Ehrlichkeit zahlt sich aus

Publiziert am 13. Januar 2014

beatrice_simon_600_bernerzeitung_ch_topelementVor Wochenfrist hatte der Basler Carlo Conti (cvp) die Debatte über Nebeneinkünfte von Regierungsräten richtig losgetreten; ein Ende ist noch nicht abzusehen. Die Berner Regierungsrätin Beatrice Simon (bdp), die wie ihre Kollegin Barbara Egger (sp) unter Druck geraten war, trat gestern die Flucht nach vorne an. Kurz nach Mittag teilte sie in einem Mediencommuniqué mit, dass sie bis auf Weiteres auf ihre Nebeneinkünfte verzichten würde. (Dieses Communiqué sucht macht auch jetzt noch, am Montagabend, vergeblich auf ihrer Website.) Zwei Stunden später zog Egger nach, was zusätzlich Zunder lieferte.

Die Einsicht kommt zu spät; in solchen Fällen müsste die Intuition einen sofort zum Handeln bringen. Als am letzten Donnerstag die ersten kritischen Medienberichte erschienen, hätten sich Simon und Egger gemeinsam und pro-aktiv an die Öffentlichkeit wenden sollen; auf diese Weise wäre die erste Welle gebrochen worden.

Patrick Feuz, der Bundeshauschef von “Bund” und “Tages-Anzeiger”, kritisiert in seinem Leitartikel das “schockierende Selbstverständnis”, welches Exekutivpolitiker beim heiklen Thema Nebeneinkünfte an den Tag legen würden.

Die Nebeneinkünfte von Regierungsräten und Kaderleuten in der Verwaltung sind auch im Kanton Bern präzis geregelt, erst vor wenigen Jahren wurden sie vom Grossen Rat neu durchgeackert und verankert. Simon und Egger haben sich nichts zu Schulden kommen lassen, ein Vergleich mit der Berner Finanzaffäre anno 1985 ist komplett überzeichnet. Aber sie patzerten in der Kommunikation. Dabei möchten sie Ende März wiedergewählt werden. Die Spesendebatte kommt für sie zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt, der Imageschaden ist schon angerichtet.

Den Vorwurf, sie betreibe mit ihrem Vorpreschen Wahlkampf, weist Simon zurück. Gegenüber dem “Bund” sagte sie:

“Ob mein Vorgehen für den Wahlkampf gut oder schlecht ist, habe ich mir nicht überlegt.”

Diese Aussage nehme ich ihr nicht ab.

Natürlich hat Simon sich dabei etwas überlegt, natürlich tauschte sie sich mit ihrem Mann, engen Vertrauten in der Direktion und ihrer Partei aus. Und natürlich ist ihr Vorgehen besser für den Wahlkampf. Damit betreibt sie Schadensbegrenzung. Ein weiteres Zuwarten hätte den Druck nur noch weiter erhöht, und das kann sich eine Regierungsrätin im Wahlkampf nicht erlauben. Gerade relativ simple Fälle bleiben der Wählerschaft eher in Erinnerung und sie gewichten diese am Wahltag entsprechend.

Den Schaden zu limitieren ist absolut legitim; ich hätte Simon auch zu diesem Schritt geraten. Allerdings hätte er schon früher erfolgen müssen. Und absolute Ehrlichkeit hätte sich gut gemacht.

“Ja, ich erkenne die Brisanz dieses Falles.
Ja, ich verstehe, wenn die Bevölkerung irritiert und verärgert ist.
Ja, ich stehe im Wahlkampf.
Ja, ich will aus der Schusslinie.
Ja, ich werde mich am Mittwoch bei der nächsten Sitzung des Gesamtregierungsrats für einen transparenten Lösungsansatz einsetzen.”

Bürgerinnen und Bürger sind sehr kulant, wenn sie feststellen, dass ein Spitzenpolitiker frühzeitig und glaubwürdig Fehler eingesteht. Bleibt der Gang nach Canossa aus, kriegt die Causa einen schalen Geschmack. Im Fall von Simon und Egger wird es am 30. März einen Nasenstüber, womöglich sogar einen Streifschuss geben. Er wäre selbst verschuldet, pro-aktive Information hätte sich ausbezahlt.

Spitzenpolitiker lieben die Macht und sie möchten für ihre immense Arbeit, die sie leisten, Wertschätzung erhalten. Die Aufmerksamkeit der Medien ist so wichtig wie für It-Girls und Profi-Tschütteler mit kustvollen Gelfrisuren. Sie müssten allerdings auch erkennen, dass Journalisten und die breite Öffentlichkeit sich um gesetzliche Regelungen und Details foutieren.

Mark Balsiger


Foto Beatrice Simon: bernerzeitung.ch

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