Social Media als neue Waffen im Wahlkampf
Publiziert am 02. April 2012Gastbeitrag von Erich Wenzinger*
Neue Erkenntnisse zur Wirkung von Facebook, Twitter & Co. im Wahlkampf: Wer auf der Klaviatur der neuen Kanäle besonders virtuos spielt, erhöht tatsächlich seine Wahlchancen. Das ist das Ergebnis der Masterarbeit.
Im Vorfeld der Nationalratswahlen 2011 berichteten die Medien intensiv über Social Media. Dies sorgte insbesondere bei jenen Politikern, die schon länger im Social Web unterwegs sind, für zusätzliche Reichweite weit über die Web-Communitys hinaus. Was die Forschung über die Wirkung und den Nutzen des Einsatzes von Facebook, Twitter & Co. im Wahlkampf anbelangt, steckt die Forschung hierzulande noch in den Kinderschuhen. Entsprechend gross dürfte der Bedarf von Politikern, Kommunikationsfachleuten und Politologen sein, mehr darüber zu erfahren. Meine Masterarbeit hatte zum Ziel, einen Beitrag zu leisten, um diese Forschungslücke zumindest ein Stück weit zu schliessen.
Meine These: Je besser der Auftritt im Social Web, desto höher die Chance, ein gutes Wahlergebnis zu erreichen. Dazu habe ich von 114 Zürcher Nationalratskandidierenden die Qualität der Auftritte im Social Web mit dem jeweiligen Wahlergebnis verglichen.
Um die Qualität der Auftritte zu messen habe ich ein Modell entwickelt, das auf fünf sogenannten Nutzungsindikatoren basiert:
1. Präsenz
2. Aktivität
3. Resonanz
4. Dialog
5. Vernetzung
Die Erfüllung des nachfolgenden Nutzungsindikators ist deutlich einfacher und wirkungsvoller, wenn alle Vorhergehenden bereits möglichst gut erfüllt wurden. Ein Beispiel: Eine hohe Resonanz (etwa in Anzahl „Freunde“ oder „Follower“) lässt sich leichter bewerkstelligen, wenn man auf den Plattformen aktiv ist und regelmässig interessante Beiträge aufschaltet.
Die Profile auf Facebook, Twitter und Blogs sämtlicher 114 Politiker habe ich anhand dieser Kriterien bewertet und ein Punktesystem angewendet. Je besser ein Politiker bei jedem Nutzungsindikator abschnitt, desto mehr Punkte erhielt er. Pro Nutzungsindikator wurden max. 3 Punkte vergeben; total konnten also höchstens 15 Punkte erreicht werden. Die nachfolgende Grafik 1 zeigt die Verteilung der Punkte über alle 114 Politiker.
Grafik 1: Übersicht Bewertung aller 114 Kandidaten. > als PDF
Der Qualität des Social-Web-Auftritts habe ich anschliessend das Wahlergebnis des jeweiligen Kandidaten gegenübergestellt. Dabei bediente ich mich einerseits der Verschiebung Listenplatz bzw. -rang andererseits den Panaschierstimmen.
Resultate
Die Chancen, auf der eigenen Liste Plätze gutzumachen sind grösser, wenn ein Politiker über eine hohe Punktzahl verfügt (siehe Grafik 2).
Grafik 2: Resultate Verschiebung Listenplatz/-rang. > als PDF
Panaschierstimmen: Kandidaten mit einer hohen Punktzahl erreichen im Durchschnitt deutlich mehr Panaschierstimmen, als Kandidaten mit sehr tiefer Gesamtnutzung oder Social-Media-Abstinenz (siehe Grafik 3).
Grafik 3: Resultate Panaschierstimmen (Quellen: Wenzinger) > als PDF
Fazit
Der qualitative gute Auftritt im Social Web ist kein Garant für den Wahlerfolg. Dazu spielen noch viele andere Faktoren wie z.B. das Abschneiden der Partei, das Abschneiden der Konkurrenz auf der eigenen Liste, der Listenplatz oder der Bekanntheitsgrad eine Rolle. In der Arbeit konnte aber aufgezeigt werden, dass Politiker mit einem qualitativ guten Auftritt im Social Web im Durchschnitt mehr Panaschierstimmen erzielen bzw. Listenplätze gutmachen.
* Erich Wenzinger verfasste seine Masterarbeit im Rahmen des Nachdiplomstudiums in Communication Management & Leadership an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) Winterthur. Titel: „Wahlkampf 2.0. Politische PR im Social Web: Nutzung und Wirkung. Eine inhalts-analytische Untersuchung anhand der Zürcher Nationalratswahlen 2011“.
Die Arbeit verbindet Theorie und Praxis miteinander. Neben den Untersuchungen der 114 Social Web-Auftritten von Zürcher Nationalratskandidaten und den Auswertungen bezüglich Nutzung und Wirkung wird das Thema des Social-Web Einsatzes im Wahlkampf auch aus demokratie-, wahlkampf- und kommunikationstheoretischer Sicht beleuchtet.
“Wer auf der Klaviatur der neuen Kanäle besonders virtuos spielt, erhöht tatsächlich seine Wahlchancen. Das ist das Ergebnis der Masterarbeit.” Sorry, das kann die Studie (so wie hier vorgestellt) nicht aussagen. Aus einer Korrelation kann nicht auf ein Ursache-Wirkung-Verhältnis geschlossen werden: Ein typisches “Cum hoc ergo propter hoc”.