Es geht nichts über geschicktes Timing

Publiziert am 06. Januar 2025

Viele Medien zeigten sich überrascht, als Gerhard Pfister (im Bild rechts) seinen Rücktritt als Parteipräsident auf Mitte Jahr bekanntgab. Das überrascht mich, weil der Zeitpunkt ideal ist für beide: die Partei und Pfister.

➡️ Die Vorbereitungen für eidgenössische Wahlen beginnen inzwischen zwei Jahre vor dem Wahltermin. Es macht also Sinn, wenn schon im Sommer dieses Jahres eine neue Kraft die Führung der Partei übernimmt.

➡️ Gerhard Pfister werden schon seit Jahren Bundesrats-Ambitionen nachgesagt. Die letzten neun Jahre haben gezeigt, dass er Parteipräsident kann. Der logische – und letzte – Karriereschritt wäre: Bundesrat. Der ausgebuffte Stratege hat sich für die Nachfolge von Viola Amherd (links) in eine ausgezeichnete Position gebracht. Es geht nichts über geschicktes Timing.

🟧 Amherd wurde im Dezember 2018 gewählt, ist also seit sechs Jahren im Amt. Sie erkämpfte ein Volks-Ja zu neuen Kampfjets (2020), schuf das neue Staatssekretariat für Sicherheitspolitik (2023), holte sich bei der Ausrichtung der Bürgenstock-Konferenz gute Noten (2024) und kann sich während der Fussball-EM der Frauen im Juli den Medien und Massen volksnah zeigen. Kaum jemand im Bundeshausperimeter glaubt, dass sie die Legislatur beenden wird, also bis Ende 2027 bleibt. Naheliegend ist vielmehr, dass Sie auf Ende dieses oder nächsten Jahres aufhört.

Bei Bundesratswahlen ist Standard, dass Fraktionen Zweiertickets präsentieren. Ob dieses oder nächstes Jahr: Die Mitte-Fraktion wird nicht darum herumkommen, Pfister zu nominieren. Seine Verdienste für die Partei sind gross, und sie sind breit anerkannt. Ihm gelang es zusammen mit Generalsekretärin Gianna Luzio, seiner wichtigsten Vertrauten, die Partei zu stabilisieren, mit der BDP zu fusionieren und ihr einen neuen Namen zu verpassen.

Das «C» ist weg, nachdem sich das katholische Milieu schon zuvor aufgelöst hatte, und damit wird Die Mitte auch im urbanen Mittelland wählbar. Die CVP hätte übrigens bereits 1970 die Chance gehabt, einen Namen ohne «C» zu wählen: Zur Auswahl stand damals u.a. Schweizerische Volkspartei (SVP). Die heutige SVP hiess damals noch Bauern-Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB) und notierte bei 10 Prozentpunkten. Die Parteienlandschaft sähe heute anders aus, wenn die Katholisch-Konservativen am entscheidenden Parteitag in Solothurn den Mut gehabt hätten, über ihren Schatten zu springen.

Doch zurück zu Pfister. Wenn er will, steht sein Name dereinst auf dem Zweierticket. Als Parteipräsident wäre das deutlich schwieriger. Die Wetten laufen.

Foto: Die Mitte (Website)

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