form von Wahlwerbung. Kommentiert – und reklamiert – wurde dann vor allem via Twitter, telefonisch und per E-Mail. Womöglich ein Indiz dafür, wie nervös die Parteien und Kandidierenden sind.

Der neuste Clip stammt von den Grünen aus dem Kanton Thurgau. Sie beauftragten zwei junge Regisseure, und was diese ablieferten, legt die Latte für künftige Produktionen hoch: Ein überzeugendes Drehbuch, technisch hochstehend, Dramaturgie, starke Bilder und viel Emotionen. Zuweilen erinnert er an Spielfilme, das Apokalyptische kann den Grünen indessen auch zum Vorwurf gemacht werden. Sie politisierten in ihren Anfängen mit Weltuntergangsrhetorik.

Aber schauen Sie selber:

Schon nach wenigen Tagen hat dieser Spot allein auf dem Videoportal Youtube mehr als 4’000 Klicks erreicht. Das ist etwa 20 Mal mehr als die Wahlkampfvideos in der Schweiz sonst im Durchschnitt angeschaut werden. Und wir können davon ausgehen, dass die Verbreitung nun rasant weitergeht.

Der kleine Film der FDP.Die Liberalen, der schon im Frühjahr produziert wurde, gefällt mir ebenfalls gut. Parteipräsident Fulvio Pelli zeigt sich von seiner sportlichen Seite, und das überzeugend. Und er führt mit seiner Stimme durch den Film. Das gibt ihm Glaubwürdigkeit.

Ob Videobotschaften und Videoclips zusätzliche Stimmen brächten, werde ich immer wieder gefragt. Ich antworte jeweils: Gute Clips werden viral verbreitet und oft auch massenmedial aufgegriffen. Das erzeugt Aufmerksamkeit. Und wer regelmässig die Aufmerksamkeit hat, kann an seinem Image arbeiten, das Profil schärfen und schliesslich auch zusätzliche Stimmen holen.

4 Replies to “Die Apokalypse aus dem grünen Thurgau”

  1. Der Grüne-Film ist zweifellos ausgezeichnet gemacht. Beim ersten schweizerdeutschen Wort musste ich allerdings laut loslachen. Da passt die apokalyptische Situation, der man sich aus entsprechenden Filmen bedient, einfach nicht mehr zusammen. Und so komme ich ins Grübeln und frage mich, ob derart episch aufgebaute Filme überhaupt in den Schweizer Wahlkampf passen oder nicht einfach zu abgehoben sind?

    Schliesslich bedient sich der Grüne-Filme auch des Angstmacher-Schemas. Möchte ich das? Brauche ich das? Möchte ich nicht viel eher Zuversicht statt Angst zu spüren bekommen?

    Vergleichbar sind die beiden Filme kaum. Allerdings höre ich der Stimme (und damit den Inhalten) Fulvio Pellis mit seinem leichten Akzent gerne zu. Das liegt vielleicht auch daran, weil sie so beruhigend wirkt, dass man selbst den Vorwurf der Bürokratie (welcher hinter der Forderung nach weniger Bürokratie steckt) nicht als Vorwurf auffasst. Es sind keine kämpferischen Töne. Damit bleibt Pelli aber dem treu, was er insgesamt aussagt, nämlich sachlich zu politisieren und nicht zu polemisieren. Pelli überzeugt. Wenn bloss der politische Alltag nicht mit den Worten Pellis so korrelieren würde…

  2. Ich kann mich Titus vollkommen anschliessen. Ich fand den Grünen-Film erst unglaublich kitschig. Aber er ist bereits derat übertrieben, dass er schon wieder witzig ist.

    Inhaltlich betrachtet finde ich den Film der FDP jedoch besser gelungen. Er spricht viel mehr politische Themen an und gibt ein gutes Bild darüber ab, wofür sich die Partei einsetzen will.

    Immerhin, die künstlerische und technische Umsetzung beider Filme bereitet viel Freude.

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