Kantonsratswahlen Zürich: Image ist der zentrale Erfolgsfaktor für die Grünliberalen
Publiziert am 03. April 2011Der Siegeszug der Grünliberalen geht weiter. Im Kanton Zürich haben sie ihren Wähleranteil heute verdoppelt und nicht weniger als 9 Sitze gewonnen. Eine nähere Betrachtung drängt sich deshalb auf.
Das Label “grünliberal” leuchtet weiterhin frisch und kräftig. Die Wählerinnen und Wählern wollen unverbrauchte Köpfe. Dass diese vielfach kaum bekannt sind, spielt dabei offenbar keine Rolle. Das Image ist ein zentraler Faktor für den Wahlerfolg geworden.
Die Partei von Nationalrat Martin Bäumle (Bild) holte vor vier Jahren ihre Stimmen vor allem bei der SP, die damals regelrecht absackte (minus 7,2 Prozentpunkte). Dieses Mal dürften die Grünliberalen bei der FDP sowie den Werteparteien CVP und EVP gegrast haben. Ein Teil der GLP-Wählerschaft ist parteiungebunden bzw. hat erst mit der GLP eine politische Heimat gefunden; erst die Wählerstromanalyse wird präzise Aufschlüsse ermöglichen.
Die GLP fand zum Einen eine Nische, zum Anderen wirkt sie auf Supporter der moderaten bürgerlichen Parteien wie ein Magnet. GLP-Wähler sind liberal und wirtschaftsfreundlich, aber zugleich dezidiert ökologisch und gegen Atomkraft, eine Position, die sich auf der traditionellen Links-Rechts-Achse nicht verorten lässt. Möglicherweise macht das ein Teil des elektoralen Erfolgs aus, weil viele Leute das dogmatische Blockdenken und -handeln der etablierten Parteien als überholt empfinden.
Ein genauerer Blick auf die Kandidierenden und Gewählten bringt zutage, dass die GLP offensichtlich vor allem jüngere und gut ausgebildete Leute anzieht. Die Berufsgattungen sind kunterbunt gemischt, von der Rechtsanwältin bis zum Physiker, vom Ökonomen bis zur Pflegefachfrau. Gerade das Alter könnte einer der Trümpfe der GLP werden. Alle etablierten Parteien kämpfen nämlich gegen die Überalterung, alle haben die letzten 15 Jahre mindestens einen Viertel ihrer Mitglieder verloren.
Mark Balsiger
Medienspiegel:
– Hintergrund zu den Grünliberalen aus der “NZZ am Sonntag” von heute: Grünes Wunder (3. April 2011)
– Ergänzend: “Grüne und Grünliberale gehören zusammen” (Interview mit dem Berner Regierungsrat Bernhard Pulver, 2. April; Newsnetz und Bund/BZ Print)
Foto Martin Bäumle: zh.grunliberale.ch
ich schätze die seit einiger zeit stets aktuellen und seit immer unaufgeregten politanalysen hier sehr. merci.
[…] anderer Blogger zum Wahlausgang: Mark Balsiger Wahlkampfblog, Claude Longchamp Zoon Politicon, Raffael Fischer, CVP […]
Wie ich letzte Woche in meinem Blog notiert habe, glaube ich nicht daran, dass es den Ort der GLP auf der politischen Landschaft überhaupt gibt.
Wirtschaftsfreundlich und ökologisch zu sein ist ein paradoxes Versprechen; die GLP wird sich über kurz oder lang für ihre wirtschaftsfreundliche-liberale oder für ihre ökologische-grüne Seite entscheiden müssen, wenn sie längerfristig politisch aktiv ist. Man findet schnell wichtige Dossiers, bei denen der Spagat schlicht nicht zu bewältigen ist und »das dogmatische Blockdenken« m.E. nicht eine politische Haltung ist, sondern von der Sache gefordert wird.
Meiner Meinung gibt es jenseits von rechtsnational und linksgrün nur noch Platz für eine dezidiert liberale Politik oder aber für eine von religiösen Werten ausgehende.
‘@ bugsierer
Herzlichen Dank für dieses Lob, das mich im Wissen darum freut, weil der Busgsierer überall unterwegs, mithin ein Vielleser ist.
@ Philippe Wampfler
Ich bin kein Fürsprecher der Grünliberalen. Nüchtern stelle ich aber fest, dass es sehr wohl möglich ist, wirtschaftsfreundlich und gleichzeitig ökologisch zu politisieren. Gerade die erste Volksinitiative der GLP lässt anklingen, wie es geht kann:
http://www.grunliberale.ch/esm.htm
Parteien, die es nicht (mehr) schaffen, sich komplett zu erneuern, dürften in den nächsten 20 Jahren verschwinden. Wer es nicht schafft, wird von neuen Kräften abgelöst.
Die GLP ist gut unterwegs. Allerdings braucht es 20 Jahre, bis sich eine neue Partei etabliert hat – the road is long.