Roland Nef wird ausgezählt
Publiziert am 21. Juli 2008Der Vergleich zum Boxen scheint mir angebracht: Roland Nef, der Chef der Armee wird ausgezählt. Medienschaffende und andere Auguren gehen davon aus, dass er abtreten wird. Die Frage ist, ob er freiwillig seine Demission einreicht oder gedrängt werden muss.
Bundesrat Samuel Schmid hat schon am Sonntag auf heute eine Medienorientierung in Aussicht gestellt, der Zeitpunkt ist allerdings weiterhin offen. Das nährt die Spekulationen weiter, hier im Bundeshaus-Perimeter ist die Nervosität spürbar.
Dieser Fall sei ein “kommunikativer Super-GAU”. So drückte sich Beatrice Tschanz, einstige Kommunikationschefin der Swissair, schon letzte Woche aus. Sie erlangte 1998 beim Absturz einer Swissair-Maschine vor Halifax (Kananda) grosses Ansehen, weil sie diese grösste Krise der Fluggesellschaft bravourös meisterte.
Krisenkommunikation kann man auf eine einfache und gleichsam eingängige Formel eindampfen. Sie lautet: S-O-S.
Die Kommunikation in der Krise muss
– schnell
– offen
– sachlich
ablaufen. Dass es sich hier um eine Krise handelt, dürfte spätestens jetzt klar sein. Auch ich glaubte anfänglich an ein Sommertheater.
Der Termin steht nun fest. Der Tagi schreibt, dass Schmid um 16.30 Uhr informieren will.
Nix ausgezählt. Nur mal vorübergehend beurlaubt. Ein überaus mutiger Führungsentscheid ganz nach schmidscher Manier…
Ich fand den Speech nicht übel. Man mag das als Führungsschwäche sehen – aber alle haben “Härteres” erwartet und sind nun womöglich enttäuscht. Das wäre nicht ganz fair.
Schmid hat Fehler zugegeben. Das ist gut. Schmid gibt Nef eine letzte Chance und lässt durchblicken, dass er sich auch nicht mehr ganz so sicher ist – kann man imho machen, wenn dahinter nicht nur die Verzögerungstaktik steckt, die Abgangsformalitäten in Ruhe zu regeln und allen möglichst ruhige Ferien zu gönnen. In den kommenden vier Wochen sind somit weiterhin Spekulationen Tür und Tor geöffnet – das ist nicht gut.
Nicht ganz aufgehen will mir auch die “Umkerung des Rechtsstaates” nicht: Nef muss seine Unschuld beweisen. Auch wenn das unüblich ist: Es ist im Interesse des Volkes, dass der Armeechef kein übler Stalker ist. Doch wie soll er das bitte tun, wenn nicht alle involvierten Parteien ihr Einverständnis dazu geben, dass alles auf den Tisch kommt? Kann sich jemand vorstellen, dass seine Ex-Freundin einwilligt und öffentlich zu Protokoll gibt, die Auszüge aus dem Polizeiprotokoll seien entweder gefälscht oder sie habe das damals “nicht so gemeint”?
Faktisch kann Nef also fast nur demissionieren. Das Vertrauen ist zudem zu zerrüttet.
Krisenkommunikation ist Chefsache!
Daraus folgt:
1. Nach auftauchen der Vorwürfe gegen Nef hätte Schmid seinem Armeechef unverzüglich ein Redeverbot erteilen müssen. (Damit hätte er Nef aus der Schusslinie gezogen)
2. Er (Schmid) höchstselbst hätte den Medien gegenüber Red und Antwort stehen sollen.
3. Er hätte dann das Heft in der Hand gehabt und selber entscheiden können was er sagt und was nicht. Dabei hätte auf Detailfragen zum eingestellten Verfahren gegen Nef keine Auskunft geben dürfen. Er hätte sich dabei auf das Amtsgeheimnis berufen können.
Zum Verfahren gegen Nef:
1. Es wurde eingestellt.
2. Dies ist gemäss StGB Art 53 nur möglich, wenn eine Strafverfolgung von “geringem” Interesse der Öffentlichkeit bzw. der geschädigten Person ist.
3. Daraus folgt, dass es sich beim möglichen Vergehen um ein Pipifatz-Vergehen gehandelt hat.
4. Raymond Cron, sitz trotz Verurteilung wegen “Urkundenfälschung” und “ungetreuer Amtsführung” noch auf dem Chefposten des Bundesamts für Zivilluftfahrt (BAZL).
Ist das noch logisch???
[…] Rechtshändel – alles müsse auf den Tisch, sage ich jeweils mit einem Verweis auf den Fall Nef, der auch zu einem Fall Schmid […]