Stephan Hügli kämpft mit dem Bären

Publiziert am 29. Juli 2008

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Bern döst in diesen Sommertagen. Die Wahlen in der Stadt scheinen noch weit, weit entfernt zu sein. In genau vier Monaten ist es so weit. Der erste Gemeinderatskandidat, der sich seit heute auf Plakaten der Wählerschaft präsentiert, ist Stephan Hügli (bisher, Forum die Mitte, ex-FDP).

Er muss kämpfen wie ein Bär, keine Frage. Vorerst tut er das von den Wänden. Seine Plakate sind nicht im Stadtzentrum, sondern in den Aussenquartieren ausgehängt.

Hier und jetzt interessieren nicht primär seine Wahlchancen. Ich möchte eine Diskussion über die Kreation, das Setting und die Botschaft(en) anstossen. Ein weiterer Anlauf, nachdem in den letzten Monaten zwei Versuche scheiterten.

– Ist das Sujet stimmig?

– Passt der Slogan?

– Was halten Sie davon, dass Gemeindeangestellte mitmachten?

– Welche Rolle spielt der schwarze Bär?

Wer das Sujet in einem grösseren Format anschauen möchte:

huegli_plakat.jpg

14 Replies to “Stephan Hügli kämpft mit dem Bären”

  1. Positiv finde ich, dass man nicht nur einen Kopf bis zur Krawatte wie sonst üblich sieht, sondern auch etwas vom „Drumrum“. Ebenso finde ich sein Schmunzeln sympathischer als ein Colgate-Lächeln.

    Mein erster visueller Eindruck war allerdings: Wer auf dem Plakat ist Stephan Hügli? Wer ihn nicht kennt, könnte glatt den zweiten Mann von links für Stephan Hügli halten. Das liegt vermutlich daran, dass dieser ihn überragt und dass wir uns eher gewohnt sind, von links nach rechts zu “lesen”. Auch der Mann rechts im Bild überragt ihn. Mit der dunklen Jacke und dem dunklen Bären wird auch noch der Kontrast zur hellen Wand im Hintergrund genommen. Zudem tragen die anderen drei Personen – bedingt durch ihre berufliche Tätigkeit – eine auffällig helle und eher leuchtende Kleidung, sodass auch dies Herrn Hügli noch mehr quasi „in den Schatten“ stellt. Nur knapp ist noch etwas von ihm hinter grossen Lettern zu sehen.

    Zum Glück ist er der einzige, der in die Kamera blickt und – der eine Krawatte trägt. Letzteres passt irgendwie nicht: Die Menschen um ihn herum sollen darstellen, dass er volksnah oder eben bei seinen Leuten sei und dies nicht etwa in einem Sitzungszimmer sondern draussen an der Front, im Einsatz – und dann distanziert er sich von den anderen mit einer Krawatte…

    Beim zweiten, etwas genaueren Blick fällt mehr auf:
    Der Bär ruft geradezu danach, dass man mehr aus dem Plakat interpretiert. Dabei könnte der Schuss hinten losgehen. Das einzig positive, das ich dem Bären abringen kann, ist, dass er für Bern steht. Punkt. Aber er steckt im Rücken des Kandidaten, scheint ihn sogar im Visier zu haben. Und der Polizist rechts von ihm, der doch für Sicherheit sorgen soll, zeigt trotz „Bedrohung aus dem Hinterhalt“ nur ein Grinsen. Letzteres passt auch irgendwie nicht. Vor dem Mann links hätte ich mehr Respekt, aber der scheint – knapp erkennbar – bei der Feuerwehr zu sein. Damit wäre ich beim nächsten Thema: Ist die Lage so schlimm in Bern, dass gleich alle Blaulicht-Organisationen vereint auftreten müssen?

    Wie schon gesagt, man wird ermuntert, etwas aus dem Plakat zu interpretieren, doch der Schuss könnte in die falsche Richtung gehen. Das bezieht sich auch auf die Frau, relativ klein, links im Bild, am Rande, als Sanitäterin. Spielen für ihn Frauen nur am Rande eine Rolle? Es ist die alte, klassische Rollenverteilung: Die Männer für die „gefährlichen“ Jobs, die Frauen fürs Pflegen und Versorgen… Weshalb nicht eine Feuerwehrfrau zu seiner linken?

    „Mit Herz und Verstand“ dürfte sicher auf die Blaulicht-Organisationen zutreffen. Schmückt er sich da nicht mit fremden Federn? Dass städtische Mitarbeiter (ob echte oder nur Schauspieler) oder „nur“ die städtischen Betriebe unpersonifiziert für sein Wahl-Image herhalten müssen, ist in jedem Fall problematisch. Ansonsten unpolitische Institutionen werden hier für politische, persönliche Zwecke verwendet (oder missbraucht). Steht und fällt die Arbeit dieser Organisationen mit seiner (Wieder-)Wahl?

    Zudem erscheint mir die ganze Szenerie unglaubwürdig: In voller Arbeitsmontur (Helm, Funkgerät usw.) nimmt doch kein Mitarbeiter dieser Organisationen Anweisungen des politischen Vorstehers entgegen.

    Stephan Hügli schon nach der Ferienrückkehr der StadtbernInnen in den Aussenquartieren schmunzeln zu sehen, halte ich für einen cleveren Schachzug (bewusst oder zufällig?). Denn:
    a) Die Werbefläche ist da sicher preislich günstiger als im Zentrum.
    b) Es wohnen gewiss mehr Wählende in den Aussenquartieren als im Zentrum.
    c) Die Aufmerksamkeit dürfte höher sein, weil morgens der Kopf noch leer und abends wieder frei wird, aber man mittags im Zentrum anderes im Kopf hat.
    d) Krawalle u. ä. (also wie es um die Sicherheit wirklich steht) nimmt man in den Aussenquartieren weniger bewusst wahr als im Zentrum.

    Fazit: Zuständig auch für Energie und Umwelt und aufgrund der aufkommenden Grünliberalen hätte er sich besser ablichten lassen, wie er als „Mitte“-Vertreter gerade eine Energiespar-Lampe in ein Gewinde schraubt. Auch das kann man mit „Herz und Verstand“ machen – mit oder ohne Krawatte 😉

    Soweit meine Eindrücke als Plakat-Konsument (ist leider etwas lang geworden).

  2. Dann versuche ich es kürzer: böse Zungen behaupten, das sei der erste Kessel, dessen Organisation Herrn Hügli geglückt sei.

    Sein Lächeln wirkt ein bisschen wie auf Dope, der Bär ist zuviel für die wenigen Aufmerksamkeitssekunden, die ein Plakat beanspruchen kann. Immerhin ist der Slogan derart banal, dass er in die Schweizer Polit-Landschaft passt, ohne negativ aufzufallen. Ein ungewöhnlicher Ansatz. Aber ein gescheiterter.

  3. Einfach zur Klarheit: Polizisten kann es auf dem Bild keine haben – die Stadtpolizei gibt es nicht mehr – also kann Huegli auch nicht mehr Polizeidirektor werden.

  4. Mit Herz und Verstand für Bern tönt war nett, aber ist das alles, was er zu bieten hat? Was will er mit Herz und Verstand erreichen? Diese Frage bleibt unbeantwortet.
    Das Plakat soll wohl zeigen, dass er ein Team-Player ist. Als Gemeinderat erwartet man allerdings auch Führungskraft, etwas, was Hügli in seiner geduckten Haltung nicht gerade ausstrahlt.

  5. ‘@ tinu
    Stimmt, die wurden ja alle vereinheitlicht. pdf-Dokument sei dank lässt sich nun auch erkennen, dass sie eine Patte mit “San. Polizei” trägt und dass auch der Herr rechts auf seiner rechten Seite das Sanitätszeichen trägt. Man kann sogar sein Namensschild lesen…

  6. Noch ein kleines Detail: Nach dem Betrachten des jpg’s dachte ich, Herr Hügli hätte da auf seiner linken Brusthöhe einen roten Reissverschluss. Das scheint beim Betrachten der pdf-Datei aber eher ein Riss in seiner Jacke zu sein. Wenn dem so ist, ist dass ziemlich stimmig mit seiner Krawatte… 😉

  7. Sieht für mich auf der Jacke eher nach einem Logo aus. Der Herr links von Huegli schient von der Berufsfeuerwehr zu sein.

  8. Nun, sollte das mit der Verwirrung tatsächlich zutreffen, wäre dem Kandidaten gewiss nicht geholfen. Im Idealfall löst Werbung ja etwas aus, Diskussionen, Leserbriefe – ein hoher Anspruch.

    Ich danke für die Kommentare, hoffe aber noch auf ein paar mehr. Anschliessend könnten wir die Macher/innen bitten, ihre Überlegungen hier kundzutun. Das wäre ein Plus, finde ich. Und, so die Zeit reicht, würde mein “Senf dazu” auch noch kommen.

  9. Vier Monate vor der Wahl und dann noch in Aussenquartieren. Wer erinnert sich wohl am Wahltag noch an ein solches Plakat? Da könnte man genauso gut den Niesen erklimmen.

    Wobei so 08/15 ist das Plakat dann doch nicht. Die Knacknuss ist der Bär. Da ist also diese Gruppe von Menschen, die einen Halbkreis bilden und ein Bär, der ausgeschlossen ist. Nicht nur das, er sitzt Stephan Hügli regelrecht im Nacken. Da sich in der Umgebung der Sanität selten Bären tummeln, muss der Bär wohl etwas symbolisieren. Erster Gedanke: Bär-Bern-Bärengraben-Barbara Hayoz. Irrtum, denn es ist offensichtlich kein Braunbär auf dem Bild, sondern ein schwarzes Tier. Also das Wappentier der Stadt Bern. Dann sitzt Stephan Hügli – einem Kandidaten für den Gemeinderat – somit die Stadt Bern im Nacken? Eben: Die Knacknuss ist der Bär.

  10. Ausgezeichnet, J.C.! Ihre Gedankengänge gefallen mir. Da hat also Stephan Hügli den schwarzen Bären bzw. die Stadt Bern im Nacken. Das liesse sich wieder ins Positive drehen: Die Stadt Bern steht hinter Hügli. Eine verwegene Interpretation.

  11. Vorweg: Das Plakatsujet ist nur farbecht, wenn man es im jpg-Format betrachtet. Die Version im Blog ist qualitativ reduziert.

    Was halte ich von diesem Plakat:

    Handwerk: Die Kreativen haben solide Arbeit geleistet, ohne Wenn und Aber.

    Setting: Mitarbeitende mit ihrem politischen Chef abzubilden, finde ich gut. Dieser “Approach” ist nicht neu, wurde aber noch nicht überstrapaziert. Die Botschaft ist stark – “ein Chef zum Anfassen!” -, auch weil die vier Protagonisten sympathisch herüberkommen.

    Womöglich spekulieren die Macher/-innen im Hintergrund darauf, dass der Auftritt der Mitarbeitenden ein Nachspiel hat, z.B. einen politischen Vorstoss im Stadtparlament. Das wäre willkommene zusätzliche Publizität. In anderen Wahlkreisen ist genau das passiert.

    Problematisch ist der Hintergrund; er ist viel zu düster. Das lässt Assoziationen zu, die Hügli nicht zum Vorteil gereichen.

    Outfit: Stephan Hügli ist generell nicht stilsicher, was seine Kleidung betrifft. Auch bei diesem Fotoshooting nicht:
    1. Der rote Kragen seiner Jacke passt nicht zur Krawatte.
    2. Die Farbe der Jacke kontrastiert fast nicht mit dem Hintergrund. Das Dunkelblau ertrinkt im Dunkel des Hintergrunds. Hier hätte ich mir eine helle, frische Farbe gewünscht.
    3. In einem solchem Umfeld überhaupt eine Krawatte zu tragen ist deplaziert. Sie markiert Distanz. Die Mitarbeitenden tragen Arbeitskleidung, der Chef kommt mit Krawatte vorbei. Ein legeres Hemd mit einem offenen Kragen wäre adäquat gewesen. Oder haben Sie Premier Tony Blair im Anzug gesehen, als er die britischen Truppen im Irak besuchte?

  12. ‘@ Mark Balsiger
    Und was ist Ihre Meinung, was der Bär bezwecken soll? Einfach nur ein Hingucker, um Aufmerksamkeit zu erregen, sodass man ein zweites Mal hinschaut? Oder soll daraus doch etwas interpretiert werden? Oder eine Mischung von beidem?

  13. Lieber Mark Balsiger, liebe BloggerInnen!

    An dieser Stelle möchte ich vermerken, dass ich mit grossem Interesse Ihren Meinungsaustausch verfolge. Zu meiner Plakat-Kampagne und deren Bild-Botschaften werde ich aber öffentlich erst Stellung nehmen können nächste Woche, anlässlich einer Pressekonferenz. Hier schon mal soviel: Ja, der Bär, der Ours de Berne, ist (mir) wichtig und spielt in meinem Wahlkampf eine grosse Rolle!

    Stephan Hügli, Gemeinderat, Direktor SUE

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