Die SVP-Spitze hat sich mit Franziska Roth verzockt, den Schaden tragen alle

Publiziert am 23. April 2019

Bis am Ostermontag hatte die SVP schweizweit fünf amtierende Regierungsrätinnen. Seit heute sind es noch vier. Die Aargauer Gesundheitsdirektorin Franziska Roth ist per sofort auf der Partei ausgetreten, wie sie an einer Medienkonferenz in Aarau erläuterte. Diese Entscheidung kommt nicht überraschend, nachdem die Spitze der Aargauer SVP von Roth ultimativ gefordert hatte, die Regierungsarbeit bis im Sommer verbessern zu müssen. Im Gang ist zudem eine Untersuchung, was im Departement für Gesundheit und Soziales (DGS) wieso nicht rund läuft.

Mit ihrem Parteiaustritt düpiert Roth die SVP, aber die Probleme bleiben auch als parteilose Regierungsrätin dieselben. In den letzten zwei Jahren wurden mir aus ihrem Departement und dem Kantonsparlament immer wieder Informationen zugetragen, die man auf einen Nenner bringen kann: Das Amt überfordert Franziska Roth. Sie ist in der Politik nie richtig angekommen, die Feinmechanik des Regierens blieb ihr fremd. Dasselbe wurde Johann Schneider-Ammann als Bundesrat immer mal wieder vorgeworfen. Aber der Berner konnte dieses Manko kompensieren, indem er clever-vifes Personal um sich scharte. Roth hingegen überwarf sich mit mehreren Schlüsselfiguren ihres Departements, die in der Folge gingen oder gegangen wurden, und isolierte sich zusehends.  

«Franziska Roth mangelt es an Willen, Interesse und Talent, das Regierungsamt auszufüllen.»

Medienmitteilung der SVP des Kantons Aargau

Kaum war Roths Medienkonferenz zu Ende, wurde auch schon die gepfefferte Reaktion der SVP-Kantonalpartei publik. Die Medienmitteilung mit dem Titel «Hoffnungslos» trägt die Handschrift des Fraktionschefs Jean-Pierre Gallati, laut Kollegen ein «harter Hund».

«Franziska Roth mangelt es an Willen, Interesse und Talent, das Regierungsamt auszufüllen. (…) Die SVP Aargau muss anerkennen, dass sie das Leistungsvermögen von Franziska Roth falsch eingeschätzt hat und bittet die Aargauerinnen und Aargauern in aller Form um Entschuldigung für diese im Jahr 2016 beschlossene Nomination.»

Wann haben wir jemals eine solche Abrechnung zur Kenntnis nehmen müssen?

Blenden wir zurück: Fast auf den Tag genau vor drei Jahren wurde Roth als Regierungsratskandidatin nominiert. Es musste eine Frau sein, die gegen die amtierende Gesundheitsdirektorin Susanne Hochuli (Grüne) antritt. Von der SVP-Rennleitung glaubte niemand an Roths Chance, nachdem schon 2012 Parteipräsident und Nationalrat Thomas Burgherr als Sprengkandidat gescheitert war. Mit anderen Worten: Roth war eine Pro-forma-Kandidatin. Die Ausgangslage veränderte sich schlagartig, als Hochuli im Sommer 2016 überraschend bekanntgab, nicht mehr zu kandidieren.

Schon im Wahlkampf überzeugte Roth nicht

Als Wahlkämpferin überzeugte Roth nicht, sie blieb die schwer greifbare Unbekannte, und viele Beobachter bezweifelten, dass sie das Zeug zur Regierungsrätin hat. Im zweiten Wahlgang konnte sie sich gegen ihre Kontrahentinnen, Nationalrätin Yvonne Feri (SP), und Grossrätin Maya Bally (BDP) durchsetzen. Ihr Lager war schlicht stärker, die SVP Aargau ist eine 38-Prozent-Partei. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte konnte sie zwei Sitze in der Regierung übernehmen. Nichts ist für eine Partei wichtiger, als eigene Leute in Exekutivpositionen zu haben.

Fazit: Von 2009 bis 2016 konnte die SVP-Fraktion mit der grünen Gesundheitsdirektorin Hochuli ein Feindbild pflegen. Das war bequem, zumal zeitweise die Anzahl Asylbewerber in die Höhe schnellte.

Im Wahlkampf 2016 pries Parteipräsident Burgherr Franziska Roth als die neue starke Frau im Departement für Gesundheit und Soziales an. Sie werde dort aufräumen. Heute müssen wir feststellen: Die SVP-Spitze hat sich verzockt. Den Schaden tragen aber alle, nicht zuletzt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im DGS. Das Malaise dauert noch bis Ende 2020. Wir können ausschliessen, dass Roth als Parteilose Chancen auf eine Wiederwahl hätte.

2 Replies to “Die SVP-Spitze hat sich mit Franziska Roth verzockt, den Schaden tragen alle”

  1. Zwei Monate später wird ein weiteres Kapitel in der Causa Roth geschrieben: Sie wirft den Bettel hin. Auf Ende Juli tritt sie als Regierungsrätin zurück, sie ist ab sofort krank geschrieben, ihre Geschäfte werden von anderen Regierungsräten geführt.

    Ein Debakel – hier die Analyse von SRF-Regionalkorrespondent Maurice Velati:

    http://bit.ly/2RmxIjy

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