Die Mär vom wirkungsvollen Strassenwahlkampf

Publiziert am 05. Juli 2007

In Wahljahren setzen Parteipräsidenten die Latte hoch. Offiziell. Das hat Tradition. Als Beispiel mag hier Irène Marti Anliker dienen, die Kantonalpräsidentin der Berner SP. Gestern Abend nannte sie die Ziele der Partei: zu den bisherigen acht Nationalratsmandaten ein neuntes im Berner Jura erobern und Ständerätin Simonetta Sommaruga „mit dem besten Wahlresultat“ bestätigen.

Zweiteres wird am 21. Oktober geschehen. Sommaruga hat sich seit ihrem Quereinstieg in die Politik den Ruf einer ausgesprochen dossiersicheren, sachlichen und moderaten Sozialdemokratin erarbeitet. Sie geniesst bis weit ins bürgerliche Lager viel Sympathie.

Der Sitzgewinn im Nationalrat hingegen ist ein frommer Wunsch. Die SP hat seit langem ein Mobilisierungsproblem, nicht nur, wenn soziale Themen weniger Gewicht haben. Keine andere Partei schöpft ihr Wählerpotenzial so schlecht aus wie die SP. Wenn die Wirtschaft boomt, akzentuiert sich dieses Problem noch. „Wir werden deshalb im Wahlherbst auf die Strasse gehen“, kündigte Marti Anliker an.

Das Bestreben ist sympathisch, bloss: Der Strassenwahlkampf taugt nicht, um Wählerstimmen zu generieren. Vor allem dann nicht, wenn ohne Strategie und Herzblut vorgegangen wird. Ein paar Mal für wenige Stunden Flugblätter verteilen und Give Aways aushändigen, hinterlässt keine Wirkung. Das verpufft wirkungslos, wie wir in unserem Buch ausführen, der Teil „Strassenwahlkampf“ ist auf unserer Website unter Leseproben aufgeschaltet.

Die Berner SP muss sich eher auf Verluste einstellen. Bei den Nationalratswahlen 1999 und 2003 konnte sie auf Simonetta Sommaruga als Zugpferd auf ihrer Frauenliste profitieren, was jeweils mehr als 100’000 Stimmen brachte. Diese werden im Herbst fehlen. Eine These, die sich auf Grund der Resultate bei den kantonalen Wahlen der letzten vier Jahre aufdrängt: Die SP verliert einen Sitz an die Grünen, allenfalls sogar zwei Sitze.

Im linken Lager wird es bei den eidgenössischen Wahlen schweizweit zu einer Umgruppierung kommen: Grün kannibalisiert Rot.

Mark Balsiger

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