SVP Graubünden: Wie reagieren die echten und die Vielleicht-Dissidenten?
Publiziert am 01. Juni 2008Der Zentralvorstand der SVP Schweiz fackelte heute nicht lange: Mit 81 zu 5 Stimmen hat er die SVP Graubünden ausgeschlossen. Das ist eine Première: Parteiausschlüsse für Einzelmitglieder gibt es gelegentlich, ganze Sektionen hingegen wurden noch nie ausgeschlossen.
Gegen diesen Entscheid können die Bündner zwar noch rekurrieren. In einem solchen Fall wird die Delegiertenversammlung der SVP Schweiz am 5. Juli den Ausschluss bestätigen. Die Mehrheitsverhältnisse sind glasklar: Gegen den Ausschluss der Bündner votierten in Konsultativabstimmungen nur die Kantonalsektionen Bern und Glarus.
Spannender dürften die Reaktionen sein: Morgen wollen die Spitzenkräfte der verstossenen Bündner Sektion die Medien orientieren, welche Optionen sie sehen. Entschieden wird an einem Sonderparteitag am 16. Juni. Im Vordergrund steht realistischerweise die Gründung einer neuen liberalen Kantonalpartei. (Vor zwei Wochen ging ich noch von einer anderen Option aus.) Der ehemaligen Mutterpartei würde sie am meisten schaden, wenn sie den Rechtsweg beschritte. Das dauert.
In Bern strecken in diesen Stunden eine Handvoll Vielleicht-Dissidenten der “Operation Bubenberg” die Köpfe zusammen. An eine Parteispaltung der mitgliederstärksten SVP-Kantonalsektion glaube ich nicht. Erstens gibt es fast nichts mehr zu spalten. Zweitens braucht es für den Aufbau einer neuen Partei 20 Jahre. Drittens hat es im Berner Parteienspektrum auf die Dauer keinen Platz für eine neue Gruppierung, die sich bürgerlich-liberal positioniert.
Naheliegender ist ein letztes verbales Aufbäumen der wenigen Berner SVP-Liberalen. Danach kuschen sie. Oder die Nationalratsmitglieder Ursula Haller und Hans Grunder schliessen sich der FDP-Fraktion an. Diese würde den Zuwachs wohl begrüssen – im Gegensatz zur FDP des Kantons Bern. Denn spätestens bei den Nationalratswahlen 2011 wären Haller und Grunder ein Problem. Die Luft würde dünner, das Gerangel unter den Bisherigen und Ambitionierten zu einem unschönen Hickhack.
Nicht für alle in diesem Land ist der Ausschluss einer ganzen Sektion etwas völlig Neues. Auch wenn das Ganze sich damals in kleinräumigeren Verhältnissen abspielte. Im Jahr 2001 schloss jedenfalls eine Kantonalpartei eine gesamte Ortspartei aus.
Hier dazu ein Auszug aus einem Artikel im St. Galler Tagblatt vom 1. April 2008:
“Toni Brunner weiss aus eigener Erfahrung, wie man eine ungeliebte Sektion kaltstellt. Vor sieben Jahren exerzierte er dies an der Ortspartei Wil* durch. Brunner war damals Präsident der St. Galler Kantonalpartei. Ende August 2001 teilte er in einem Brief allen Wiler SVP-Mitgliedern folgendes mit: «Die SVP-Ortspartei Wil wird mit sofortiger Wirkung als Mitglied der Schweizerischen Volkspartei des Kantons St. Gallen ausgeschlossen. Damit erlischt die Mitgliedschaft aller Einzelmitglieder der Ortspartei Wil.» Im selben Brief kündigte Brunner den Mitgliedern gleich auch die Gründung einer neuen SVP Wil an, für deren Mitgliedschaft sie sich mit der beiliegenden Karte bewerben könnten. Wer in die neue Partei aufgenommen werde, würde dann der Bezirksvorstand entscheiden. Damals ging es um einen Streit zwischen zwei führenden Mitgliedern der SVP Wil: Die Vizepräsidentin des Gemeindeparlaments, Ruth Schelling, und der Fraktionschef, Josef Hollenstein, waren wie Hund und Katze. Nachdem die Mutterpartei mehrere vergebliche Versuche unternommen hatte, zwischen den beiden zu vermitteln, wurde es Toni Brunner eines Tages zu bunt, und er handelte. Brunners Aktion wurde damals auch von nationalen Medien aufgegriffen und als «Schweizer Premiere» bezeichnet.”
Mitglieder des damaligen Vorstandes der SVP Wil wehrten sich und legten gegen den Ausschluss Rekurs ein (Artikel im St. Galler Tagblatt vom 12. September 2001).
Die Erfolgsaussichten dieses Rekurses schätzten die Beteiligten unterschiedlich ein (Artikel im St. Galler Tagblatt vom 9. Oktober 2001).
Die Delegierten der Kantonalpartei lehnten den Rekurs dann aber ohne grosse Diskussion ab (Artikel im St. Galler Tagblatt vom 2. November 2001).
* Für Nicht-St.Galler: Die Stadt Wil hat 17’283 Einwohner (Stand 31.12.2007). Sie liegt zwischen den Städten Zürich und St. Gallen.
Grüss Gott zusammen,
ich bin ein Österreichischer Freier (natürlich: freier Journalist) und recherchiere gegenwärtig (jaja, es IST brotlos…) zum Thema Meinl. Ich gehe jetzt mal ganz ungeniert davon aus, dass Euer Blog aus dem Kanton Graubünden heraus bestellt ist – zumindest sagt mir dies das Google-Orakel…. Und Verzeihung, wenn ich damit in ein Thema reinplatze, welches so gar nix mit Meinl zu tun hat…
Ich hab nämlich eine konkrete Frage: In der Causa Meinl sind ja inzwischen diverse Leute eingeklagt worden, neu soll deshalb Euer Mitbündner Karl Heiz neu in den Aufsichtsrat einer Meinl-Firma gewählt werden. Die Rede geht nun innerhalb der Journaille, dass dieser Mann – kaum, dass er gewählt sein wird – auf Jersey eingeklagt und verhaftet werden soll. Deshalb stellt sich natürlich männiglich die Frage, ob hier nähere Tatsachen über diesen wackeren Mann bekannt sind. Denn angeblich soll er sich schon seit Jahren mit Meinl, dem Julius, bestens akkomodiert haben. Für Informationen bin ich selbstverständlich immer dankbar….
Paul
tintenfluss@hushmail.com