Luzerner SP zittert um ihren Regierungssitz

Publiziert am 29. März 2015

Keine Überraschung bei den Regierungsratswahlen im Kanton Luzern: Die Bisherigen der ehemaligen Kulturkampfparteien CVP und FDP wurden komfortabel wieder gewählt, alle anderen Kandidierenden scheiterten am absoluten Mehr. Der Kampf um die Plätze 4 und 5 entscheidet sich im zweiten Wahlgang am 10. Mai. Voraussichtlich wird er von einem Trio ausgefochten.

LU_RR_Zieleinlauf_2015_03_28_zentralplus_580_get_img Beim zweiten Wahlgang gilt das relative Mehr, das heisst am 10. Mai sind die beiden bestklassierten Kandidierenden automatisch gewählt. Die Ausgangslage ist offen. Die drei möglichen Szenarien:

a) Status Quo:
Der Bisherige Marcel Schwerzmann (parteilos, aber FDP-nahe) sowie Felicitas Zopfi (sp) werden gewählt, Paul Winiker (svp) hat das Nachsehen. Für dieses Szenario spricht die Statistik: mehr als 90 Prozent aller Regierungsräte in der Schweiz werden wieder gewählt. Zudem ist es Standard, wenn ein frei werdender Sitz wieder von derselben Partei (in diesem Fall von der SP) besetzt wird.

b) SP raus, SVP rein:
Der Kanton Luzern ist durch und durch bürgerlich geprägt. Verständigen sich die drei bürgerlichen Parteien CVP, FDP und SVP zu einem Schulterschluss, komplettiert der Krienser Gemeindepräsident Paul Winiker (svp) die Regierung. Für dieses Szenario spricht, dass die Wirtschaftsverbände schon im Vorfeld eine rein bürgerliche Regierung, also ohne SP, propagierten. Ein solcher Schulterschluss bei den kantonalen Wahlen im Baselbiet von Anfang Februar erfolgreich.

c) Der Parteilose raus, die SVP rein:
Vor acht Jahren schaffte der parteilose Marcel Schwerzmann in einem turbulenten zweiten Wahlgang den Sprung in die Regierung. Er setzte sich gegen Peter Unternährer, der von der SVP für den bisherigen Regierungsrat Daniel Bühlmann (Schwerzmanns ehemaliger Vorgesetzter) ins Rennen geschickt wurde, durch.

In mittelgrossen und grossen Kantonen sind parteilose Regierungsräte eine Rarität. (Von 1999 bis 2008 gab es im Aargau mit Kurt Wernli einen Parteilosen in der Regierung; allerdings war der langjährige SPler wegen seiner wilden Kandidatur gegen die offizielle SP-Kandidatin ausgeschlossen worden.) Ihnen fehlt eine Fraktion, mit der sie sich austauschen können, und damit ein Resonanzkörper. Kommen die Luzerner Parteispitzen zum Schluss, dass alle grossen politischen Kräfte in der Regierung vertreten sein sollten, würden der als gemässigt geltende Winiker und Zopfi das Rennen machen, Schwerzmann hingegen ausscheiden.

Fazit: Die SP muss um ihre Regierungsbeteiligung, die sie seit 1959 innehat, zittern. Das Schicksal ihrer Kandidatin liegt in den Händen der CVP- und FDP-Wähler. Bislang hat sie nicht zustande gebracht, was die bisherige SP-Regierungsrätin Yvonne Schärli konnte: bis in die politische Mitte ausstrahlen. Als eigentliche Schiedsrichterin fungiert die CVP, die einen Wähleranteil von 30 Prozent hat. Sie entscheidet, ob die Luzerner Regierung in den kommenden vier Jahren ein rein bürgerliches und rein männliches Gremium wird. Der ehemalige Parteipräsident Martin Schwegler spricht sich in seinem Blog für eine Vertretung mit SVP und SP aus.

Mark Balsiger

Grafik: zentralplus


P.S.
Was das neue Luzerner Parlament
in jedem Fall korrgieren sollte, ist der Wildwuchs mit vorgedruckten Listen (siehe Foto unten). Es grenzt an eine Veräppelung des Wahlvolkes, dass wegen acht Kandidierende nicht weniger als 15 verschiedene Listen verteilt wurden. Andere Kantone haben diesen Unfug längst gestoppt. Demokratiepolitisch korrekt wäre ein Blankoliste mit fünf Zeilen, die handschriftlich auszufüllen sind.

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