Vom Gratisboom bleibt ein Notenständer

Publiziert am 14. April 2010

In den letzten Monaten ist Sacha Widgorovits als PR-Berater Carl Hirschmanns, von Beruf Sohn und Schlagzeilengarant, in Erscheinung getreten. Im September 2007  war er ein anderes Wagnis eingegangen: Er lancierte damals die Pendlerzeitung “.ch”, zugestellt bis direkt vor die Haustüre – auf einer Konstruktion, die einem Notenständer sehr ähnlich ist. Das war ein Novum.

Noch vor drei Jahren schienen die Schweizer Verleger an einem Virus zu leiden: Sie glaubten an das Geschäftsmodell “gratis” und wollten im Kielwasser des kommerziell hoch erfolgreichen “20 Minuten” ebenfalls Geld machen.

Die Rechnung ging nicht auf, wie sich schon bald zeigen sollte. Die Liste der inzwischen eingestellten Pendlerblätter: “heute”, “.ch”, “cash daily”, “News”, “le matin bleu”. Der Markt ist bereinigt, das Virus weg, mehrere Hundert Millionen Franken, die die Schweizer Verlagshäuser in den letzten 12 Jahren in ihre Gratiszeitungskonzepte und -versuche steckten, sind verbraten.

Was bleibt ist ein lange anhaltender Kater. Und ein Notenständer von “.ch”, den ich bei einem Spaziergang im März entdeckte. Unversehrt. Vergessen. Eine Installation.

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Foto: Mark Balsiger

6 Replies to “Vom Gratisboom bleibt ein Notenständer”

  1. Das Rascheln im Besitzerwechselwald wird auch weitergehen. Ich hoffe, nach den heutigen Abtauschen zwischen Tamedia und NZZ, dass auch die “Schaffhauser Nachrichte”n bald einen neuen Besitzer kriegen. Es täte dem SVP-Blatt nur gut.

    Sacha Widgorovits hat immerhin dafür gesorgt, dass die Twitter-Kreativität in Bezug auf Carl Hirschmann massiv gesteigert wurde, auch durch das sensationell gute, gemeinsame Interview auf “Tele Züri”.

  2. Ebenfalls eingestellt wurde “Metropol”, das praktisch zeitgleich mit “20 Minuten” lanciert wurde.

    “Heute” dagegen ging über in “Blick am Abend”. Insofern eher ein Neustart. Der scheint sich immerhin gelohnt zu haben.

  3. Ich war im Urlaub und offline, pardon.

    @ Lupe

    Die “Schaffhauser Nachrichten” sind ein SVP-Blatt? Das wäre mir bislang nicht aufgefallen. Ich finde es durchaus beachtlich, wie die SN den Grosssen bislang die Stirne bietet.

    @ rittiner & gomez

    Stimmt, mit “Facts” wollte man bloss “.ch” vom Markt fegen. Dabei hätte das der Markt von alleine besorgt. Die schätzungsweise 70 bis 100 Millionen, die Tamedia in “Facts” – notabene ein Konkurrenzprodukt der hauseigenen “20 Minuten” – investierte, hätte den Tageszeitungen (Tagi, “Bund”, “Berner Zeitung”) über Jahre hinweg anständig dotierte Redaktionen ermöglicht – und Rosskuren verhindert.

  4. ‘@ Michael

    Hoppla, da sind mir die tollen Namen der Titel durcheinandergeraten. Fakt ist, das Pendlerblatt, mit dem Tamedia “.ch” vom Markt fegen wollten, hiess “News”.

    Auf Roger-Schawinski-English würde das “U” extreeeem laaanggezogen. Das hat er so erfunden.

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