“Ich habe kein Problem, als überzeugte Feministin wahrgenommen zu werden”

Publiziert am 02. Mai 2013

Sesselrücken bei der Stadtberner FDP: Gestern Abend wurde die neue Parteileitung gewählt, darunter Claudine Esseiva. Die 34-jährige PR-Frau und Generalsekretärin der FDP-Frauen hat bisher in Freiburg politisiert. Im Interview spricht Esseiva über den neuen Parteipräsidenten, blöde Vorurteile gegenüber Feministinnen sowie kulturelle Unterschiede zwischen Bern und Friboug.

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Der „Bund“ hat Sie gestern im Interview mit dem neuen Stadtberner FDP- Präsidenten Philippe Müller als “liberales Deckmäntelchen” bezeichnet. Sind sie das?

Nein, sicher nicht!

…aber Sie unterscheiden sich in Ihren Positionen sehr stark von ihm.

Überhaupt nicht. Wir sind beide überzeugte Freisinnige, stehen für eine liberale Gesellschaft und Wirtschaft ein. Wir kämpfen beide gegen absurde Bürokratie und die Gleichmacherei aus SP-Kreisen. Auch lehnen wir beide die Abschottungspolitik der SVP ab. Für uns steht die individuelle Selbstbestimmung und Freiheit im Zentrum. Sicher haben wir im Bereich der Gesellschaftspolitik zum Teil unterschiedliche Auffassung, aber Philippe Müller will genau diese Themen in die Parteileitung der FDP-Stadtpartei mit einbringen und ihnen den entsprechenden Stellenwert geben. Daher ist auch u.a. die Präsidentin der Jungfreisinnigen Stadt Bern, Marlen Bigler, in diesem Gremium dabei. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit und bin überzeugt, dass wir die verschiedenen Gesichtspunkte einbringen können.

Die FDP ist in der Romandie etatistisch, die Deutschschweizer FDP inzwischen staatskritisch. Welche Herausforderungen erwarten Sie durch den Wechsel von der Freiburger in die Berner FDP?

Dass die Westschweiz etatistisch sein soll, finde ich nicht richtig. Sicher ist die politische Kultur in der Westschweiz etwas anders als in der Deutschschweiz. Die Westschweiz ist in gesellschaftlichen Themen progressiver als die Deutschschweiz. Und da Bern ja gleich auf der Sprachgrenze liegt und ein Faible für die Romandie hat, wird der Wechsel sicher nicht so schwer.

Müssen Sie sich also nicht auf einen “Kulturschock” gefasst machen?

Nein, sicher nicht. Ich kenne bereits viele Berner FDPlerinnen und FDPler und freue mich sehr auf die Zusammenarbeit. Es hat mich wirklich sehr gefreut, dass ich mit so offenen Armen in Bern empfangen wurde. Und ich bin mir sicher, dass die FDP Bern neben der FDP Freiburg meine zweite politische Heimat werden kann.

Erstmals mediale Aufmerksamkeit erhielten Sie im Sommer 2011 mit dem “Oben-ohne”-Plakat der FDP-Frauen. Spätestens seit dem Abstimmungskampf um den Familienartikel sind Sie landesweit als “Hausfeministin der FDP” bekannt und mussten schon einige Angriffe einstecken. Wie gehen Sie damit um?

Sehr gut, das heisst wir FDP-Frauen konnten etwas bewegen und Themen rund um die Chancengleichheit positionieren. Ich bin eine überzeugte Feministin und habe auch kein Problem, so in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Ich hoffe, dass ich mit meinem Engagement aufzeigen kann, dass Politik Spass macht, lustvoll ist, eine Prise Humor gut verträgt, und dass die blöden Vorurteile gegenüber Feministinnen eben nicht stimmen.

Bern hat als erste Schweizer Stadt die Frauenquote in der Verwaltung eingeführt. Damit sind  Sie mit Ihren feministischen Anliegen in der Stadt am richtigen Ort. Was gibt es als Nächstes zu tun?

Ich muss mich zuerst in die Berner Stadtpolitik einleben, bevor ich hier konkret werden kann. Aber Sie können sich sicher sein, dass wir Ideen haben werden.

Interview: Deana Gariup

 

Foto Claudine Esseiva: clack.ch

 

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