Von Hobby-Schachspielern, die Königsmörder werden möchten
Publiziert am 24. Oktober 2007Es ist eine Binsenwahrheit: Wer Schlagzeilen generieren will, muss nicht den politischen Gegner angreifen, sondern Parteikollegen. Ein paar FDP-Nationalräte üben sich darin – erfolgreich. Sie zielen mit Schrot auf ihren Bundesrat Pascal Couchepin, weil er hauptverantwortlich sei für den erneuten Aderlass des Freisinns. Otto Ineichen (LU) forderte auf Schweizer Radio DRS gar den Rücktritt des Magistraten. Starker Tobak.
Zur Erinnerung: Noch im Frühsommer hatte die FDP-Fraktion beschlossen, im Dezember ihre beiden Bundesräte Merz und Couchepin wieder zu nominieren. Was also soll das Allotria? Bürokollege Suppino kommentiert giftig: “Da blasen zwei Hobby-Schachspieler zum Angriff, haben aber keine Ahnung, wie die Züge drei und vier aussehen sollen.”
Spielen wir theoretisch einen Couchepin-Abwahlversuch durch: Ein Rechtsbürgerlicher soll ihn ersetzen, das ist für die freisinnigen Kritiker klar.
Bei Bundesratswahlen bekommt die sprachregionale Herkunft stets eine entscheidende Rolle. Vor vier Jahren wählten beispielsweise bürgerliche Parlamentarierinnen aus der Ostschweiz nicht die Bernerin Christine Beerli, sondern einen der Ihren: den Appenzeller Hans-Rudolf Merz. Couchepin müsste also durch einen Lateiner ersetzt werden. Wen hätte die FDP – oder die SVP – im Köcher? Wohlverstanden mit einem klar rechtsbürgerlichen Profil?
Wir dürfen die ganze Nacht nachdenken. Ein valabler Kandidat wird uns nicht in den Sinn kommen. Die Hobby-Schachspieler wiederum dürfen nachsitzen, so wird man nicht zum Königsmörder.
Mark Balsiger