Hans-Rudolf Merz und die Erfolgsmeldung
Publiziert am 26. August 2009Sprachregelungen sind “Anker”, gerade wenn die Medien Blut riechen oder ein Sturm aufkommt – so wie in der Libyen-Affäre. Gestern Abend noch hiess es, das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) bzw. der Bundesrat werde sich erst wieder verlauten lassen, wenn die beiden Schweizer Geschäftsleute, die seit rund 12 Monaten in der Schweizer Botschaft in Tripolis festsitzen, im Flugzeug Richtung Schweiz unterwegs seien.
Nach der Bundesratssitzung wurde ein knappen Communiqué verbreitet mit dem Inhalt, dass die Landesregierung von Merz und Aussenministerin Micheline Calmy-Rey über den aktuellen Stand der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und Libyen informiert worden seien. Das ist, pardon, “Gähn” – niemand wollte das wissen.
Vor einer knappen Stunde nun ein neues Communiqué aus dem EFD. Die beiden Geschäftsleute hätten nun ein Ausreisevisum erhalten, heisst es. Damit sind sie zwar noch lange nicht in der Heimat, ihr aber immerhin ein Schrittchen näher. Dass die Sprachregelung innerhalb von weniger als 24 Stunden geändert wurde, lässt darauf schliessen, dass der mediale Druck zu gross ist. Man musste eine “Erfolgsmeldung” absetzen, die Volksseele kocht, die Medien heulen.
Kaum ungeschoren wird Micheline Calmy-Rey davonkommen. Noch konzentrieren sich aber fast alle auf Hans-Rudolf Merz. Er muss sich warm anziehen. Böse Kommentare und Wortspiele schiessen ins Kraut. Ein Beispiel: Kriegen wir für unseren alten Merz noch eine Abwrackprämie?
Mark Balsiger
Archivfoto Micheline Calmy-Rey und Hans-Rudolf Merz: keystone