Greenpeace Schweiz ist zurück im harten Geschäft mit der Aufmerksamkeit

Publiziert am 02. Oktober 2013

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Seit 40 Jahren schafft es Greenpeace immer wieder, mit spektakulären Aktionen für Aufmerksamkeit zu sorgen. So auch gestern Abend im “St. Jakob-Park” in Basel. Kurz nach Anpfiff des Champions-League-Matchs Basel gegen Schalke 04 seilten sich ein paar Aktivisten mit routinierten Griffen und ohne Hast vom Stadiondach ab, um ein 28 Meter breites Transparent (siehe Foto) auszurollen. Der Unterbruch dauerte knapp fünf Minuten. Nach weiteren fünf Minuten hatte das erste Onlinemedium die ersten Fotos hochgeladen.

Ein Aktivist auf dem Stadiondach hatte die Nerven, während der Aktion Fotos zu machen. Hernach wurden sie via Twitter verbreitet:

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Die Aktion gegen den russischen Gaskonzern Gazprom wurde zu einem Selbstläufer. Inzwischen, 24 Stunden später, haben gemäss Schweizer Mediendatenbank (SMD) nicht weniger als 70 verschiedene Medien darüber berichtet. Die News und Bilder schwappten um die halbe Welt. (Die Uefa erwirkte zwar, dass Videos auf Youtube gesperrt wurden, anderswo verbreiteten sie sich aber ungehindert.) Das ist ein grosser Erfolg, und ein Ende der Publizität ist nicht abzusehen, wenn die Berichterstattung sich auch in verschiedene Richtungen entwickelt. Es geht um Fragen der Sicherheit, um Klagen und Bussen, die Uefa, usw. usf.

Greenpeace Schweiz hat sich damit eindrücklich zurückgemeldet. Seit Bundesrat und Parlament im Frühsommer 2011 den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen hatten, war es auffällig ruhig geworden um die Umweltorganisation. Ihr Ur-Thema konnte sie nicht mehr weiter beackern. Im harten Geschäft um Spendengelder kann es problematisch werden, wenn man in Vergessenheit gerät. Sprecher Yves Zenger relativiert in einem Interview, dass solche Aktionen für das Image nicht nur förderlich seien.

Die Logik der Medien macht es Organisationen wie Greenpeace heute einfacher, auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Es zählen Tempo, Bilder und Videos. Das Rudelverhalten der Medien spielt mit hinein. Auf Facebook und Twitter begleitete Greenpeace die Aktion in Echtzeit. Die Reichweiten, die die NGO auf diesen Kanälen erreicht, sind nicht zu unterschätzen, wichtiger bleibt aber ihr Multiplikatoreneffekt.

Ein paar zentrale Fragen bleiben im Moment unbeantwortet:

– Wie konnten sich 17 Aktivisten in voller Kletterer-Montur und mit einem 28 Meter breiten Transparent Zugang zum Stadion verschaffen?- Hat der FCB bzw. die Stadionbetreiberin ein Sicherheitsproblem?
– Wissen die newsüberfluteten Leute überhaupt, worum es ging? (Krasser formuliert: Wollen sie es überhaupt wissen?)
– Bringt diese Aktion neue Mitglieder, mehr Spendengelder?
– Vermag sie den Druck auf Gazprom zu erhöhen?

Mark Balsiger

 

Ergänzend:

– Kommentar “OnlineReports” von Peter Knechtli:
Greenpeace-Demo: Zwei Welten, zwei Massstäbe (2. Oktober 2013)

– Der Kampagnenleiter von Greenpeace Schweiz, Christian Engeli,
im Gespräch – TeleBasel (30 Min.)


Fotos: adi / Greenpeace-Twitter-Account

 

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