Samuel Schmid bricht sein langes Schweigen

Publiziert am 18. Juli 2008

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Samuel Schmid hat seinen Urlaub vorzeitig abgebrochen. Gestern war er wieder im Bundeshaus, heute um 15 Uhr stellte er sich kurzfristig den Medien. Geduldig nahm er sich den Fragen an, zwei- oder dreimal verlor er kurz den Faden. Sein Auftritt war aber insgesamt solid. Er machte klar, dass er “voll und ganz” hinter Armeechef Roland Nef stehe.

Viele Fragen kreisten um den Umstand, dass Schmid vor Jahresfrist den Gesamtbundesrat nicht über die damals noch laufende Strafuntersuchung gegen Nef informiert hatte. Dahinter sei “keine Absicht gewesen, den Bundesrat hinters Licht zu führen”, erklärte der VBS-Vorsteher. “Die Strafuntersuchung war ein kalkulierbares Risiko.”

Im Verlauf dieser Medienkonferenz hat sich bei mir der Eindruck verstärkt, dass es sehr schwierig ist, die Abläufe von Verfahren zu verstehen. Das ist eine echte Herausforderung, gerade für Nicht-Juristen. Dass Schmid den Inhalt der Strafuntersuchung gegen Nef nicht kennt, nicht kennen will, überrascht. Er begründete das mit dem Respekt vor der Privatsphäre Nefs.

Ob er, Bundesrat Schmid, noch handlungsfähig sei, frage einer der Journalisten. Schmid fragte zurück: “Welche Bundesräte sind aus ihrer Sicht handlungsfähig – ich höre?” Der überrumpelte Journalist gab zur Antwort: Doris Leuthard. “Dann wären also sechs Bundesräte nicht mehr handlungsfähig”, konstatierte Schmid. Erheiterung im Saal. Womöglich hatte da einer nicht gemerkt, wie ihm die Hosen heruntergezogen wurden.

Mit diesem Auftritt Schmids ist der Wind nicht aus den Segeln, aber der grösste Sturm dürfte vorüber sein. An der ersten Bundesratssitzung nach den Sommerferien am 20. August wird dieser Fall traktandiert. Bei der Sicherheitspolitischen Kommission (SiK) bereits zwei Tage vorher. Dass der Gesamtbundesrat Schmids Handeln öffentlich kritisieren wird, können wir ausschliessen. Ausser der SVP hat keine Partei ein Interesse daran, dass Schmids Position weiter geschwächt wird oder sogar sein Kopf rollt.

Samuel Schmid hätte sich bereits am Montag den Fragen der Medien stellen müssen. So wäre der Sturm gar nicht erst aufgekommen. Weiter hätte er ein starkes Zeichen gesetzt, wenn er gemeinsam mit Roland Nef aufgetreten wäre. Gestern wäre die Gelegenheit dazu da gewesen.

Interessant ist, dass er sich hinter seinen Armeechef stellt. Genauso ist diese Aussage auch zu verstehen. Schmid schob Roland Nef in den Vordergrund, sein eigenes Wirken hingegen versuchte er zu dethematisieren.

Schmid hat mit seinem heutigen Auftritt nicht an Statur gewonnen. Er stünde besser da, wenn er sein langes Schweigen als Fehler bezeichnet hätte. Er hätte auch bekennen können, dass das Auswahlprozedere angesicht der Strafuntersuchung aus heutiger Sicht nicht optimal gewesen war. Damit hätte er gepunktet, Ehrlichkeit wird belohnt.

Schmid verzichtete aber auf Selbstkritik, stattdessen kritisierte er die Medien. Diese wiederum verbissen sich in die Geschichte, weil die beiden Schlüsselakteure zu lange auf Tauchstation gingen. Und weil die Ernennung Nefs Samuel Schmid nicht als umsichtigen VBS-Vorsteher erscheinen lässt.

Das letzte Kapitel dieser Story ist noch lange nicht geschrieben. Die Skandalisierungsspirale dreht sich weiter. Wir dürfen mit neuen Enthüllungen und “Enthüllungen” zur Causa Nef rechnen. Das nächste Mal am Sonntag.

Foto Samuel Schmid: Reuters

15 Replies to “Samuel Schmid bricht sein langes Schweigen”

  1. Was ich bei der ganzen Story – und generell in unserer Gesellschaft – nicht verstehe: Wieso das lange Schweigen? Wieso das Informieren in kleinen Tröpfchen? Zumal vor allem Männer unter dieser Krankheit leiden: Liegts an der Prostata oder was?

    Ist ja nicht das erste Mal, dass wir so etwas erleben. Und die Politik ist nicht das erste Feld, in dem wir diesem seltsamen Gebahren begegnen. Einmal abgesehen davon, wer welche wie-auch-immer-verwerflichen Taten genau begangen hat und wie sehr ihn das als Armeechef untragbar macht oder auch nicht: Wieso zum Henker kann man nicht hinstehen, “seinen Mann stehen” wörtlich nehmen – von mir aus, wie Mark Balsiger schreibt, zusammen mit Schmid – und sinngemäss sagen:

    “Leute, ich habe Scheisse gebaut, und zwar Folgendes… ((möglichst detaillierte Aufzählung, ohne Persönlichkeitsrechte anderer zu verletzen)) – Ihr habt auch alle schon mal schwierige Beziehungsenden erlebt. Da tut man manchmal sehr dumme Dinge, die man Wochen später mehr als bereut. Ich war damals nicht ganz Herr meiner selbst. Das tut mir leid, und auch wenn Geld keine Wut oder Trauer aus der Welt schafft, habe ich meiner Ex einen Batzen überwiesen – aus meiner Sicht kein Schweigegeld. Vielleicht wäre es klüger gewesen, alles auf den Tisch zu legen, als ich als Armeechef vorgeschlagen wurde, aber im Nachhinein ist man immer klüger; hier stehen wir heute eben vor Ihnen und versuchen so offen wie möglich zu sein. Ich und mein Chef sind der Ansicht, dass die Vorkommnisse im Privatbereich meine Eignung als Armeechef nicht beeinträchtigen. Das mögen andere anders sehen, damit können wir leben. Die Sache ist abgeschlossen; lassen Sie bitte auch meine Ex in Ruhe, das Ganze ist für uns beide schon genug schwierig. Nochmals: Was damals passiert ist, war Schrott und es tut mir heute leid. Wer selbst perfekt ist, möge weiterhin auf mich eindreschen.”

    Weite Teile dieses Textes basieren natürlich auf Vermutungen und mögen je nach dem tatsächlich Vorgefallenen verharmlosend wirken – aber so wirds wohl in etwa gewesen sein. Ein Mann, der in Beziehungsfragen die Contenance verloren hat und Mühe hat, das zuzugeben. Vielen Lesern (und auch einigen Leserinnen) werden ähnliche Situationen vor dem geistigen Auge erscheinen, die sie lieber aus ihren Lebenserinnerungen ausblenden würden.

    Ich als Armeegegner lache mir ob der Story primär ins Fäustchen und hoffe, dass das den bizarren Haufen einfach seiner Abschaffung etwas näher bringt. Auch wenn mir Nef als Armeechef bisher eher positiv aufgefallen war, muss jemand in seiner Position charakterlich absolut integer sein – was er mutmasslich getan hat, liegt da IMHO nicht drin.

    Ich frage mich staunend: Wieso haben vorab Männer Mühe damit, klare Fehler offen, ehrlich und offensiv zuzugeben? Jemand, der das tut, wäre in meinen Augen hundertmal glaubwürdiger als die Herren, die hier die Hauptrolle spielen. Nef und Schmid hatten die Chance, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Sie haben das zu spät, zu zögerlich und zu beleidigt getan.

  2. Umgekehrt kann man frage: Wozu sollen die Medien bei jeder Gelegenheit eingeschaltet werden – warum muss da immer und sofort “informiert” werden? Manchmal gibt auch heute Situationen, wo “Reden Silber, aber Schweigen Gold” wäre. Aber eben, die Medien lassen da nicht locker – im Kampagnen-Journalismus werden Mutmassungen, Gerüchte und Halbwahrheiten zu Tatsachen hochgespielt – die Seiten müssen ja gefüllt sein – und im Sommerloch fehlt eh der Stoff…

  3. Man kann das durchaus kritisieren – aber gleichzeitig gibts Zusammenhänge und “Dynamiken”, die wir kurzfristig nicht ändern können. Dazu gehört, wie Medien (vor allem: Boulevardmedien) funktionieren. Allen hätte klar sein müssen, was passiert, wenn das publik wird. Da gibts nur noch “Reden ist Gold” – und zwar ehrlich und schonungslos. Alles andere halte ich für unprofessionell. Oder eben reichlich schlapp.

  4. Dass da ein Vorbehalt betreffend Roland Nef bestand, steht ausser Frage. BR Schmid hat diesen Vorbehalt als belanglos erachtet, umso mehr sich ja eine Einstellung des ganzen Verfahrens abzeichnete. Er sollte recht behalten. Jedem, der normalerweise eine unsichere Situation richtig einschätzt, klopft man doch normalerweise anschliessend auf die Schultern… Verpflichtet war BR Schmid angeblich nicht, den Gesamtbundesrat über die fragliche Klage zu orientieren. Soll er denn unsere Landesregierung mit Belanglosigkeiten konfrontieren?

    Es wird kritisiert, dass er zu spät vor die Medien getreten sei. Nun, BR Schmid konnte ja eh nur das Falsche machen, denn:
    – Wäre er schon am Montag, also quasi “sofort” vor die Medien getreten, dann wäre diese Belanglosigkeit keine mehr. Wenn ein Bundesrat seine Ferien abbricht, um eine Belanglosigkeit aus der Welt zu schaffen, kann sie ja doch nicht so belanglos sein, oder?
    – Stattdessen ist er “erst heute” aufgetreten. Auch das ist nicht recht.

    Den Kopf von BR Schmid hätte man dann fordern können, wenn er mit seiner Einschätzung, dass es sich um eine Belangloskeit handelt, falsch gelegen wäre, wenn er sich also völlig “verkalkuliert” hätte. Doch das war nicht der Fall. Schulterklopfen gibt’s trotzdem nicht.

    Im betriebswirtschaftlichen Umfeld würde man das, was jetzt mit den Herren Schmid und Nef abläuft, als Mobbing bezeichnen. Man will sie einfach weg haben, koste es was es wolle. Irgendwo findet man immer ein Haar in der Suppe.

    Das einfach Wort gilt nicht mehr, Sicherheitsckecks davor, danach und jederzeit müssen her, eine Armee von fackundigen Leuten soll gefälligst jede undichte Stelle im Ablauf einer Wahl absichern…

    Ich frage mich, ob diese Affaire wirklich mit “Schmid/Nef” betitelt sein sollte oder nicht mit “Medien”? (nein, Herr Balsinger, nicht alle Medien sind “böse”).

  5. Nochmals: Ein Armeechef darf bestimmte Dinge nicht tun, egal ob privat oder dienstlich – wenn er Rückgrat hat, zieht er die Konsequenzen. Das ist weder ein Haar in der Suppe gesucht noch das Sommerloch gefüllt – auch wenn ich die Armee für überflüssig halte, wollen wirs doch wenn schon richtig machen, solange es sie noch gibt.

    Und auch nochmals: Ich hatte einen guten Eindruck von Nef, aber er hat sich’s halt vergeigt durch seine Handlungen, selbst wenn sie menschlich erscheinen. Durch eine bessere, ehrlichere, offenere und schnellere Kommunikation hätte er sich zumindest ansatzweise retten können.

    “Belanglos”? Probleme mit dem Chef der Armee sind wohl kaum belanglos. Da werden zig Milliarden unserer Steuergelder verbuttert, also soll da wenigstens eine Person stehen, die die Contenance in Krisensituationen nicht verliert; das finde ich nicht zuviel verlangt.
    Also wird entweder aus den Ferien informiert oder man kommt halt heim.

    Mobbing? Als Armeechef oder Bundesrat gehört das, was abläuft, halt einfach dazu; that’s the job. Auch schon was von der Kritik- und Kontrollfunktion der Medien gehört? Ich spreche jetzt nicht vom “Blick”, versteht sich. Dass hier der Bogen unnötig überspannt wird, da sind wir uns einig.

    Aber generell erwarte ich geradezu von den Medien, dass sie diese Fragen stellen – dass sie aufdecken, wenn ein Armeechef Schwächen in sensiblen Bereichen zeigt.

    Etwas anderes wäre es vielleicht, wenn die ganze Affäre zig Jahre her wäre – ich hätte auch keine Lust, für etwas verurteilt zu werden, das ich in einem ganz anderen Lebensabschnitt versifft habe.

  6. ‘@ Andi Jacomet
    Das “belanglos” bezieht sich auf die Sichtweise von BR Schmid, welche ich aber durchaus teile. Hier geht es um keinen einzigen Franken der “verbutterten Milliarden”. Das unterstreicht ja einmal mehr, wie belanglos die Sache tatsächlich ist. Es geht in dieser Sache nicht um eine Budget-Überschreitung für angeschaffte Flieger, wie das auch schon der Fall war…

    That’s the job? Nein, Herr Jacomet. Personen von öffentlichem Interesse sollten wir bezüglich ihres Leistungsausweises beurteilen und nicht bezüglich privater Ungeschicke. Gestehen wir diesen Personen doch auch ein, dass sie – um mit den Worten von BR Schmid zu sagen – keine Engel sind. Niemand ist das.

    Unmittelbar nach Ende der Euro08 liess BR Schmid andeutungsweise verlauten, dass es im Sicherheitsbereich auch kritische Momente gab, dass es Terrorwarnung von ausländischen Geheimdiensten gab.

    Keiner hat nachgehakt, keiner. Dabei ist DAS ein Thema, dass die Sicherheit des Landes betrifft – oder betroffen hatte und worüber ich, als Bürger, schon gerne mehr erfahren hätte…

  7. Momool, Herr Titus (besitzen Sie übrigens auch einen vollen Namen und eine Website, die Sie uns gefl. bekannt geben könnten?). Wer einem Verein vorsteht, der so viel Geld und Material verwaltet, sollte sich auch privat keine (solchen) Ausrutscher leisten.

    Offensichtlich – immer auf den vorhandenen Infos basierend – verliert dieser Herr jedoch die Nerven, wenn ihm etwas sehr gegen den Strich geht. Gar nicht gut in dieser Position. Wurden Sie schon mal “gestalkt”? Äusserst unangenehm (und das ist noch ein Euphemismus), wie ich aus meinem Bekanntenkreis weiss. Was würden Sie sagen, wenn Sie erführen, dass Ihr Chef jemanden gestalkt hat, den Sie gerne mörgen? “Ach, das war Privat, der darf gerne weiterhin mein Chef sein, ist ja en flotte Kärli süsch!”

    Natürlich sind wir alle keine Engel. Aber an diesem Posten hätte ich gern einen, der annährend einer ist – und ganz sicher keinen, dem die Sicherungen durchbrennen, wenns hart auf hart geht. Ich mag Nef gar nicht dafür verurteilen, was er getan hat – eben, weil fast niemand ein Engel ist. Aber wenn man einen Chef über die Verteidigung eines Landes wählt, hält man gefälligst den Finger auf solche Dinge und informiert vor allem seine BR-Kollegen darüber, dass es da ein Problem geben könnte. Das erwarte ich als Bürger geradezu. Oder als Betroffener zieht man halt die Konsequenzen, wenn man schon nicht fähig ist, öffentlich ein tiefes, ehrliches Schuldgeständnis abzugeben.

  8. Lieber Andi Jacomet

    “…immer auf den vorhandenen Infos basierend”. Kennen Sie tatsächlich den Inhalt der Vereinbarung zwischen Roland Nef und seiner ex-Partnerin, über den Stillschweigen vereinbart wurde? Stellen Sie doch eine Kopie davon in Ihren Blog. Damit hätten Sie in einem Tag Tausende von Besuchern.

    Können Sie mir zudem noch sagen, wo man Leute findet, die annähernd Engel sind? Auch hierzu können Sie die Adresse in Ihrem Blog bekannt geben. So ziemlich alle politischen Parteien würden sich dafür brennend interessieren.

    Freundliche Grüsse
    Titus

  9. Nochmals: Ich diskutiere am liebsten mit Leuten, die sich mit vollem Namen vorstellen und einen Link zur ihrer Website (falls vorhanden) angeben. Wie heissen Sie; wo wohnen Sie? Wieso scheuen Sie sich, das bekannt zu geben?

    Und beantworten Sie doch bitte noch diese Frage, ich wiederhole sie gerne:

    Was würden Sie sagen, wenn Sie erführen, dass Ihr Chef jemanden gestalkt hat, den Sie gerne mögen? “Ach, das war privat, der darf gerne weiterhin mein Chef sein, ist ja en flotte Kärli süsch!”

    Das würde mich – im Gegensatz zur Sache mit den Engeln – brennend interessieren.

    Ich beantworte ihre auch gerne: Nein, ich kenne den Inhalt nicht. Und ich habe auch kein Interesse an so viel Traffic. Aber glauben Sie im Ernst, dass alles frei erfunden ist, was derzeit kolportiert wird? Wenn auch nur ein Bruchteil davon stimmt, ist Herr Nef der falsche Armeechef. Das finden übrigens auch Leute, die Personalselektion als Beruf betreiben (heute im 10vor10).

  10. Lieber Andi

    In der Regel duze ich Personen, die ich nur von der virtuellen Welt her kenne und erwarte das auch umgekehrt. Daher nur ein Vorname. Ein Name tut hier eh nichts zur Sache, denn er kann richtig oder falsch sein.

    Wir brauchen über Stalking, häusliche Gewalt (wurde unter einem anderen Post auch schon genannt) oder sexuelle Belästigung (das ist jetzt von mir her eingebracht) nicht zu diskutieren, denn sie sind in jedem Fall zu verurteilen.

    Umarme bloss nie tröstend eine Arbeitskollegin, wenn sie aus irgendeinem Grund traurig ist, sonst riskierst Du womöglich noch eine Klage wegen sexueller Belästigung. Und schreibe einer Frau, die sich von Dir getrennt hat anschliessend bloss nie ein SMS – und wenn sie darauf nicht reagiert eine E-Mail – sonst riskierst Du eine Klage wegen Nötigung.

    Wenn Roland Nef unbesonnen war, so hätte es auch seine ex-Partnerin sein können, als sie ihn wegen Nötigung verklagte. Aus Enttäuschung in einer Liebesbeziehung ist vieles möglich.

    Nochmals: Ich will nichts verniedlichen, sondern nur aufzeigen, dass es viele mögliche Gründe für die fragliche Klage gegeben haben könnte. Aber wir wissen es nicht. Insofern ist alles, was wir zu lesen, zu sehen und zu hören bekommen reines Kaffeesatz-lesen. Es sind Vermutungen und in keinem Fall Tatsachen – auch wenn dies leider von vielen so aufgefasst wird. Hierzu wiederhole ich nochmals eine früheren Kommentar: Bis zu einer Verurteilung (durch ein Gericht, nicht nur die Medien) gilt immer noch die Unschuldsvermutung.

    Zum 10vor10-Bericht: Vorab, die Meinung einen Headhunters ist eben die Meinung EINES Headhunters (bei SF übrigens immer der gleiche). Was dabei unberücksichtigt bleibt, ist die Tatsache, dass Roland Nef schon im 2005, also nicht weit weg vor seiner Wahl, schon einem Sicherheitscheck unterzogen wurde. Geschieht das in der Personalselektion auch? Zudem: Wie man aus der vollständigen Pressekonferenz erfahren konnte, wurde ja ein interner Kandidat (also aus der Armee) gesucht und nicht irgendwo extern. Bei den 25 Dienstjahren von Nef wusste man also, woran man war. Aber das zählt bei einem Headhunter nicht, die ja gerade darauf aus sind, für eine Firma einen geeigneten externen Kandidaten zu finden.

    Andi, auch ich wähle links und auch ich bin kein Freund der Armee. Es geht hier aber nicht um Armee ja oder nein und nicht um links oder rechts. Es geht auch nicht darum, dass die Schweiz irgendeinem Risiko ausgesetzt war. Es geht um die Art und Weise wie man mit Menschen von öffentlichem Interesse umgeht, die ein kalkulierbares Risiko auf sich nehmen und – wie wir heute wissen – dieses richtig eingeschätzt haben. Wäre dem nicht so gewesen, dann kann ich die Kritik an BR Schmid wegen “unfähig” und allfällige Rücktrittsforderungen nachvollziehen.

    BR Schmid hatte an der Medienkonferenz auch gesagt (falls Du sie ganz gesehen hast), dass Nef seinen Posten nicht hätte antreten können, wäre es nicht zu einer Bereinigung der fraglichen Klage gekommen. Mittels einer eigens wegen dieser Situation hinzugefügten Klausel hätte er nicht einmal mehr in der Bundesverwaltung arbeiten dürfen. Was hätte man mehr erwarten können, wenn man – wie von niemandem kritisiert – eilends einen neuen CdA einstellen will?

    Schönes Wochenende
    Titus

  11. Auch was die SonntagsZeitung heute berichtet und z.B. der Tagi weitergezogen hat, war ja sicher alles erfunden und ist höchst unsicher.

    Im Ernst: Wenn auch nur ein Drittel davon stimmt, was die Presse – gottseidank – über den höchsten Militär in unserem Land aufgedeckt hat, dann ist er sicher für diese Position nicht mehr tragbar. Gehe davon aus, dass er nicht mehr lange Armeechef ist.

    Deine Bemerkungen zum Umarmen der Arbeitskollegin usw. wirken relativ zynisch und gefallen mir so ganz und gar nicht.

    Wenn es zu keiner Verurteilung durch ein Gericht kam, heisst das noch lange nicht, dass nichts getan wurde, das jemanden für gewisse Jobs untragbar macht. Hier braucht es Transparenz – sonst kann nach Deiner Definition auch ein Geistlicher, der sich unerkannterweise allerlei harte Pornographie reinzieht, Pfarrer bleiben oder ein heimlicher Alkoholiker Präsident des Blauen Kreuzes. Ich finde beides nicht besonders glaubwürdig.

    Nochmals: Wir sind alle keine Engel – wir alle predigen machmal Wasser und trinken Wein. Aber es muss eine öffentliche Diskussion dazu möglich sein, was sich ein Chef einer Milizarmee leisten darf und was nicht, egal, ob es im Privatbereich war.

    Zum OT-Thema: Ich habe einst auch die Meinung vertreten, dass Namen egal sind und dass man – u.a. um seine Privatsphäre zu schützen – im Usenet unter Pseudonymen posten kann. Mit dem Aufkommen der Blogdiskussionen hat sich das aber geändert. Mir fällt auf, dass gerade Leute mit pointierten Meinungen sich hinter irgendwelchen mehr oder weniger doofen Aliases verstecken. Ich halte das inzwischen nicht nur für unvernünftig, sondern auch etwas kindisch. In solchen Diskussionen tut ein (z.B. durch einen Link nachprüfbarer) Name sehr wohl etwas zur Sache, um einen Menschen und dessen Aussagen besser einordnen zu können. Wovor hast Du Angst?

  12. Andi, excusé, habe Deinen Kommentar oben nicht mehr gesehen. Zu Deiner noch offenen Alias-Frage und damit zu einer Off-Topic-Frage:

    Du stellst hier eine Grundsatzfrage bezüglich Blogsphäre: Soll die “reale” Identität der Kommentierenden bekannt sein oder nicht. Es gibt Blogs, wo eine Anmeldung erforderlich ist. Nur – was heisst das schon. Da kann jeder schnell zum Hans Muster werden 😉 . Damit wird auch nur sichergestellt, dass niemand mit dem gleichen Alias schreibt. Da Du nicht voraussetzen kannst, dass jeder einen Web-Auftritt oder einen Weblog hat/betreibt, brauchst Du demzufolge ein Verfahren, mit dem Du die echte Identität nachweisen kannst. Das kann z. B. sein: Kopie Deiner ID an den Blog-Betreiber. Das ist natürlich ziemlich umständlich.

    Das Ganze ist eine zweischneidige Sache, denn wer in einem Blog kritisch seine private Meinung äussert, exponiert sich auch. Wenn dann die Kritik noch gegen gewisse Medien gerichtet ist, wenn man sieht, was diese auslösen können und wenn man sieht, wie andere aufgrund dieser Berichterstattung denken (man lese z. B. nur schon die Kommentare auf SF Online), dann bin ich froh, dass mir dank eines Alias ein gewisser Schutz zugestanden wird.

    Schliesslich ist es auch so, dass gerade weil ich selber (noch) keinen Blog betreibe, ich mich auch nicht ausreichend erklären kann. Was man in einem Blog äussert, bleibt vorab nur eine einzige Position. Dadurch erfährt man noch relativ wenig über diese Person. Das ergibt sich dann eher durch weitere Positionsbezüge.

    Wenn Du aber mehr über mich erfahren möchtest, dann schreibe ich Dir gerne privat eine E-Mail.

  13. Danke für die Antwort. Der Sinn ist eines Blogs ist imho eben nicht, sich privat zu mailen, sondern öffentlich zu debattieren und zu seiner Meinung zu stehen. Wir sind da nicht gleicher Meinung – aber lassen wirs.

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