Soviel zum Sturm auf das Stöckli

Publiziert am 27. November 2011

In den Kantonen Aargau, St. Gallen, Uri und Zürich will das Volk nichts von SVP-Vertretern im Ständerat wissen. Der gross angekündigte “Sturm auf das Stöckli” ist damit zu einer Chiffre verkommen, über die die SVP-Gegner noch lange spotten werden. Dass allein die Ankündigung dieses Sturms eine derart grosse mediale Resonanz auslösen konnte, müsste zum Nachdenken anregen.

Wer robust wächst, bekommt Appetit auf mehr. Das gilt auch für die SVP. Bei den Nationalratswahlen 1987 erreichte sie noch bescheidene 11.0 Prozentpunkte, von 1991 an legte sie kontinuierlich zu, was 2007 bei 28.9% kulminierte – ein Wachstum, das die eigenen Leute berauschte und die Gegner verzweifeln liess.

Im Ständerat hingegen kam Blochers Partei bislang nicht vom Fleck, sie dümpelte mit 4 bis maximal 8 Sitzen vor sich hin. Die Erklärung ist einfach: Ständeratswahlen sind mit Ausnahme der Kantone Jura und Neuenburg Majorzwahlen, es braucht mehrheitsfähige Kandidaturen, die weit über die eigene Basis hinaus unterstützt werden. In den meisten Kantonen sind für eine Wahl 50 Prozent der Stimmen nötig – eine hohe Hürde.

Der am 7. April gross angekündigte „Sturm auf Stöckli“ ist, wie wir spätestens seit heute Abend definitiv konstatieren können, kläglich gescheitert. Die SVP hat im Ständerat nur noch 5 Sitze, 2 weniger als bei den Wahlen vor vier Jahren. Das “Volch” liess die Volkspartei im Stich, wie “TagesWoche”-Redaktor Philipp Loser schon vor ein paar Tagen treffend kommentierte.

Dass der Sturm chancenlos ist, war schon bei seiner Ankündigung klar. Die schweizweit bekannten SVP-Schlüsselfiguren, seit langem mit dem Etikett “Hardliner” stigmatisiert, vermögen nicht in die Mitte auszustrahlen, um dort die entscheidenden Stimmen zu holen.

Trotz dieser mehr als klaren Ausgangslage generiert die grosse Medienkonferenz von Brunner, Blocher und Baader im Bundesmedienzentrum einen Grossauflauf. Der Sturm auf die Agenda war geglückt, eine blosse Ankündigung beherrschte die Schlagzeilen aller Mediengattungen. Und sie blieb Thema, monatelang.

Es scheint sich zu einem ungeschriebenen Gesetz entwickelt zu haben: Wen die SVP ruft, strömen die Medienschaffenden herbei und berichten, analysieren und kommentieren auf Teufel komm raus. Dieser Magnetwirkung hat sich die SVP in den letzten 20 Jahren hart und mit viel Cleverness erarbeitet. Die Medienlogik unterstützt sie dabei kräftig.

Stellen wir uns vor, die FDP-Spitze mit Fulvio Pelli und Gabi Huber, flankiert von den Parteistars Karin Keller-Sutter (SG) und Pierre Maudet (Genf), hätte im Frühling ebenfalls zu einer Medienkonferenz gerufen, um einzig ihr Wahlziel für die Nationalratswahlen bekanntzugeben: 20 Prozentpunkte (vgl. 2007: 15.7%), also ähnlich utopisch wie der Sturm der SVP auf das  Stöckli.

Drei oder vier Bundeshausjournalisten hätten der Einladung Folge geleistet, sich entspannt auf die Bänke gefläzt und innerlich lächelnd den Ausführungen der FDP-Spitzenleute gelauscht. Hernach wären eine paar genüssliche Glossen über den hochmütigen Freisinn entstanden.

Mark Balsiger

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