Wahlzmorge von Radio DRS: Der ideale “Schuhlöffel” für den Endspurt
Publiziert am 24. September 2007Es ist eine Eigenart des eidgenössischen Wahlkampfs, dass er jeweils erst nach den Sommerferien von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Zuvor herrscht mehrheitlich Ruhe, den Parteien fehlt in der Regel das Geld, über mehrere Monate im gekauften Raum präsent zu sein. Dasselbe gilt für die Kandidierenden.
Ab Ende August ist der Wahlkampf urplötzlich omnipräsent: auf Plakatwänden, in Inseraten, an Podien und so genannten Pseudo-Events, mit Porträts und Legislaturbilanzen seitens der Medien, im Briefkasten häuft sich das Werbematerial. Kommt noch ein angebliches Komplott oder ein „Geheimplan“ dazu, droht bereits ein Overkill. Herr und Frau Schweizer wenden aber durchschnittlich trotzdem nicht mehr als 20 Minuten für die Zeitungslektüre auf – ein solider statistischer Wert.
Die eigentliche „Wahlkampf-Welle“ kommt plötzlich, und sie ist heftig. Das wirkt sich oft abschreckend aus. Ich wünschte mir ein dosiertes Herauffahren der Wahlkampfberichterstattung durch die Medien.
Schweizer Radio DRS hat diese Woche das Wahlzmorge im Programm. Jeden Morgen von 5.30 bis 8 Uhr sind die Parteipräsidenten zu Gast. Der Auftakt heute überzeugte. Weder „hard talk“ noch Blabla, sondern Information, auf sehr unterhaltsame und lockere Art, werden geboten. Die Doppelmoderation von Christian Zeugin und Philipp Burkhardt ist eine Bereicherung, weil sich die beiden blendend verstehen. Träfe Statements aus den letzten Jahren werden eingespielt, die der Studiogast kommentieren muss, Autor Richard Reich erzählt jeden Morgen eine Kurzgeschichte, das Publikum kann sich via Mails und SMS beteiligen.
Heute Morgen durfte SVP-Chef Ueli Maurer einen Namen aus dem Topf mit allen SVP-Kandidierenden ziehen. Es war Karl Nussbaumer aus Menzingen (ZG). Eine Reporterin sauste mit dem Wahlmobil los, um 16.10 Uhr wurde das Porträt über Nussbaumer bereits ausgestrahlt.
Dieses Wahlzmorge ist der ideale “Schuhlöffel”, um für die letzten vier Wochen Wahlkampf den Tritt zu finden. Die Sendung ist dicht, aber nicht überfüllt. Radio ist, allen Unkenrufen zum Trotz, ein ausgezeichnetes Medium für die Vermittlung von Politik. Kurzum, das Wahlzmorge war zum Auftakt eine runde „Kiste“. Ein fast uneingeschränktes Lob an die DRS-Crew. Wieso fast? Vier der fünf Gäste sind Männer. Die beiden Befrager sind Männer. Mitunter war die Unterscheidung, wer gesprochen hat, nicht einfach. Ein “gemischtes Doppel” seitens des Radios wäre wünschenswert gewesen.
Morgen geht’s weiter mit Hans-Jürg Fehr (SP), am Mittwoch folgt Fulvio Pelli (FDP), am Donnerstag Christophe Darbellay (CVP) und am Freitag beschliesst die Parteipräsidentin der Grünen, Ruth Genner, die Serie.
Mark Balsiger