Samuel Schmid und die Volksjustiz
Publiziert am 16. Juli 2008Aus einer Mücke wird ein Elefant, aus einem politischen Fehler eine Staatsaffäre. Aus Spekulationen werden innerhalb von 24 Stunden knallharte Fakten. Bundesräte sollen zurücktreten. Journalisten machen Überstunden, Kommunikationsspezialisten auch. Köpfe werden röter, die Temperaturen steigen.
Willkommen im Sommertheater 2008.
Vor Jahresfrist wählte der Gesamtbundesrat Roland Nef zum neuen Chef der Armee. Zu diesem Zeitpunkt war das Strafverfahren, das seine ehemalige Partnerin ausgelöst hatte, noch nicht eingestellt. Sie bekundete aber schon damals, dass sie kein Interesse mehr an einer rechtlichen Beurteilung ihrer Vorwürfe habe.
Aus heutiger Sicht wäre es zweifellos richtig gewesen, wenn Samuel Schmid die anderen Mitglieder des Bundesrats über das Strafverfahren gegen Nef informiert hätte. Aus der damaligen Sicht war diese Information nicht zwingend. Die private Angelegenheit Nefs war de facto abgeschlossen, nicht aber de jure. Das ist gemäss Juristen jeweils eine reine Formsache.
Ich finde es falsch, dass Schmid die Krise – und das ist seit Montag definitiv eine! – nun offenbar aussitzen will. Nachdem der Fall in der “SonntagsZeitung” angestossen wurde, hätte ein schnelles Handeln den Brand löschen können. Schon am frühen Sonntagmittag hätte im VBS klar sein müssen, dass der Vorsteher an die Öffentlichkeit treten muss – Ferien hin oder her.
Eine Medienkonferenz am Montagmorgen wäre die richtige Strategie gewesen. Auch wenn Schmid vermutlich kaum etwas Neues zu sagen gehabt hätte. In solchen Situationen geht es schlicht darum hinzustehen und sich den vielen Fragen der Journalisten zu stellen. Auf diese Weise kann die Spitze des Speeres gebrochen werden.
Der Aufwand für eine offensive Abwicklung des Falles wäre bescheiden gewesen. Stattdessen ist jetzt eine Medienkampagne im Gang, die so schnell nicht mehr stoppt. Sie braucht Nerven, kostet Zeit und hinterlässt einen beträchtlichen Flurschaden. Hässlich ist die eigentliche Volksjustiz, die eingesetzt hat. Wider besseren Wissens wird in Internet-Foren anonym diffamiert, dass einem bei der Lektüre angst und bange wird.
Foto Samuel Schmid: keystone
Es ist wirklich hässlich, was da abgeht und von den Medien – wohl in Ermangelung von wirklichen Themen – hochgepuscht wird. Aber eben, der Kampagnen-Journalismus ersetzt heute leider immer mehr die wirkliche Information. Wohl am besten, in die Ferien zu verreisen, ohne Zeitungen, ohne TV, ohne Internet…
Als ich zum ersten Mal davon hörte, dass BR Schmid gegenüber dem Gesamtbundesrat Informationen “vorenthalten” hätte, erwartete ich eine andere Fortsetzung: Jetzt wird wochenlang darüber spekuliert, ob er denn nun den Gesamtbundesrat informiert hätte oder nicht.
Es kam anders. Erstaunlich anders. Wir sind uns manchmal eine weniger offene Kommunikation gewohnt, wenn es um den Gesamtbundesrat geht (Stichwort: Aktenvernichtung). Doch diesmal ein klares Eingeständnis: Hat nicht informiert.
Damit glaubte man im VBS wohl, den Wind aus den Segeln genommen zu haben. In der Sache gewiss. Nur – und damit erkläre ich mir auch die “Volksjustiz” – es “gärt” bekanntlich schon lange rund um die Person Samuel Schmid. Dreht sich diese Spirale, weil er nicht informierte oder aus parteipolitischen (Hinter-)Gründen?
“Hässlich ist die eigentliche Volksjustiz, die eingesetzt hat.”, schreiben Sie.
Während Jahren habe ich stillschweigend den “Onkel Samuel” geduldet und in Ruhe gelassen. Die SVP-Spaltung hat bei mir nur Schadenfreude produziert, ich sah Samuel Schmid ein wenig als Held in dieser Angelegenheit.
Ich bin schon lange gegen die Armee. Das ist aber nicht das Thema. Was die Armee in diesem Sommer geleistet hat strapaziert aber meine Toleranz. Dieser Roland Nef ist als Armeechef unhaltbar, er ist keine Respektsperson mehr! Als sein Chef ist nun auch Samuel Schmid in einer sehr delikaten Lage. Das Verhalten von Herr Schmid ist Armeefeindlich, für mich ist das gut so! Es wird nicht mehr lange gehen, dann wird sich dieser “Verein” von selbst auflösen.
Roland Nef und BR Samuel Schmid stehen in unserer Regenzeit tief im Wasser. Die ganze Presse schreibt und schreibt, doch eine Pressemitteilung von BR Schmid habe ich noch nicht gefunden. Nach meiner Meinung wäre es schon längst an der Zeit. Irgendwie vergisst Herr Schmid offenbar den Druck der Armeegegener
da hat er auch von seiner neuen Partei keine Hilfe zu erwarten. Also Herr Schmid, wann kommt die gradlinige Antwort?
Schmid hat nach langem Zaudern und Zögern wieder einmal einen Ausweg gefunden. Nachdem er seinen Armeechef heldenhaft verteidigt hat, bekommt Nef von seinem Retter einen schlauen Schleichweg aufgezeigt: Entweder nutzt Nef den Zeitvorsprung zu seinen Gunsten oder er nimmt vorzeitig den Hut. Für Schmid erledigt sich die leidige Angelegenheit auf jeden Fall von selbst! Damit hat er es allen recht gemacht und bleibt sitzen bis zum jüngsten Tag.