Ueli, der Meister am Schachbrett

Publiziert am 12. Mai 2014

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Für Peach Weber ist klar: Von allen sieben Bundesräten hat Ueli Maurer den grössten Unterhaltungswert. Der Komiker bezichtigte ihn letzte Woche in der “Aargauer Zeitung” aber auch der „Tollpatschigkeit“. Ausgerechnet Weber, der seinem Publikum seit Jahrzehnten erfolgreich vorgaukelt, er sei so durchschnittlich wie seine Pointen, blendet aus, dass auch Maurer nur eine Rolle spielt.

Als Maurer 1996 das Präsidium der SVP Schweiz übernahm, wurde er belächelt, niemand traute ihm dieses Amt zu. Der damalige SP-Chef Peter Bodenmann verspottete Maurer als “Suppenkaspar”. In „Viktors Spätprogramm“ erlangte er als trottliger Handlanger von Blochers Gnaden grosse Bekanntheit. Die Figur, die Viktor Giacobbo seither lustvoll spielt, ist ein garantierter Lacher.

In der Satire ist Ueli natürlich eine Lachnummer geblieben, als Parteipräsident mauserte sich Maurer aber zu einem Schwergewicht. Unermüdlich trieb er das SVP-Volch an und war sich nicht zu schade, jährlich an 250 Abendveranstaltungen teilzunehmen. In den „Elephantenrunden“ im Schweizer Fernsehen zog er vom ersten Moment an ein Powerplay auf, dem die anderen Parteipräsidenten selten etwas entgegenhalten konnten.

Als SVP-Präsident markierte Maurer zwölf Jahre lang den harten Hund. Der Wechsel zum Bundesrat gelang ihm 2009 problemlos. Er gab sich sehr kollegial und verschwand auf dem Radar der Medien. Ich behaupte: bewusst. Maurer wollte sich fernab des Scheinwerferlichts einarbeiten, die Feinmechanik der Bundespolitik noch besser durchschauen – und in Ruhe das „Big Game“ vorbereiten. Das Spiel heisst: Aufstockung des Armeebudgets und Beschaffung neuer Kampfflugzeuge.

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Was vor fünf Jahren mit dem kühnen Schachzug eines Grossmeisters begann, ist jetzt auf der Zielgeraden. Maurer beantragte der Landesregierung damals, keine neuen Kampfjets zu beschaffen. Diese machten nur Sinn, wenn auch das Armeebudget auf fünf Milliarden Franken erhöht werden könne. Die Verblüffung bei Armeefreunden und -gegnern war gross, die Provokation des cleveren Machtarchitekten begann Wirkung zu entfalten. Sie führte zu einem Comeback der alten Seilschaften, die bewaffnete Neutralität und eine starke Armee sind wieder en vogue, das Weltbild des Verteidigungsministers hat sich durchgesetzt.

Natürlich, die Kampagne der Gripen-Befürworter wurde die letzten Monate von Pannen und Fettnäpfchen begleitet. Bei Lichte betrachtet sind der Plan B von Pilot und SVP-Nationalrat Thomas Hurter, Maurers Ausraster in der SRF-„Rundschau“ oder die undiplomatischen Äusserungen des Schwedischen Botschafters allerdings nur Nebenschauplätze. Für die Abstimmung vom 18. Mai haben sie kaum Bedeutung, und das weiss der instinktsichere Maurer. Zentral ist die Mobilisierung und deshalb bestreitet er im Abstimmungskampf vor allem Heimspiele. Die Leute der Armee-Schweiz amüsieren sich über seinen dämlichen Frauenwitz, den er zum Besten gibt. Solche Dummheiten haben System: Maurer füttert damit die Medien. Publizität ist alles, das hat Maurer schon in den Neunzigerjahren erkannt. Oder glauben Sie im Ernst, er schiesse solche “Böcke”? Dass man ihm Tollpatschigkeit und anderes unterstellt, ist er sich seit bald 20 Jahren gewohnt; das lässt ihn kalt.

Dank seinem gerissenen Plan hat sich eine Phalanx von Offizieren, konservativen Sicherheitspolitikern, Flugzeugfans, kalte Kriegern und Schützenvereinen formiert. Sie haben den Auftrag verinnerlicht und marschieren.

Maurer war der erfolgreichste Parteipräsident seit Jahrzehnten. Als Bundesrat dürfte ihm mit der Gripen-Abstimmung sein grösster Sieg gelingen. Er geht als Meister am Schachbrett in die Geschichtsbücher ein, während uns andere mit einem 15-sekündigen „Bü-bü-Bündnerfleisch!“-Lacher in Erinnerung bleiben.

Mark Balsiger

Dieser Text entstand auf Anfrage der “Aargauer Zeitung”/”Die Nordwestschweiz”, die ihn heute in einer leicht gekürzten Version publizierte.

Fotos:
– Ueli Maurer, Limmattalerzeitung
– Gripen, gripen.com

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