Wo Politiker und Parteien vermessen werden

Publiziert am 24. April 2009

Wir leben im Zeitalter von Ratings, Rankings, Miss Wallisellen-Süd-Ost-Contests. Erstere sind mitverantwortlich, dass die Wirtschaft weltweit nahezu kollabiert, Letztere zwingend nötig, damit die vielen Kleinformatzeitungen auch genügend Futter haben, um gefüllt zu werden.

Das Bedürfnis nach Wettstreit, Ranglisten und Aufmerksamkeit – Andy Warhols berühmte 15 Minuten? – steigt laufend. Wo es nicht nach Toren oder Punkten geht, werden die Messungen allerdings schnell einmal komplexer. Oft sind sie merkwürdig bis undurchsichtig und entsprechend sinkt die Glaubwürdigkeit. Nur drei Stichworte dazu: Boxen, Schlittschuhlaufen, Eurovision Contest.

Just in diese Entwicklung platzt politReport. Laut Eigendeklaration werden mit diesem Monotoring-System “rund 2800 Schweizer Online-Medien permament auf Nennungen von Politikern und Parteien durchsucht und so ein Report erstellt”. In der Beta-Ausgabe dieses Projekts, bereits jetzt zugänglich, ist beispielsweise die Präsenz der nationalen Parteipräsidenten bis und mit heute erfasst. Das Go-Life ist, so sagte mir Denis Nordmann, am nächsten Montag vorgesehen.

Ich finde dieses Projekt grundsätzlich interessant. So lange allerdings nur quantitative Aussagen gemacht werden können, ist sein Wert reduziert. Es macht einen Unterschied, ob Fulvio Pelli auf NZZ online ein Interview gibt oder in einem Politblog mit täglich 300 Visits kritisiert wird. Erst wenn eine ausgeklügelte Kategorisierung eingebaut wird, werden die Reports zu Analysen und wirklich spannend.

4 Replies to “Wo Politiker und Parteien vermessen werden”

  1. Ein rating für die Parteien-Präsenz in den Medien (Eigendeklaration). Toll! Darauf haben wir seit langem gewartet! Das hat uns nun wirklich noch gefehlt!

    Was in D, F, USA und jeder anderen, hoch entwickelten Demokratie schon lange Usus ist, hält nun dank der uneigennützigen Arbeit Einzelner auch in der verschlafenen Schweiz Einzug.

    Endlich verfügen nun auch hierzulande Exponenten heimischer Politik (institutionelle und private) über ein effizientes Instrument, ihre jeweiligen Widerhall zu messen. In Zukunft werden wir also verschont bleiben von Hinterbänklern, „stillen Schaffern“ und weiteren medial Untalentierten.

    Endlich werden auch wir Eidgenossen in den Genuss kommen von medialen Überfliegern, die das gerade Geschehene, das Unfassbare für uns Darbende, Dürstende und Nichtwissende in 10 sec.-statements erläutern, fass-, erklär- und damit kontrollierbar machen. Die Gewiefteren schaffen es gar, eine dramaturgisch dazu passende Miene aufzusetzen.

    Endlich nun kommen also auch wir in den Genuss endloser Gnade jener Mächtigen, welche es in ihrer legislaturlangen Gütigkeit schaffen, auch noch im Moment staatstragenster Entscheide, an uns, an die Wähler, an die ganz unten auf der gesellschaftspolitischen Stufe Stehenden zu denken, uns mit weitschweifenden Blick teilhaben zu lassen an den Problemen dieses Globus, uns dabei warme Worte voller Inbrunst und Güte zuzuwerfen, um die Wallungen unserer Seele zu zämen. Verbunden mit der Versicherung, dass alles unter Kontrolle ist.

    Endlich haben es also auch wir geschafft, dass nicht mehr politischer Sachverstand, Führungsfähigkeit und strategisches Denken zu einer Wahl notwendig sind, sondern der mediale Widerhall. O tempora, o mores!

  2. Halt, halt. Nichts gegen Politblogs mit täglich 300 Visits, mein Lieber, wie den meinen.
    Hehehe. Im Moment dümple ich gar noch darunter, da ich ferienbedingt unzuverlässig und unkonstant war.

    Item. We don’t care. Werde ich halt einen Aritkel noch verfassen, in welchem rund 100 Mal Levrat und SP vorkommt.

  3. ‘@ Müller Reto

    Nichts gegen Politblogs mit 300 Visits, die Quantität der Besuche finde ich irrelevant und wollte das auch so rüberbringen.

    Die Tricks mit populären Namen und süffigen Titeln sind ausgelaugt – brauchen wir das noch?

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