Pellis Pirouette, Merz’ Konterchance
Publiziert am 12. Juli 2010Mit seiner Rücktrittsankündigung vom letzten Freitag narrte Bundesrat Moritz Leuenberger (sp) Freund und Feind. Er erwischte selbst FDP-Präsident Fulvio Pelli (Foto), ein mit allen Wassern gewaschener Stratege, auf dem linken Fuss. Am Freitag sagte Pelli noch, ein Doppelrücktritt Leuenberger/Merz sei “eine Überlegung wert”. In der Sonntagspresse war er wieder bei der altbekannten Sprachregelung angelangt, lies: “Herr Merz muss bis Ende Legislatur [d.h. bis Ende Dezember 2011, Red.] im Bundesrat bleiben.” (Quelle: “Sonntag”)
Soweit die Pirouette von Fulvio Pelli. Das mediale Interesse liegt inzwischen bei Hans-Rudolf Merz (fdp). Er macht derzeit Urlaub und liess sich noch nicht vernehmen. Wenn die Geschichte stimmt, die die “NZZ am Sonntag” kolportierte, ist Merz’ Handlungsspielraum vordergründig sehr beschränkt. Offenbar unterhielten sich Leuenberger und Merz darüber, gemeinsam abzutreten. Diese Option ist nach Leuenbergers Vorpreschen Makulatur.
Allerdings könnte Hans-Rudolf Merz (Foto) seinem Bundesratskollegen und der SP ein Schnippchen schlagen: Indem er in den nächsten Wochen seinen Rücktritt auf Herbst bekannt gäbe. Die Ersatzwahl fände am 22. September statt. Bis dann stünden vor allem die möglichen Nachfolgerinnen und Nachfolger von Merz im Scheinwerferlicht. Für den schwer angeschlagenen Appenzeller wäre das die Chance für einen Konter. Je länger er zuwartet, desto mehr gerät er unter Druck – von den Medien und den Leuten aus der eigenen Partei. Ständerätin Christine Egerszegi machte heute bereits den Anfang.
Träte Merz erst auf Ende 2011 zurück, würde er für den von einigen Auguren prophezeiten FDP-Verlust bei den eidgenössischen Wahlen 2011 mitverantwortlich gemacht. Damit hätte die FDP dann seit 1983 acht Mal nacheinander Wähleranteile verloren.
Merz und seine Partei könnten sich aber auch auf einen Rücktritt per Ende Dezember verständigen. Bei einer Doppelvakanz Leuenberger/Merz brennt bei nüchterner Betrachtung nämlich nichts an. Die Attacken anderer Parteien, etwa der Grünen oder der SVP, könnten ohne grosse Probleme pariert werden. Wer anderes behauptet, verkennt die Kräfteverhältnisse im Parlament, verfolgt taktische Spiele oder will die Spannung künstlich erhöhen.
Fotos:
– Fulvio Pelli: nagra.ch
– Hans-Rudolf Merz: keystone
Zwischenstand gemäss NZZ Online von heute Mittwoch: Die FDP-Spitze bleibt bei ihrer Sprachregelung: Herr Merz ist bis Ende 2011 gewählt.» Wann er zurücktritt, ist deshalb seine Entscheidung.
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