Für Spott ist gesorgt: Michael Steiners Spot “Grounding 2026” bleibt im Giftschrank

Publiziert am 13. Februar 2013

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Der virale Kurzfilm von Michael Steiner (rechts) zur Abzocker-Initiative wird definitiv nicht verbreitet. Das schreibt der Wirtschaftsdachverband economiesuisse in einer Medienmitteilung. (Das Dokument heisst sinnigerweise “Minderfilm”.) Der dreiminütige Spot mit dem Namen “Grounding 2026” hätte in der Schlussphase der Abstimmungskampagne gezeigt werden sollen. Mit starken Emotionen wollte der bekannte Regisseur (Grounding, Sennentuntschi, Mein Name ist Eugen, Missenmassaker) die negativen Folgen eines Ja, die er persönlich befürchtet, ins Zentrum stellen.

Dass die Verlautbarung gegen Abend (16.45 Uhr) verschickt wurde, dürfte kein Zufall sein: Man will das Aus für den Spot mit einer möglichst geringen medialen Begleitung über die Bühne bringen. Dafür eignet sich der heutige Tag; er ist reich befrachtet mit wichtigen Themen: Lasagne-Skandal, Olympia 2022, Hypothekarblase und Barack Obamas “State of the Union”, um nur vier zu nennen. Sie vermögen Steiners Spot nicht komplett zuzudecken, aber sie verdrängen ihn immerhin von den besten Plätzen. Das war bewusstes Timing, und das könnte economiesuisse gelingen.

Wenigstens das, ist man geneigt anzufügen. Bei der Nein-Kampagne war von Anfang an der Wurm drin, gefolgt von einem hässlichen Ausrutscher. Dazu kommt als gravierender Malus die Prädisposition: Nach der jahrelangen Verschleppungs- und Vernebelungstaktik im Parlament verrauchte die Wut der Leute auf die Abzocker nicht. Im Gegenteil. Mithin fehlt das Fundament, um den Souverän von einem Nein zu überzeugen. Gewichtige Argumente gibt es, sie können sich aber kaum festsetzen. Zu vieles ist in den letzten Monaten suboptimal oder gar schlecht gelaufen, das Vertrauen in Politik und Wirtschaft stark beschädigt.

Der Kampagnen-Spot Steiners soll gegen 300’000 Franken kosten. Das entspricht knapp 4 Prozent des gesamten Budgets (8 Millionen Franken). Vor vier Jahren zeigten ein paar junge engagierte Köpfe, wie man mit wenigen tausend Franken einen viralen Spot (für die Bilateralen) produziert und erfolgreich verbreitet. Mehr als 700’000 Views bei 5000 Franken Aufwand, dazu kam eine mediale Befeuerung rund um diesen Kurzfilm, der inzwischen leider nicht mehr im Netz ist.

Natürlich ist es gut möglich, dass Steiners Spot doch noch auftaucht und sich rasant verbreitet. Eine Wirkung im Sinne des Nein-Lagers wird er aber nicht erzielen. Emotionen lassen sich nicht erfolgreich mit Emotionen bekämpfen – so lautet eine These von mir.

Das Grounding von “Grounding 2026” sorgt zunächst einmal für Spott und Häme. Es stärkt aber auch das Lager von Initiant Thomas Minder, weil wir über die Metaebene der Metaebene diskutieren – eine absurde Entwicklung. Dabei wäre es dringend nötig, in der guteidgenössischen Tradition die Vorlage sachlich aufzuarbeiten. Stattdessen werden am 3. März die Zeichensetzer durchmarschieren.

 

Nachtrag von 19.15 Uhr:

Wie die NZZ schreibt, wollen die beiden Promotoren der Abzocker-Initiative, Thomas Minder und Claudio Kuster, den Kurzfilm von Michael Steiner kaufen. Ein fünfstelliger Betrag werde sich schon auftreiben lassen.

 

Nachtrag vom 21. Februar 2013:

Der Film zur Bilateralen-Abstimmung vom 8. Februar 2009 ist heute wieder online geschaltet worden. Hier: http://tagesnews.com/

 

Foto Michael Steiner: aargauerzeitung

 

 

15 Replies to “Für Spott ist gesorgt: Michael Steiners Spot “Grounding 2026” bleibt im Giftschrank”

  1. Ach, Peter, was du da verlinkst, ist doch dieses unsägliche Plagiat der Unia. Ich halte nichts von solcher Vorschlaghammer-Vermittlung. Das Original von Steiner ist hoffentlich besser.

    Und ja, ich möchte es schon auch sehen.

  2. Unsäglich ist eher das Original. Bürgerkrieg in der Schweiz androhen?

    Economiesuisse hat diesen Mist (man kann es nicht anders sagen) abgesegnet mit Drehbuch.

    Warum soll dann die Parodie Vorschlaghammer sein?

  3. ‘@ Peter Hofer

    Meines Wissens haben Michael Steiners Kurzfilm nur etwa ein halbes Dutzend Leute gesehen. Sie dürften nicht zu dieser Gruppe zählen.

    Ich stimme aber mit Ihnen überein, dass dieser Film gar nicht hätte produziert werden sollen. Er schwächt die Kampagne der Gegner.

    Schliesslich zum Plagiat der Unia: Es ist billig, auf die Schnelle mit knalligen Effekten von der aktuellen Stimmung profitieren zu wollen. Vor allem ist es nicht ehrlich: Die Gewerkschaft entschied sich bloss für ein symbolisches Ja.

  4. Ich beziehe mich auf Sonntagszeitung

    http://www.sonntagszeitung.ch/home/artikel-detailseite/?newsid=243217

    Auch wenn nur die Hälfte stimmt, das Drehbuch ist selbst bei ironischer Ueberspitzung hanebüchen.

    Soll sich die Romandie doch Frankreich anschliessen, die wirtschaftlich blüht der Spitzensteuersatz unter Hollande dürfte Economiesuisse sicher “gefallen”.

    Vielleicht sollte Herr Steiner mal bei Peugeot einen Film drehen in einer Fabrik.

    Wenn man jetzt schon so übertreibt, wie will Economiesuisse dann die 1:12 bekämpfen? Neuer Maya-Kalender mit Weltuntergang?

    Steigern könnte man sich ja schlecht, darum wanderte der Film wohl in den Schrank.

  5. man reibt sich verwundert die augen, wie sich das flaggschiff ES von fettnäpfchen zu fettnäpfchen hangelt.

    zuerst die affäre um die gekauften kommentare und die unsägliche behauptung von ES, die agentur habe aus eigenem antrieb gehandelt. lächerlich. keine seriöse agentur macht sowas ohne auftrag und strategie – und schon gar nicht ohne budget.

    und jetzt dieses filmchen von herr steiner. unglaublich. da hätte doch schon in der exposé-phase klar sein müssen, was da kommen wird.

    und jetzt sagt die ES in ihrer kümmerlichen medienmitteilung auch noch, sie hätte dem herr steiner ein video “ermöglicht”. was für ein billiger pr-sprech. und das von DER top-wirtschafts-orga der schweiz. sie führt sich auf wie ein anfänger.

    und dann dieser titel. grounding 2026. sowas von unkreativ, sowas von steinerschem namedropping. dass die ES diesen titel akzeptiert hat zeigt, wie hörig die kampaleitung diesem regiestar war. da wird den entscheidern irgendwer irgendwas von imagetransfer vergeschunkelt haben. wie das in solchen meetings halt so geht.

    aber: eigenständigkeit in argumentation und anmutung geht anders, erst recht in politischen kampas.

    kurz und gut: sehr unprofessionell das alles.

  6. Gut zusammengefasst, Bugsierer, und wie gewohnt in einer etwas ruppigen Tonalität.

    Was hältst du von der Spekulation, dass der Steiner-Stop im Sommer auftaucht, wenn es darum geht, die 1:12-Initiative zu bodigen?

  7. habe mir mühe gegeben, dass es nicht zu ruppig wird 😉

    das video gegen die 1:12-initiative zu recyclen wäre bescheuert. ich kann mir nicht so recht vorstellen, dass sie das tun. aber gut, die videostory und die gefakten kommentare hätte ich mir von dieser flaggschifforga auch nicht vorstellen können.

  8. nun, die chf72mio von vasella wirken viel effizienter als diese dämliche nicht-video. mein gefühl sagt, dass der gegenvorschlag lediglich eine schlaumeierei von cvp-bischof bdp fdp etc zur schonung der abzocker ist. und die pirouetten von svp-strategen blocher sind auch nicht unbedingt zielführend. mark, ich bleibe dabei (posting vom 4. dezember 2012 8:02, die initiative macht mindestens 60%. schlussfrage: sind wir alle abzocker?

  9. Lass gut sein, Bugsierer. Wir wissen auch um deinen Nehmerqualitäten.

    Wenn Lukas Hässig von einem “Hühnerhaufen” schrieb, ist das seine Sache. Mit seiner Reputation kann er sich solche Ausdrücke vermutlich sogar leisten.

    Zur 1:12-Initiative bzw. der Verwertung des Steiner-Videos: Nach dem Ja zur Abzocker-Initiative am 3. März könnte es ja sein, dass die Gegner der Juso-Initiative voll auf Emotionen setzen. Und dann wäre der Clip von Michael Steiner zur Hand.

  10. Mittlerweile kann man das Drehbuch auf woz.ch anschauen, die Sonntagszeitung lag weitgehend richtig:

    http://www.woz.ch/sites/woz.ch/files/text/download/drehbuch.pdf

    Ich muss mich wiederholen, das ist eine Peinlichkeit sondergleichen, die Economiesuisse hat dieses Skript gesehen vor Filmbeginn/Auftragserteilung.

    Zum Kommentar zu Lukas Hässig möchte ich fragen, was an einem Blogpost zu Vasella nicht der Wahrheit entsprach? Oder war mit “Reputation” nur seine manchmal etwas direkte Wortwahl gemeint?

    Meiner Meinung kann man die aktuelle Kampagnenführung der Minder-Gegner durchaus als “Hühnerhaufen” bezeichnen.

  11. ‘@Peter Hofer

    Ich habe das Drehbuch zum Steiner-Video ist inzwischen gelesen. Ein Horrorszenario, das da skizziert wird.

    Die Frage ist aber: Stammt das Skript tatsächlich von Steiner oder sind wir einem Fake aufgesessen?

  12. steiner hat die echtheit des storyboards gestern bestätigt. ich weiss zwar nicht mehr wo, aber wenn er es als falsch bezeichnen würde, wäre sicher zetermordio.

    heisst: hühnerhaufen ist noch gelinde gesagt. dieser vorgang ist ein debakel für ES und für die schweizer wirtschaft.

    ich upgrade “hühnerhaufen” hiermit zu “saftladen”.

  13. Mit deinem Upgrade wird die Economiesuisse leben können, Bugsierer. Michael Steiners Verifizierung in Sachen Storyboard/Drehbuch habe ich nicht mitbekommen. Danke für diese Ergänzung.

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