Entscheidend ist die Glaubwürdigkeit

Die Selbstkritik zuerst: Der Titel des Podiums, das wir organisierten, war sperrig: „Wahlkampf – gestern – heute – morgen“. Der Anlass, der gestern Abend im „Käfigturm“ in Bern in Szene ging, war das hingegen nicht.

Unter der Leitung von Artur K. Vogel, Chefredaktor bei der Tageszeitung „Der Bund“ diskutierten:

  • – Nadine Masshardt, SP, die jüngste Grossrätin im Kanton Bern (22-jährig)
  • – Johannes Matyassy, Kantonalpräsident der FDP Bern
  • – Prof. Dr. Roger Blum, Medienwissenschaftler an der Uni Bern
  • – Der Bloggende (Mark Balsiger, Co-Autor des Buches „Wahlkampf in der Schweiz“)

Ein paar Aussagen, die in dieser Diskussionsrunde sinngemäss fielen:

Johannes Matyassy, FDP:

– Medienpräsenz ist sehr wichtig. Doch das alleine reicht nicht. Entscheidend ist die Glaubwürdigkeit.
– Die FDP ist eine Partei voller Individualisten.
– Ich habe das Gefühl, dass bei uns sich alle für unsere Ständeratskandidatin Dora Andres einsetzen. Bei der SVP ist es umgekehrt: Kandidat Werner Luginbühl setzt sich für seine Partei ein.

Nadine Masshardt, SP:

– Jung sein ist noch kein Programm.
– Bei Gesprächen mit Unbekannten stelle ich fest, dass ich meistens auf Grund meiner inhaltlichen Arbeit angesprochen werde.
– Bei den Nationalratswahlen 2003 sind Kandidierende der SP auch dank des Strassenwahlkampfs gewählt worden.
– Für mich ist der persönliche Austausch mit den Menschen auf der Strasse sehr wichtig. Ich will mit ihnen diskutieren, ihre Anliegen hören.

Roger Blum:

– Wenn im redaktionellen Teil über einen Kandidaten berichtet wird, ist das glaubwürdiger als ein bezahltes Inserat.

Mark Balsiger:

– Der moderne Wahlkampf ist der Kampf um die Schlagzeilen von morgen.

Vor dem Podium beleuchtete Roger Blum in einem kurzen Referat den Wahlkampf.

Ein paar Aussagen Blums:

– In den 1850er Jahren nannten die Zeitungen im Kanton Basel-Landschaft manchmal erst eine Woche vor den Wahlen die Namen der Kandidaten.
– Während dieser Phase lag die Wahlbeteilung jeweils zwischen etwa 25 und 38 Prozent.
– 1967 spielte erstmals das Fernsehen im Wahlkampf eine Rolle: Die Parteien konnten in drei grossen Sendungen auftreten.
– Weil im Kanton Aargau das linksliberale „Team 67“ den deutschen Schriftsteller Günter Grass vor seinen Karren spannte, erschienen bei einer Versammlung einmal 5000 Leute. Bei den Wahlen holte das „Team 67“ nicht einmal 5000 Stimmen.
– Die Parteien haben die Herausforderungen der Mediengesellschaft noch zu wenig erkannt: Die FDP und die SP haben ihren den letzten 20 Jahren ihre herausragenden Köpfe, nämlich ihre Bundesräte und Parteivorsitzenden, viel zu wenig in der Vordergrund gestellt.

Berichterstattung:
Podium Politforum Käfigturm (“Bund”, 6. September 2007; PDF)

Mark Balsiger

P.S.  Einmal mehr absolute Transparenz: Ich berate weder Nadine Masshardt noch Johannes Matyassy im Wahlkampf. Sonst wären sie für uns als Podiumsteilnehmende nicht infrage gekommen. Das ändert nichts an meiner Überzeugung, dass Masshardt und Matyassy im Berner Wahljahr 2007 zwei ausgesprochen spannende Personen sind.

Vom Neid in den eigenen Reihen

Reto Nause in einem Gratisblatt, wo er sich über die abgesenkten Pflastersteine der Berner Altstadt mokiert. Reto Nause in fast allen Tageszeitungen, wo er zum Angriff gegen die FDP-Doppelvertretung im Bundesrat bläst. Reto Nause im Fernsehen, wo er erklärt, weshalb seine CVP nun auch noch eine Wirtschaftspartei sein will.

Nause auf vielen Kanälen, er beherrscht die Schlagzeilen: Unermüdlich weibelt und wirbelt er für seine Partei – und für sich selbst. Ersteres ist normal, das gehört zu seiner Funktion als Generalsekretär, gerade in einem Wahljahr. Zweiteres sollte man ihm nicht verargen, die meisten Kandidaten schauen vor allem für sich.

Die Medienpräsenz Nauses ist enorm, die Kritik lässt nicht auf sich warten. Sie kommt auch aus den eigenen Reihen. Aber selbstverständlich getraut sich niemand, mit dem eigenen Namen hinzustehen. Das ist feige und typisch – und bei allen Parteien anzutreffen. Die gefährlichsten Gegner finden sich fast immer in den eigenen Reihen. Es sind Heckenschützen, oftmals Defätisten und kleinkrämerische Neider in korrekt gebügelten, karierten Hemden. Wehe, wenn einer nicht ganz der helvetischen Durchschnittsnorm entspricht, Ambitionen hat und auch noch offen dazu steht!

Ich beobachte Reto Nause seit nunmehr 15 Jahren. Er kämpft wie ein Löwe und ohne sich zu schonen. Seit sechs Jahren als Generalsekretär. Früher, damals noch als Student, für die Aargauer CVP. Stets steht er unter Hochspannung. „Ideengenerator“, „Euro-Turbo“, “Verpackungskünstler” oder „Hans-Dampf-in-allen-Gassen“ – schon viele Etiketten wurden ihm verpasst. Meistens mit einer Mischung aus Bewunderung und leisem Spott. Mitunter sind seine Strategien nicht fertig gedacht, einzelne Aktionen waren in den Augen einiger Beobachter sauglatt. Aber Nause hat zwei Qualitäten, die ich bei vielen Politikern und Parteifunktionären vermisse: Biss und Leidenschaft.

Eben hat er im Kanton Bern mit 50 Getreuen „Die Liberalsozialen“ aus der Taufe gehoben. Klar, das ist ein Griff in die politische Trickkiste. Der Begriff „liberal“, ohnehin schon schwammig, wird seit geraumer Zeit strapaziert, dürfte aber ziehen. Sicher ist: Mit einer zusätzlichen Liste, die nicht nach CVP und Katholizismus riecht, lassen sich am 21. Oktober ein paar Tausend zusätzliche Stimmen generieren.

Vielleicht reicht das unter dem Strich, um der CVP-Stammliste, die mit den „Liberalsozialen“ eine Listenverbindung eingehen wird, den einzigen Sitz zu sichern. Der wackelt nämlich bedenklich, mehr noch als 1999 und 2003. Norbert Hochreuteners Sitz soll gesichert werden – darum gehts bei den „Liberalsozialen“. Vorläufig. Erst sekundär geht es auch um Nauses eigene Ambitionen. Er spekuliert auf einen Sitz in der Stadtberner Regierung. Doch davon später.

Mark Balsiger

P.S.  Um dem Verdacht von zu viel Nähe entgegenzutreten: Es trifft nicht zu, dass meine Agentur je ein Mandat aus den Bereichen Kampagne, Medienarbeit, Wahlkampf oder Werbung der CVP Schweiz erhalten hätte. Es trifft aber zu, dass ich mich seit 2002 etwa zweimal pro Jahr mit Reto Nause auf ein Bier treffe.

Die Mär vom wirkungsvollen Strassenwahlkampf

In Wahljahren setzen Parteipräsidenten die Latte hoch. Offiziell. Das hat Tradition. Als Beispiel mag hier Irène Marti Anliker dienen, die Kantonalpräsidentin der Berner SP. Gestern Abend nannte sie die Ziele der Partei: zu den bisherigen acht Nationalratsmandaten ein neuntes im Berner Jura erobern und Ständerätin Simonetta Sommaruga „mit dem besten Wahlresultat“ bestätigen.

Zweiteres wird am 21. Oktober geschehen. Sommaruga hat sich seit ihrem Quereinstieg in die Politik den Ruf einer ausgesprochen dossiersicheren, sachlichen und moderaten Sozialdemokratin erarbeitet. Sie geniesst bis weit ins bürgerliche Lager viel Sympathie.

Der Sitzgewinn im Nationalrat hingegen ist ein frommer Wunsch. Die SP hat seit langem ein Mobilisierungsproblem, nicht nur, wenn soziale Themen weniger Gewicht haben. Keine andere Partei schöpft ihr Wählerpotenzial so schlecht aus wie die SP. Wenn die Wirtschaft boomt, akzentuiert sich dieses Problem noch. „Wir werden deshalb im Wahlherbst auf die Strasse gehen“, kündigte Marti Anliker an.

Das Bestreben ist sympathisch, bloss: Der Strassenwahlkampf taugt nicht, um Wählerstimmen zu generieren. Vor allem dann nicht, wenn ohne Strategie und Herzblut vorgegangen wird. Ein paar Mal für wenige Stunden Flugblätter verteilen und Give Aways aushändigen, hinterlässt keine Wirkung. Das verpufft wirkungslos, wie wir in unserem Buch ausführen, der Teil „Strassenwahlkampf“ ist auf unserer Website unter Leseproben aufgeschaltet.

Die Berner SP muss sich eher auf Verluste einstellen. Bei den Nationalratswahlen 1999 und 2003 konnte sie auf Simonetta Sommaruga als Zugpferd auf ihrer Frauenliste profitieren, was jeweils mehr als 100’000 Stimmen brachte. Diese werden im Herbst fehlen. Eine These, die sich auf Grund der Resultate bei den kantonalen Wahlen der letzten vier Jahre aufdrängt: Die SP verliert einen Sitz an die Grünen, allenfalls sogar zwei Sitze.

Im linken Lager wird es bei den eidgenössischen Wahlen schweizweit zu einer Umgruppierung kommen: Grün kannibalisiert Rot.

Mark Balsiger

Der nächste Schritt zu “Bund”-losen Zeiten

Für den „Bund“ läutet das Totenglöcklein. Zwar nicht zum ersten Mal, dafür lauter als früher. Die vollständige Übernahme durch die Espace Media Groupe ist ein weiter Schritt, die das Schicksal der Qualitätszeitung besiegeln wird. Vor vier Jahren wurde das Berner Modell geboren, das den wirtschaftlich serbelnden „Bund“ unter dasselbe Verlagsdach wie die „Berner Zeitung“ brachte. Vor eineinhalb Jahren hat man als weitere Sparübung die beiden Sport-Redaktionen zusammengelegt. So wird es weitergehen: Als nächstes folgen die Ressorts Wirtschaft und Ausland. Und irgendeinmal werden wir nur noch eine Berner Zeitung haben. Eine triste Perspektive.

Bei der Präsentation des Berner Modells sagte Charles von Graffenried, bis vor kurzem der mächtige Patron der Espace Media Groupe: „Ich kann mir Bern ohne ‚Bund’ gar nicht vorstellen.“ („Bund“ vom 31. Juli 2003). Dieser Tage ebnete er das Terrain für das, was uns noch bevorsteht: „Auch tiefgreifende Veränderungen können wir nicht ausschliessen.“ Das Editorial von Graffenrieds im „Bund“ vom 27. Juni macht klar, dass „eine Quersubventionierung nicht in Frage kommt“.

Dieser Satz benennt das Killerkriterium: Lange Jahre hatte der „Bund“ Verluste eingefahren, die Löcher wurden durch die beiden Hauptaktionäre NZZ und Espace Media Group gestopft. Bei der nächsten konjunkturellen Flaute wird der „Bund“ wieder rote Zahlen schreiben. Und dann karrt man die Guillotine heran.

Der Tod in Raten für den „Bund“ wirft auch ein Schlaglicht auf die Marktmechanismen im Verlagsgeschäft und das Konsumverhalten von uns allen. Gut ist demnach, was erfolgreich den Weg zu den Leserinnen und Lesern findet. Die Gratisblätter, die uns an Bushaltestellen und Bahnhöfen um die Ohren geschlagen werden, sind also gut. Viele bunte Bildli und belanglose Storys über Paris Hilton und Baschi Trallala, garniert mit Stilblüten, Wettbewerben, Umfragen und viel, viel Werbung. Kurzfutter. Schnell geschrieben, schnell gelesen, schnell vergessen. Im Herbst werden wir voraussichtlich durch zwei weitere Gratiszeitungen beglückt. Frühmorgens und schon beim Hauseingang. Diese Entwicklung ist fatal: Information darf nicht gratis sein.

Machen wir uns nichts vor: Das Berner Modell ist mit der Übernahme der Espace Media Groupe durch die Tamedia gescheitert. Es konnte sich halbwegs etablieren, weil Charles von Graffenried bislang das Sagen hatte und seine Glaubwürdigkeit auf dem Spiel stand. Das ist vorbei. Über Sein oder Nichtsein des „Bund“ entscheidet der starke Mann in Zürich, der bei der Tamedia hoch oben im Glashaus sitzt.

Martin Kall jongliert eiskalt mit Zahlen und Rotstift, mit einem publizistischen Gewissen ist er bislang nicht aufgefallen. Die Art, wie er unlängst die rund 60 „Facts“-Mitarbeitenden abservierte, lässt erschaudern. Auch die Chefs in Bern zeigten letzte Woche wenig Fingerspitzengefühl: Unter „Verschiedenem“ wurde die „Bund“-Redaktion schnell und fahrig über die Umwälzungen in Kenntnis gesetzt.

Dabei ist es genau diese Redaktion, die trotz Unsicherheiten, Entlassungen und sonstigen Sparübungen jeden Tag mit dem hehren Ziel antritt, eine gute Zeitung zu machen. Informieren, die Hintergründe ausleuchten, analysieren und zum Denken anregen, das sind die primären Aufgaben einer Qualitätszeitung. Das schafft der „Bund“ bis heute immer wieder. „Verstehen, warum“ heisst sein treffender Slogan. Mit 20 Zeilen und einem Monopolblatt ist das nicht einzulösen. Unsere Demokratie braucht die Meinungsvielfalt der Medien. Bevor der „Bund“ endgültig zu Grabe getragen wird, sollen die Kalls und von Graffenrieds noch einmal an ihre staatspolitische Verantwortung erinnert werden.

Mark Balsiger

Ein Kampf gegen die Gezeiten

Mit einem Zufallsmehr entschied das Parlament im Kanton Graubünden, das Stimmrechtsalter bei 18 zu belassen. 45 Nein gegen 44 Ja lautete das Verdikt gestern Abend. Nicht weniger als 31 Volksvertreter waren zur vorgerückten Stunde bereits nicht mehr im Ratsaal.

Das Nein aus Chur ist praktisch irrelevant. Die Glarner Landsgemeinde entschied Anfang Mai, das Stimmrechtsalter auf 16 Jahre zu reduzieren, letzte Woche folgte das Parlament im Kanton Bern. Noch diesen Sommer wird das Pendant in Basel-Stadt über dasselbe Thema debattieren und auch auf eidgenössischer Ebene wurde eine parlamentarische Initiative in Aussicht gestellt, die das Stimmrechtsalter 16 auf Bundesebene verlangt.

Die Welle ist ins Rollen geraten, aufzuhalten ist sie nicht mehr. Das Churer Nein ist ein Kampf gegen die Gezeiten. Ähnlich wie bei den Rauchverboten in Bars und Restaurants wird sich in den nächsten 10 bis 15 Jahren Stimmrechtsalter 16 durchsetzen. Vorerst nur auf kantonaler Ebene, später womöglich auch auf nationaler Ebene. Und das ist auch gut so.

Auch wenn die Mehrheit der Jugendlichen apolitisch ist: Die Senkung von 18 auf 16 Jahre ist ein kleines Schrittchen in die richtige Richtung. Revolutionär wäre Stimmrechtsalter 0, ein Vorstoss, der verschiedentlich (wieder) auf dem Tisch liegt. Flankierend müssen nun die Lehrpläne zügig angepasst werden. „Politische Bildung“ wie der ehemalige Staatskundeunterricht heute heisst, gehört aber vor allem auch vermehrt in die Ausbildung angehender Lehrpersonen.

Stimmrechtsalter 16 ist kein Wahlkampfschlager, aber ein sympathischer Versuch von mehrheitlich jungen SP-Mitgliedern, im Wahljahr zu punkten. Dass ein beachtlicher Teil der jungen Erstwähler sich der SVP zuwenden, haben sie vermutlich ausgeblendet. Die “liebe Manne und Froue” der SVP in den Parlamenten Berns und Graubündens allerdings auch. Sonst hätten sie womöglich nicht Nein gestimmt.

Mark Balsiger

Die Berner FDP entdeckt eine alte Qualität: die Eigenständigkeit

Die morgendliche Lektüre des „Bund“ zerstreut die letzten Zweifel:

“FDP will den Alleingang”

prangt auf der Front. Die Überraschung ist perfekt. Schon vier-, fünf- oder sogar sechsmal hat die FDP-Spitze des Kantons Bern in den letzten Jahren angekündigt, sich von der SVP emanzipieren zu wollen. Allein, schliesslich fand sie sich stets im Rucksack der grossen Volkspartei wieder – meistens zwar schimpfend.

Dieses Mal hat es der Freisinn geschafft. Er steigt alleine in die Ständeratswahlen 2007 – eine Abkehr der Tradition, besetzten FDP und SVP bis 2003 doch stets die beiden Sitze im „Stöckli“. Parteipräsident Johannes Matyassy wurde seit Monaten nicht müde, den Alleingang in der Öffentlichkeit und parteiintern zu propagieren. Dabei lehnte er sich weit aus dem Fenster und riskierte, vom Parteitag in Biel desavouiert zu werden. Das brauchte Rückgrad, chapeau! Mit diesem Erfolg stärkt er, der früher der FDP Schweiz ein guter Generalsekretär war, seine Position innerhalb der Partei.

Die Kommentatoren monieren zwar, dass „ein Alleingang noch kein Programm“ sei. Das stimmt zweifellos. Bloss: Es sind dieselben Kommentatoren, die viel lieber und oft über Wahltaktik und Personalentscheidungen der Parteien schreiben als über die Niederungen der Tagespolitik im Grossen Rat. Ergo ist der Alleingang der FDP ein wichtiges Signal, das auf grosse Resonanz stösst.

Freisinn muss auch auf Listenverbindung verzichten

Wenn die FDP nun auch noch den Mut haben wird, bei den Nationalratswahlen auf die traditionelle Listenverbindung mit der SVP zu verzichten, macht sie einen weiteren wichtigen Schritt vorwärts. Eigenständigkeit gibt Profil. Wer Profil hat, wird interessanter für das Elektorat.

Natürlich gibt es für die beiden Parteien viel mehr Gemeinsames als Trennendes. Schliesslich entsprang die SVP der freisinnigen Grossfamilie. Kurz nach dem Ersten Weltkrieg wars, als sich die Bauern und Gewerbetreibenden vom Freisinn nicht mehr genügend vertreten fühlten – und im „Bierhübeli“ Bern die SVP (damals Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei BGB) aus der Taufe hoben.

Mit dem deutlichen Entscheid für den Alleingang, haben aber nicht nur der Freisinn gewonnen, sondern auch die Wählerinnen und Wähler. Am 21. Oktober eröffnet sich uns die Gelegenheit, unter vier profilierten Kandidierenden unser Duo für den Ständerat zu bestimmen: Simonetta Sommaruga (SP), Werner Luginbühl (SVP), Dora Andres (FDP, noch nicht nominiert) und Franziska Teuscher (grüne).

Vier unterschiedliche Temperamente, vier verschiedene Lebensentwürfe, vier verschiedene Ausrichtugen, aber, und das ist das Entscheidende: alle vier sind wählbar. Alle sind fähig zum Kompromiss. Alle vier haben das Zeug, gute Vertreterinnen und Vertreter des Standes Bern zu werden. Das wird ein spannender Wahlkampf, der zwar eine klare Favoritin für den Wiedereinzug und einen Favoriten für den zweiten Platz kennt, aber: der Match ist noch lange nicht entschieden.

Mark Balsiger