Eine Zitterpartie, viele gelbe Karten

Volksabstimmungen eignen sich, um gelbe Karten zu verteilen. Das war am letzten Wochenende in der Stadt Bern nicht anders. Der Kredit für die Euro 08 über 5,6 Millionen Franken erreichte nur gerade 52,4 Prozent Ja-Stimmen. Dreiundfünfzig Jahre nach dem „Wunder von Bern“ folgte fast die „Blamage von Bern“.

Gelbe Karten gab es für die Stadt, weil Sparmassnahmen angekündigt oder bereits eingeleitet wurden. „Gelb“ gab es aber auch, weil Uefa und Fifa sich seit Jahren unanständig viel Geld zuschanzen und gleichzeitig die öffentliche Hand über Gebühr strapaziert wird. Hier stimmen die Dimensionen längst nicht mehr.

Das Ja musste regelrecht ins Ziel gerettet werden. Es stellt sich die Frage, ob während der Partie bzw. des Abstimmungskampfs genug gekämpft wurde? Womöglich nahmen die Befürworter die Stimmung und die wenigen Gegner nicht ganz ernst. Erst knapp vor der Abstimmung erreichte und Stimmbürger eine dünne Postkarte, die für ein Ja warb.

Mark Balsiger

Neo-Gemeinderat Hügli und das Halali auf seinen Sitz

Heute beginnt Stephan Hügli (fdp) als Stadtberner Gemeinderat. Im zweiten Anlauf erreichte er sein Ziel, nachdem seine Partei vor just drei Jahren nicht ihn, sondern Barbara Hayoz nominiert hatte.

Hügli ist der neue Direktor für Sicherheit, Umwelt und Energie (SUE). Vor acht Tagen setzte er sich mit 52,3 Prozent der Stimmen gegen Reto Nause (cvp) durch. Ein sehr knappes Ergebnis, das vorab Hügli selber zu denken geben muss. Wie kommt es, dass der bekannte Urberner Hügli, zudem mit einer 18-Prozent-Partei im Rücken, den erst vor knapp sechs Jahren zugezogenen Nause nur so knapp schlug? War Nauses Wahlkampf so gut? Hügli seiner Sache zu sicher?

Es war gut, dass der Souverän am 11. März eine Auswahl hatte, beiden Kandidaten traut(e) man zu, gute Gemeinderäte zu werden. Wäre es nach der Volkspartei gegangen, hätte man einen der ihren einfach durchwinken sollen – ein merkwürdiges Demokratieverständnis.

Verschiedentlich wird Hügli prophezeit, er müsse auf Ende 2008 seinen Sessel bereits wieder räumen. Dabei wird auf den Wähleranteil der SVP inkl. Rechtsaussen- und Splitterparteien verwiesen. Betrachtet man die nackten Zahlen der Wahlen im November 2004, könnte es für Hügli in der Tat eng werden. Drei Gründe sprechen allerdings für seine Wiederwahl:

1. Exekutivwahlen sind in erster Linie Persönlichkeitswahlen, auch wenn dieses Faktum in der Stadt Bern durch das Proporzwahlsystem aufgeweicht wird.

2. Wenn Hügli in den nächsten eineinhalb Jahren einen guten Job macht, wird das an der Urne honoriert.

3. Hügli ist kein Rechtsaussen, sondern bis in die politische Mitte hinein wählbar.

Schliesslich stellt sich eine banale Frage: Wer sollte Hügli verdrängen? Gibt es in der Volkspartei einen Überflieger, dem das zuzutrauen wäre? Soll etwa Beat Schori die Kastanien aus dem Feuer holen? Blenden wir zurück: Schori hatte sich schon 2004 bei diesem Versuch die Finger verbrannt. Er startete damals aus der Pole-Position für den traditionellen SVP-Sitz, verlor aber kontinuierlich an Terrain, je länger der Wahlkampf dauerte, und wurde Letzter auf seiner Liste.

Heute Abend lässt sich Schori zum neuen Präsidenten der städtischen SVP wählen, ein weiterer Schritt auf dem Weg zu seinem Ziel. Sein Vorgänger, Hans Ulrich Gränicher, spricht in der „Berner Zeitung“ Klartext: Es habe parteiintern Stimmen gegeben, die sagten: „Habt ihr den niemand anderes.“

Mark Balsiger