Die Grenzen des Milizsystems

Publiziert am 29. Oktober 2007

Eine weitere Rücktrittsmeldung: Nach Ueli Maurer (svp) und Hans-Jürg Fehr (sp) wird im Frühjahr 2008 auch Ruth Genner (grüne) das Parteipräsidium abgeben. Sie machte die Grünen zur stärksten Nicht-Regierungspartei, die es in der Schweiz seit der Einführung des Proporzwahlsystems im Jahr 1919 je gab.

Die Häufung der Rücktritte ist zufällig.

Vom Pensum her ist das Präsidium bei den fünf grössten Parteien ein Fulltime-Job. Vermutlich sogar einiges mehr. Ueli Maurer sagte einmal, er seit pro Jahr durchschnitlich 250 Abende unterwegs. Auf diese Weise sind Hunderte von neuen SVP-Sektionen gegründet worden.

Schleichend hat sich das Arbeitspensum und die Belastung der Parteipräsidenten erhöht. Bei gewissen Parteien ist dieses Amt schlecht entlöhnt, was es noch weniger attraktiv macht. Kommt dazu, dass man parteiintern, von politischen Gegnern usw. regelmässig “angepflaumt” wird und den Medien immer zur Verfügung stehen sollte.

Das Milizsystem stösst an Grenzen: Augenfällig wird es bei den Präsidien, die zeitliche Belastung von Nationalratsmitgliedern liegt heutzutage bei 50 bis 70 Prozent, bei Ständeräten ist sie oftmals noch höher. Da drängen sich echte Reformen auf, auch wenn das Volk dafür bislang wenig Verständnis hatte.

Seit Jahren beobachte ich Parlamentarier – teilweise arbeite ich auch mit ihnen -, die jahrein, jahraus ihrer übervollen Agenda nachrennen. Das wirkt sich nicht positiv aus auf die Qualität der parlamentarischen Arbeit.

Wir belügen uns selber, wenn wir weiterhin am Milizsystem festhalten wollen.

Mark Balsiger

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