Es geht nicht um Bratwürste, sondern um Menschen und ihre Arbeitsbedingungen
Publiziert am 17. September 2013GAST-Beitrag von Ruedi Löffel *
Auf den ersten Blick ist es eine kleine Änderung, welche uns die Vorlage „Liberalisierung der Öffnungszeiten von Tankstellenshops“ vorschlägt: In Tankstellenshops von Autobahnraststätten und an Hauptverkehrswegen dürften Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer neu auch sonntags und in der Nacht beschäftigt werden. Das gilt heute bereits für den Verkauf von Benzin und auch ein Tankstellenbistro darf die ganze Nacht offen haben. Der Shop hingegen muss heute um ein Uhr nachts schliessen. Natürlich kann man sagen, das Personal sei ohnehin vor Ort und könne neben dem Bistro auch den Shop die ganze Nacht betreiben. Doch damit hätte zum ersten Mal ein Detailhändler die ganze Nacht offen und dürfte das gesamte Sortiment verkaufen – auch am Sonntag.
Vor allem Grossverteiler und andere Verkaufsstellen werden bald einmal gleich lange Spiesse fordern. Entsprechende Forderungen wurden im Parlament bereits deponiert. Getreu dem Motto „Wehret den Anfängen“ ist es deshalb entscheidend wichtig, dass wir jetzt Nein sagen. Es geht bei der Abstimmung nicht um Bratwürste, sondern um Menschen und ihre Arbeitsbedingungen.
Das Arbeitsgesetz ist für den Schutz der Arbeitnehmenden geschaffen worden. Es hat diese vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu schützen. Nacht- und Sonntagsarbeit haben negative Auswirkungen auf das Sozial- und Familienleben der Betroffenen. Das geltende Verbot darf deshalb nicht weiter ausgehöhlt werden. Der arbeitsfreie Sonntag ist eine jahrhundertealte Errungenschaft und ermöglicht gemeinsame Aktivitäten in der Familie, dem Freundeskreis, in Vereinen oder der Kirche. Der Sonntag ist ein Ruhe- und Feiertag. In einer immer hektischeren Zeit darf er nicht dem Profitdenken geopfert werden.
Auswüchse der 24-Stunden-Gesellschaft nicht noch ausweiten
Viele Angestellte wollen nicht in der Nacht oder am Sonntag arbeiten, müssen sich aber fügen, weil sie auf die Jobs angewiesen sind. Der Staat ist verpflichtet, sie zu schützen. Vor allem in den Städten werden Polizei und Rettungsdienste der 24-Stunden-Gesellschaft und ihren Auswüchsen wie Littering, Vandalismus, Alkoholmissbrauch und Gewalt kaum mehr Herr. Da ist es nicht sinnvoll, das Angebot in der Nacht und am Sonntag weiter auszudehnen.
Auch Abgrenzungsfragen werden mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung nicht beantwortet, obschon die Befürworter dies behaupten. Sie werden einfach verlagert. So dürfte künftig umstritten sein, welcher Tankstellenshop an einem „Hauptverkehrsweg“ liegt und damit die erweiterten Öffnungszeiten für sich in Anspruch nehmen darf und welcher nicht.
Die Stimmberechtigten haben in über zehn Kantonen Nein gesagt zu Einkäufen am Sonntag und in der Nacht. Längere Öffnungszeiten sind kein Bedürfnis, obwohl das immer wieder behauptet wird. Auch das Gewerbe hat kein Interesse daran. Es wird nämlich insgesamt nicht mehr Umsatz erzielt, nur weil die Läden länger offen sind. Die Kosten hingegen würden steigen und die Grossverteiler würden Klein- und Familienbetriebe noch stärker aus dem Markt drängen.
Wer keine Ausdehnung der Nacht- und Sonntagsarbeit will und die Nase voll hat von all den negativen Auswirkungen der 24-Stunden-Konsumgesellschaft, sagt Nein, Nein zur Liberalisierungs-Salami-Taktik, Nein zu noch mehr nächtlichen Saufgelagen, Lärm und Abfall, Nein zum Diktat der Grossverteiler, Nein zur Zerstörung von Klein- und Familienbetreiben.
* Ruedi Löffel ist beim Blauen Kreuz des Kantons Bern Leiter der Fachstelle für Suchtprävention sowie Grossrat der EVP. Er lebt in Münchenbuchsee.
Foto Ruedi Löffel: zvg
Falsch. Es geht eben genau um Bratwürste oder Tiefkühlpizza. Es geht einzig und alleine um die Aufhebung der Sortimentsbeschränkung und somit um die Entfernung eines bürokratischen Blödsinns.
Das ist einer der Punkte, die für die Annahme der Revision sprechen. Mit einer Ablehnung ist keinem einzigen Menschen geholfen, der sich Nachts die Beine in den Bauch stehen muss.
Selbstverständlich werden sie das. Aber diese Forderungen kann man ablehnen. Zudem haben diverse Kantonsabstimmungen in der Vergangenheit gezeigt, dass kein Bedürfnis an längeren oder erweiterten Öffnungszeiten bestehen. Daran wird auch die Teilrevision des Arbeitsgesetzes nichts ändern.
Möglich. Aber man sollte seine Energie lieber in die Klärung genau dieser Frage stecken und dafür sorgen, dass es bei den 20 bis 30 Shops bleibt.
Es handelt sich in keiner Weise um eine Ausdehnung der Nacht- und Sonntagsarbeit. Es geht einzig und alleine um die Beseitigung einer bizarren Situation.
Und um all das geht’s erst recht nicht …
Deshalb Ja zur Änderung des Arbeitsgesetzes am 22. September.
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