Die plötzliche Einsamkeit des Ständerats- präsidenten Christoffel Brändli

Publiziert am 17. Juni 2008

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Politik kann einsam machen – zuweilen über Nacht. Ständeratspräsident Christoffel Brändli ist ein exemplarisches Beispiel. Seit der Gründung der SVP im Jahre 1971 gehörte er ihr an. Am ausserordentlichen Parteitag in Landquart von gestern gab sich die aus der SVP Schweiz geworfene Sektion Graubünden einen neuen Namen: Bürgerliche Partei Schweiz (BPS).

Brändli hielt dabei vor seinen Weggefährten eine längere Rede. Seit heute sind es seine ehemaligen Weggefährten. Er trat der BPS nicht bei, als einziger bekannter Mandatsträger aller ehemaligen Bündner SVPler. Seit heute ist Brändli damit parteilos, ohne politische Heimat, einsam. Er wolle sich nicht an den Streitigkeiten der beiden Parteien beteiligen, vermeldet die NZZ.

Christoffel Brändli hatte sich selber in eine schwierige Situation manövriert. In der Zeitung “Südostschweiz” schlug er vor, dass die Bündner SVP mit der FDP fusionieren soll. Das geriet seinen Parteikollegen in den falschen Hals, weil er sie nicht im Vorfeld über seinen Vorschlag informiert hatte. Immerhin kam er ja nicht von irgendeinem Nobody, sondern von ihrem eigenen Ständerat, einem politischen Schwergewicht im Kanton.

Brändlis Vorschlag war ein strategischer Denkfehler, der ihn innerhalb seiner Partei isolierte: Wäre es tatsächlich zu einer Fusion mit der FDP gekommen, hätte diese mit dem Parteiwechsel von Eveline Widmer-Schlumpf drei Mitglieder im Bundesrat gehabt.

Mit einem Wähleranteil von 15,6 Prozent haben die Freisinnigen rein rechnerisch nur noch Anspruch auf einen Sitz. Widmer-Schlumpfs Abwahl im Dezember 2011 wäre so sicher wie das Amen in der Kirche. Für die (ehemaligen) Bündner SVPler fürwahr keine Perspektive.

rita_fuhrer1.jpgBrändli hatte schon einmal einen strategischen Fehler gemacht – mit fatalen Folgen für seine eigene Karriere: Nachdem Adolf Ogi im Herbst 2000 seinen Rücktritt aus dem Bundesrat bekannt gegeben hatte, galt Brändli zuerst als klarer Favorit unter den möglichen Nachfolgern. Früh, viel zu früh stand Brändli zu seinen Ambitionen, gab selbstbewusst Interviews – und wurde prompt abgeschossen. Die SVP Graubündnen nominierte ihn zwar zuhanden der Bundeshausfraktion. Diese setzte aber die Zürcher Regierungsrätin Rita Fuhrer und den Thurgauer Regierungsrat Roland Eberle (Foto unten) auf das Ticket.

roland_eberle1.jpgAm 6. Dezember 2000 wurde schliesslich… Samuel Schmid gewählt. Er hatte im Schlussgang den Querdenker aus dem Kanton Aargau, Ulrich Siegrist, geschlagen. Siegrist war wie Schmid “wild” angetreten, nachdem er noch 1987 als offizieller Kandidat seiner Kantonalpartei ins Rennen geschickt worden war; gewählt wurde Ogi. 1987 demissionierte übrigens ein gewisser Léon Schlumpf, der Vater von Eveline Widmer-Schlumpf, womit sich auch dieser Kreis wieder schliesst.

Doch zurück zu Christoffel Brändli: Kaum ein anderer Politiker hat eine ähnliche Blitzkarriere gemacht wie er: Mit 26 Gemeinderat, mit 28 Grossrat, mit 33 Fraktionspräsident, mit 35 Gemeindepräsident, mit 39 Regierungsrat, mit 52 Ständerat. Vielleicht war es gerade sein müheloser Aufstieg, der die Selbstwahrnehmung verzerrte und ihn vor dem letzten grossen Schritt in den Polit-Olymp scheitern liess.

– Foto Christoffel Brändli: www.christoffelbraendli.ch
– Foto Rita Fuhrer: www.wahlen.zh.ch
– Foto Roland Eberle: www.parlament.ch

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