Jackpot-Demokratie mit Geld aus dem Ausland
Publiziert am 10. Juni 2018
Das neue Geldspielgesetz ist kein gutes Gesetz. Aber es ist besser als der Status Quo. Vor diesem Hintergrund ist das Ja von heute positiv. 72,9 Prozent der Stimmberechtigten entschieden pragmatisch.
Auch ich stimmte Ja. Zudem wurde meine Agentur Mitte April vom Komitee «Gemeinnütziges Geldspielgesetz Ja!» an Bord geholt. Weil keine Partei den Lead übernehmen wollte, übernahm ich diese Aufgabe. Ich wurde also quasi in der 75. Spielminute als Joker eingewechselt.
Mein Engagement hat in meinem beruflichen und privaten Umfeld viele Rückfragen ausgelöst. Es gibt zwei eminent wichtige Gründe, weshalb ich für ein Ja kämpfte und diese will ich hier erläutern.
1. Politik ist kein Game
Es muss möglich sein, dass so genannte Behördenvorlagen auch die Volksabstimmung überstehen. Sonst droht der Stillstand und das Parlament verliert an Gewicht. Das Geldspielgesetz war nach sechs Jahren Arbeit austariert. Der Ständerat stimmte ihm mit 43 Ja gegen 1 Nein zu, der Nationalrat mit 124 Ja gegen 61 Nein (bei 9 Enthaltungen). Eine klare Sache, wie man damals dachte.
Die Hürden für Volksinitiativen und Referenden sind tief, selbst ungeübte Akteure schaffen es oft, genügend Unterschriften zu sammeln. Beim Referendum gegen das Geldspielgesetz pumpten ausländische Online-Casinos eine erkleckliche Summe in die Schweiz. Ein paar bürgerliche Jungpolitiker packten die Chance, um sich zu profilieren.
Das einzige Thema, das die Referendumsführer und später auch die linken Jungparteien einte, hiess Netzsperren. In der Vernehmlassungsantwort der Jungfreisinnigen (jf) sucht man dieses Schlagwort allerdings vergeblich, ihr wichtigstes Argument existierte noch gar nicht.
Fazit: Ein paar Jungpolitiker sind als opportunistische Spieler aufgeflogen. Politik ist aber kein Game. In der Politik haben Spielernaturen nichts zu suchen!
2. Referenden und Abstimmungen sind nicht käuflich!
Der Referendumskampf von jf, Junger SVP und Junger GLP wurde von ausländischen Online-Casinos mit 500’000 Franken alimentiert. Was für ein Gewicht hat diese Summe? Eine Faustregel besagt, dass ein Referendum in der Schweiz zwischen 150’000 und 300’000 Franken «kostet». Als im März die Finanzierung aus dem Ausland ruchbar wurde und die Medien ihren Job machten (siehe «Tages-Anzeiger» vom 23. März, PDF), traten die Jungpolitiker die Flucht nach vorne an. Das Wort «Transparenz» brauchten sie von da an regelmässig. Mehrere Schlüsselfiguren erklärten zudem, man nehme aus dem Ausland kein Geld mehr an.
Ende Mai wurde publik, dass ausländische Online-Casinos auch die Abstimmungskampagne finanziert haben – Jackpot-Demokratie. Wie hoch die Spende war, wollen die Jungpolitiker aber bis heute nicht sagen. Das schöne Wort «Transparenz» verschwand flugs im dunklen Keller. Wer die «Arena» vom 25. Mai jetzt schaut, ist erschüttert, wie in dieser Sendung gelogen wird! (Die entscheidende Sequenz beginnt ab Minute 42, rund um den «Prüfstand».)
Laut groben Schätzungen hatte das bürgerlichen Nein-Komitee zwischen einer und zwei Millionen Franken zur Verfügung. Die Ja-Allianz wiederum konnte drei Millionen in die Abstimmungskampagne investieren. Diese Summe machten die Befürworter schon vor langer Zeit öffentlich. Das Geld stammte je zur Hälfte von den Schweizer Casinos und der Sport-Toto-Gesellschaft. Diese finanzierte ihren Anteil übrigens mit Erträgen aus Immobilien. jf-Präsident Andri Silberschmidt sagte am Abstimmungssonntag in jedes Mikrofon, die Befürworter hätten nie Transparenz hergestellt. Das nennt man lügen.
Fazit: Zum ersten Mal in der langen Geschichte der Schweizer Demokratie wurde versucht, ein Referendum und eine Abstimmung mit viel Geld aus dem Ausland zu kaufen. Es handelt sich um Firmen, die von Steueroasen wie Malta oder Gibraltar aus operieren, in der Schweiz keine Steuern bezahlen und sich um nationale Gesetze foutieren. Diese Einmischung finde ich ungeheuerlich.
So, jetzt dürfen Sie mich einen «digitalen Analphabeten» schelten. Über «Netzsperren» und dergleichen mag ich hier aber nicht diskutieren, sorry. Dieses Thema drehte zwei Monate lang in einer Endlos-Schleife – unflätig und mit viel Lärm!
Die Tatsache, dass Sie weder Junge Grüne noch Juso erwähnen, zeigt, dass das Komitee auf das Geld angewiesen war. Wie hätte man sich gegen die 3-Millionen-Kampagne überhaupt Gehör verschaffen können?
Die Jungen Grünen spielten korrekt, waren aber ausser der Arena nicht sichtbar. #justSaying
‘@Marco
Ich verstehe nicht ganz, wohin Ihr Kommentar zielt.
Im Posting sind die linken Jungparteien sehr wohl erwähnt. Zugleich weise ich mehrfach darauf hin, dass die drei bürgerlichen Jungparteien jf (also die Jungfreisinnigen), JSVP und JGLP Geld aus dem Ausland erhielten.
Zum Faktor Geld: Natürlich ist er nicht trivial, aber auch nicht matchentscheidend. Es gibt einige Beispiele, die eindrücklich aufzeigen, wie man mit einem kleinen Budget gewinnt. Ihre Partei, die Grünen, sind ein gutes Beispiel dafür: Bei den eidgenössischen Wahlen 2003 legten sie um 2,4 Prozentpunkte zu – mit einem Budget von 50’000 Franken. Auch bei der Abzockerinitiative von Thomas Minder und Claudio Kuster war es ein Kampf zwischen David und Goliath (die vereinigte Wirtschaft). Der Ausgang ist bekannt.
Ich stimme Ihnen zu, dass die Jungen Grünen korrekt spielten. Ausnahme ist die erwähnte SRF-«Arena» vom 25. Mai mit Luzian Franzini. Dort behauptete er, Dänemark habe «zwei oder drei Zugangssperren» verhängt. Fakt ist, dass allein im letzten Winter 24 Zugangssperren durchgesetzt wurden. Dänemark wurde im Kreis der Geldspielgesetz-Gegner während Monaten als Musterbeispiel gelobt, krachte dann aber zusammen, als die für Ihre Seite ungünstigen Aspekte bekannt wurden.