Roger Köppel: Draussen vor der “Arena”- Tür, und das Sägemehl stäubt
Publiziert am 18. September 2009Die heutige “Arena” beim Schweizer Fernsehen findet also ohne Roger Köppel (Bild), Chefredaktor und Verleger der “Weltwoche”, statt. Das reicht offensichtlich aus, um mächtig Sägemehl aufzuwirbeln. Da fällt der Begriff Pressezensur und Vergleiche mit Nordkorea oder Kuba werden bemüht.
Zugegeben: Zuerst jemanden in die Sendung einzuladen, dann aber wieder auszuladen, ist nicht die feine Art. Allerdings war die Einladung erst provisorisch. Und wenn dieser provisorisch Eingeladene Roger Köppel heisst, der die FDP seit Jahren systematisch schlecht und lächerlich macht, sollte man nicht überrascht sein, wenn der Generalsekretär ebendieser FDP entscheidet: Nein, unser frisch gebackene Bundesrat Didier Burkhalter muss in seiner ersten “Arena” nicht auf Köppel treffen.
Die Argumentation von FDP-Generalsekretär Stefan Brupbacher ist klar und schlüssig: “Herr Köppel ist kein Experte, sondern ein Opponent […].” Er setzte Druck auf: Bundesrat Burkhalter ohne Köppel, so lautete sein Angebot. Im Wissen darum, dass die “Arena”-Redaktion einlenken wird.
Köppels Reaktion führt uns einmal mehr vor Augen: dieser Mann ist verletzt, er gefällt sich in der Rolle des grossen Aufklärers und Denkers und kriegt trotzdem stets zu wenig Streicheleinheiten und Anerkennung. Also braucht es noch mehr Gift, noch mehr Zynismus, noch mehr Überheblichkeit.
Der “Weltwoche”-Chef – belesen, gescheit und scharfzüngig – ist praktisch Stammgast in der “Arena”, er ist regelmässig im “Club” und anderswo. Von ihm weiss man, was man hat. Ausgerechnet heute Abend einmal etwas Neues von ihm zu erwarten, wäre vermessen. Vor diesem Hintergrund wird die Sendung ohne ihn ebenso gut oder vielleicht auch ebenso schlecht über die Bühne gehen.
Die “Arena”-Redaktion darf im stillen Kämmerlein einmal über die Bücher: Sie sollte die Kartei der Medienleute bzw. Experten erweitern. Immer wieder Köppel, immer wieder Schawinski, immer wieder Rothenbühler. Das ist ähnlich einfallslos, wie Köppel auf der FDP herumtrampelt.
Mark Balsiger
Nachtrag vom Samstag, 19. September, 17 Uhr: Blogger Ronnie Grob findet, dass die “Arena”-Redaktion zu leicht beeinflussbar ist. Sein Posting finden Sie hier:
http://blog.ronniegrob.com/2009/09/19/leicht-zu-beeinflussen-marianne-gilgen/
Foto Roger Köppel: keystone
Vielleicht liegt das Problem – oder zumindest ein Aspekt des Ganzen – tiefer. TV-Medien haben kein Interesse an Tiefgründigem, an neuer Sachlichkeit oder ellenlangen Analysen unter Beachtung sämtlicher Puzzleteile.
Das TV und die Zuschauer SOLCHER Sendungen wollen Schlagwörter, 10-Sekunden-Statements und den rhetorischen Schlagabtausch – also die Köppels und Schawinskis dieser Welt.
Eigentlich böte sich hier aber auch ein Raum. Ein Raum für Tiefgründiges, Einordnendes eben. Dieser liesse sich nutzen – tut es niemand oder habe ich bislang einfach am falschen Ort gesucht?
Da stellt man sich dann doch die Frage, wozu man in der Arena eine “Diskussion” veranstaltet: Zur Beweihräucherung des neuen Bundesrats oder als Werbeveranstaltung für die FDP?
Eine echte Diskussion setzt voraus, dass andere Meinungen Eingang finden. Aber vermutlich ist Herr Köppel zu intelligent und hat zu gute Argumente, als dass die FDP oder der neue Bundesrat eine Chance hätten.
Deshalb greift man dann zur Pressezensur und verrät kurzerhand die Grundwerte des Staates, den die FDP früher noch so entscheidend geprägt hat. Vermutlich ist es diese Feigheit gekoppelt mit der herrschenden Schilfrohrmentalität und der Anbiederung an die Mainstream-Journalisten, die zum Untergang der ehemals liberalen Partei beigetragen hat.
Niemand ist zu intelligent oder hat zu gute Argumente. Es wird damit nur die Wäsche gewaschen, mit der die Medien bei uns Politik machen müssen…
Im Netznetz hat Roger Köppel höchstpersönlich reagiert. Er tut dies, weil die Kommentare zur Kontroverse um ihn bzw. seine “Arena”-Absage nicht abreissen wollen. Sein Kommentar:
“Ich möchte meine Kritiker unter den hier Kommentierenden herzlich einladen, mir direkt Feedback zu geben, was Sie stört/irritiert und was ich an meinen Auftritten oder in der Weltwoche besser machen könnte: Emails bitte an roger.koeppel@weltwoche.ch – Bitte zögern Sie nicht, auch sehr direkte Kritik unverblümt an mich zu richten. Herzlichen Dank, Roger Köppel”
(Anm. der Newsnetz-Redaktion: Es handelt sich hierbei um den echten Roger Köppel)
Warum bringt man denn Burkhalter so schnell nach der Wahl in eine “Arena” – dieser hübsche und gut gekleidete Mann gehört doch zuerst in die Sendung “Glanz & Gloria” !
Die Einladung von Roger Köppel, ihn direkt und per Mail zu kritisieren, ist raffiniert: weil er die Kritik gar nicht zu fürchten braucht.
Nicht, weil er die besseren Argumente hätte. Argumente sind nur so gut, wie die zu Grunde liegenden Fakten. Der Rest ist ideologische Anschauung und also ungefährlich, da man sich im äussersten Falle wegen „unterschiedliche Standpunkte“ aus der Diskussion verabschieden kann wie weiland die katholische Kirche mittels der Dogmatik.
Aber es geht gar nicht um Argumente. Es geht um die Fähigkeit, den politischen Gegner mit 10-Sekunden-Statements in die Enge zu treiben. Es geht also um die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte so zuzuspitzen, dass daraus eine Botschaft entsteht, die je nach Gusto den Gegner sublim attackiert, ihn blosstellt oder einfach im Regen stehen lässt.
Dies sind in unserer Gesellschaft zweifelsohne Fähigkeiten, mit denen man es als Dauergast in alle möglichen und unmöglichen TV-Shows schafft. Fähigkeiten – aber eben keine Argumente. Roger Köppel ist für das Politainment, was Michelle Hunziker fürs Showbusiness: Quotenbringer, basta!
Ich halte Roger Köppel für einen der cleversten Köpfe in der Schweiz. Einige scheinen ihm nicht gewachsen zu sein.
Die “Weltwoche” gehört nicht zum Einheitsbrei der Presselandschaft. Bravo, weiter so. Es fehlt nicht mehr viel, und wir haben Zustände wie in Italien.
Freue mich jeden Donnerstag auf die neue Ausgabe der “Weltwoche”.
Köppel soll schweigen als SVP-Hofnarr. Seine dumme Sprüche brauchen wir nicht.
Die Kontroverse wird heute Samstag im Newsnetz weiter geschrieben, hier:
http://bit.ly/lXpAG
‘@ bisherige (und künftige) Kommentatoren:
Ich redigierte eben die bisherigen Kommentare zu diesem Posting: Tippfehler, Interpunktion usw.
In einem Fall löschte ich einen Satz. Es verletzt den Anstand, wenn jemand Roger Köppel ein “dämliches Bleichgesicht” nennt. Das entspricht nicht dem Niveau dieses Blogs, und ich werde solche Sätze oder Kommentare sofort und konsequent löschen.
In Vorbereitung ist, dass die Hürden für das Kommentieren hier erhöht werden. Das unbedachte Bashing findet in vielen Foren und Blogs statt. Es schadet der Reputation dieser jungen Medien enorm, und das ist schade.
Wer Aggressionen abbauen will, sollte sich einen Sandsack und Boxhandschuhe besorgen.
Aha! Herrn Brupachers Argumentation ist also schlüssig. Und ich dachte, dass es für eine wirkliche Diskussion auch Opponenten braucht, ich Dummerle. Für Herrn Brupacher und Herrn Balsiger offensichtlich nicht. Die haben’s lieber so richtig harmonisch. Selbstverständlich sind alle anderen “Experten” in der Arena von einer überbordenden Lauterkeit, nie einseitig. Zumindest diejenigen, denen Herr Brupacher und der Herr Balsiger den Gang vor die Kamera erlauben will. Dass der Herr Balsiger dann noch die ewige superneutrale, nie opponierende “Expertin” Stampfli zu erwähnen vergisst, die er auf seinem eigenen Blog verlinkt hat, rundet das Bild zusätzlich ab. Wer jetzt da wirklich verletzt ist, ob’s der einmal Ausgeladene oder der nie Eingeladene ist, ist da wohl die Frage.
Die “Weltwoche” bleibt in ihrem Online-Auftritt am Ball:
http://bit.ly/113bhl
[…] gestrigen «Arena» warf schon ihre Schatten voraus: Rogel Köppel, Chefredaktor und Herausgeber der «Weltwoche» wurde nach einer provisorischen […]
Das eigentliche Problem liegt nach meiner Auffassung in der medialen Konzentration der letzten Jahre beziehungsweise Jahrzehnte.
Nur noch einige wenige Medien oder TV-Formate portieren die Meinungen von Krethi und Plethi in die Welt – oder auch nur die Schweiz – hinaus. Die Rechnung dafür bezahlen wir heute.
Und die Politiker sehen erst dann eine «Medienkrise», wenn sie entweder nicht mehr in eine «Arena» eingeladen werden oder es diese nicht mehr gibt.
Für mich ist deshalb diese Konzentration der eigentliche Skandal und nicht die Verweigerung seitens FDP (das ist ihr gutes Recht) oder der offensichtlich beleidigte Roger Köppel.
Ich habe es übrigens nicht einmal zu einer provisorischen Einladung geschafft und das nötige Kleingeld für einen TV-Spot unmittelbar vor der Arena bringe ich auch nicht auf.
Oder anders gesagt: Es gäbe noch zig andere, die eine Meinung haben und über keine Möglichkeit verfügen, diese in einem solchen massenmedialen Format zu äussern. Roger Köppel ist nur einer davon.
Er, der trotz finanziellen Problemen auch deshalb von der Medienkonzentration profitiert, weil er dem medialen Einheitsbrei trotzt, wird sich in der nächsten Weltwoche-Ausgabe süffisant zu wehren wissen. Alle anderen Nichteingeladenen habe diese Möglichkeit nicht…
‘@ Max
Ich gehe davon aus, dass Sie mit der “Expertin Stampfli” eigentlich Regula Stämpfli meinen.
Regula Stämpfli wie Roger Köppel profilieren sich seit vielen Jahren mit pointierten Aussagen, beide sind unbequem, und das ist gut so. Ich monierte in meinem Posting, dass Roger Köppel zu oft in der “Arena” auftreten darf, zumal seine Überzeugungen und Positionen etwa so bekannt sind wie Commisario Brunettis Charaktereigenschaften nach 17 Donna-Leon-Romanen.
Mich provozierte der Vergleich mit Nordkorea und Kuba. Das ist derart abgelutscht, dass es dem “Souffleur des intelligenten Tischgesprächs” nicht zur Ehre gereicht. Viel eher erinnert der Vergleich an eine Stammtischrunde, die alten Quark breitschlägt.
Der Fall Köppel/”Arena” schien in verschiedenen etablierten Medien auf, er wird in Foren und Blogs diskutiert. Köppel hat clever reagiert, indem er flugs einen Werbespot vor der “Arena” platzieren liess. (“Was ich heute in der Arena nicht sagen darf, lesen Sie in der nächsten Weltwoche. Herzlich, Ihr Roger Köppel.”) Ein cleverer Zug. In Nordkorea oder Kuba wäre dieser Spot vermutlich nicht gesendet worden…
Die Durchsicht der Sonntagspresse brachte eben zutage, dass drei Blätter den Fall Köppel/”Arena” thematisieren. Die “Weltwoche” wird ja nächste Woche weiter darauf eingehen – und da wagt noch jemand “Zensur!” zu rufen?
Schliesslich zu Ihrer Interpretation, geschätzter Max. Sie trifft nicht zu: Ich wurde in den letzten Jahren ein paar Mal als Experte in die “Arena” eingeladen. Darauf bilde ich mir nichts ein, er war spannend und zeitlich aufwändig.
Abschliessend: Wer giftig kommentiert, sollte sich nach meiner Überzeugung nicht hinter einem Pseudonym verstecken, sondern mit seinem bürgerlichen Vor- und Nachnamen hinstehen. Das braucht Mut, erhöht aber die Glaubwürdigkeit.
der blogtitel sagt es ja deutlich: “wahlkampfblog” und all zuviele politikerinnen und medienschaffende sind eben immer im wahlkampf, deshalb würde es der arena und der politik nicht schaden, mehr personen einzuladen die nicht nur die gegner nieder ringen wollen, sondern die ernsthaft diskutieren wollen. dafür muss man aber dem gegenüber zuhören.
eine gute politsendung ist für uns, wenn wir neue ideen und fakten erfahren und nicht die wer jetzt wen nach punkten geschlagen hat.
[…] Wahlkampfblog: «Roger Köppel: Draussen vor der ‘Arena’-Tür und das Sägemehl staubt» […]