Fulvio Pelli: Die Ambitionen begraben – oder nur vorübergehend zurückgestellt?

FDP-Präsident Fulvio Pelli (56) habe seine Ambitionen auf einen Bundesratssitz begraben. Das sagte er gestern gegenüber Radio RSI. Es wäre nicht konsequent, wenn er eine Verjüngung der Landesregierung fordere, sich aber gleichzeitig um die Nachfolge von Bundesrat Pascal Couchepin bemühen würde.

Diese Ankündigung kommt nicht von ungefähr. Am Mittwoch hatte die FDP bekannt gemacht, dass Couchepin bei den Gesamterneuerungswahlen im Dezember nochmals antreten, die Legislaturperiode 2007-2011 aber vermutlich nicht beenden würde. Eine Frage, die sich ab sofort stellt: Wer soll auf Couchepin folgen? Periodisch wird sich die Medienschar auf die möglichen Nachfolger und Interessierten stürzen. Unter ihnen gilt die goldene Regel: Wer sich zu früh bewegt, ist weg vom Fenster.

Pelli ist gescheit – und clever dazu. Mit seinem „No“ zum richtigen Zeitpunkt entzieht er sich diesen „Kaffeesatz“-Geschichten – und nimmt sich aus dem Schussfeld. Sollte die FDP bei den Nationalratswahlen im Oktober erneut Wähleranteile verlieren, muss er vermutlich sein Präsidialamt abgeben. Vier Jahre später könnte er immer noch Dick Marty als  Ständerat ablösen.

Kann sich die FDP aber behaupten, bessert sich auch die Ausgangslage Pellis wieder. Klar ist nämlich, dass die Nachfolge von Pascal Couchepin aus der lateinischen Schweiz stammen muss. Dort ist die Personaldecke dünn: Die Langzeitkandidatin Marina Masoni (TI) ist nach ihrer Abwahl als Regierungsrätin kein Thema mehr, der shooting star der „Radicaux“, Pierre Maudet – im Frühjahr in die Regierung Genfs gewählt – noch zu jung. Zudem hat er sich mit der Abschaffung der direkten Bundessteuer FDP-intern einige Feinde geschaffen.

Aus heutiger Sicht bleiben nur zwei Anwärter übrig: Didier Burkhalter (NE) und… Fulvio Pelli. Wenn bei Couchepins Rücktritt auf Ende 2008 oder 2009 Not am Manne ist, dürfte er wie Phönix aus der Asche steigen.

Mark Balsiger

Von Bundesrat Pascal Couchepins halber Zusatzrunde und ganzen Rückziehern

Pascal Couchepin möchte also 2008 nochmals Bundespräsident werden. Wer will es ihm verargen. Mit seinem Entscheid, bei den Gesamterneuerungswahlen erneut anzutreten, beginnt sich die Ausgangslage für den 12. Dezember zu klären. Die FDP hat mit der eilends einberufenen Medienkonferenz auf die Kampfansage der CVP reagiert. Couchepin selber war nicht zugegen, sondern noch auf Dienstreise in Japan. Bitterböse der Kommentar in der „Südostschweiz“ von heute:

„Die FDP klammert sich lieber ebenso fantasielos wie berechnend an die Macht, als dass sie sich mutig zeigen und auf neue Bundesratsköpfe setzen würde.“

Couchepins Entscheid gibt der eigenen Partei in den nächsten Monate etwas mehr Ruhe und Luft. Einerseits werden bisherige Bundesräte nicht abgewählt – Ruth Metzler war vor dreieinhalb Jahren eine Ausnahme, weil  die SVP den Einzug ihres starken Mannes ultimativ forderte – und damit auch durchdrang. Christoph Blocher wurde auch dank den Stimmen von vielen FDP- und mehreren CVP-Parlamentariern gewählt.

Andererseits können sich mögliche Couchepin-Nachfolger in Position bringen: Im Vordergrund dürften Didier Burkhalter (NE) und… Fulvio Pelli (TI) stehen. Wenn die FDP allerdings bei den Nationalratswahlen erneut Wähleranteile verliert, wackelt der Sitz des Parteipräsidenten – und damit müsste er wohl auch seine eigenen Ambitionen begraben. Bundesratskarrieren lassen sich nicht planen – die grosse Ausnahme war… Pascal Couchepin!

Couchepin riskiert mit seiner Ankündigung, die nächste Legislatur nicht mehr zu beenden, zu einer lahmen Ente zu werden. Was das bedeutet, hat der Fall von Tony „lame duck“ Blair die letzten 12 Monate vor seinem Abgang aufgezeigt. Womöglich macht nun der Begriff “halber Bundesrat” erneut die Runde.

Zurück zur CVP: Nachdem sie am Wochenende einen cleveren Schachzug gemacht hatte, wurde sie bereits wieder konziliant und nimmt damit dem eigenen Angriff die Kraft. Schon haben sich die ersten CVP-Parlamentarier zu Wort gemeldet, die der FDP ihre Unterstützung zusagen. Man wähle doch keine amtierenden Bundesräte ab, lautet die Begründung. Generalsekretär Reto Nause wird sich die Haare raufen.

Mark Balsiger

Säbelrasseln für Fortgeschrittene

Plötzlich wird zum Angriff geblasen: Die CVP will im Dezember wieder zwei Sitze im Bundesrat. Dreieinhalb Jahre lang hiess es unisono und gebetsmühlenartig, dieses Ziel werde erst im Jahr 2011 wieder angepeilt. Die Verletzungen der Abwahl Ruth Metzlers gingen tief, ein Wähleranteil von nur noch 14,4 Prozent bei den Nationalratswahlen 2003 liess die Christlichdemokraten einen Reformprozess anstossen.

Offiziell wird die Offensive so begründet: Der Bundesrat verschleppe u.a. das von Wirtschaftsministerin Doris Leuthard (CVP) angeschlagene Tempo zur Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips. Folglich brauche es mehr Mitte in der Landesregierung. „Jetzt reichts“, sagten sie Generalsekretär Reto Nause und die Parteileitung der CVP. Eine knappe Medienmitteilung am Freitagabend, ergänzt von einer E-Card, die prominent auf der Website platziert wurde, bereitete den Boden. Der Text:

„Mit mehr CVP Bundesräten könnten die Handelshemmnisse aus dem Weg geräumt werden, an denen die heutige Mehrheit im Bundesrat festhält. Weitersagen!“

Die Sonntagsausgabe der „Südostschweiz“ machte den Angriff publik, die Agenturen zogen nach. Heute thematisieren Schweizer Radio DRS und viele Tageszeitungen die Wende – vom “Blick” bis zur NZZ. So wird dieser dünnen Geschichte ein beachtlicher Resonanzkörper verliehen. So generiert man die entscheidende Öffentlichkeit. So rasselt man mit dem Säbel.

Das Timing stimmt: Zufälligerweise hat das Sommerloch begonnen, zufälligerweise sind die Redaktionen ferienhalber schwächer dotiert und deshalb noch empfänglicher für ein solches Thema. Zufällig berichten Journalisten lieber über den echten oder vermeintlichen Sesseltanz im Bundesrat als über komplexe Dossiers.

Besonders herausgefordert ist die FDP, weil: Der CVP-Angriff richtet sich klar gegen sie. In der medialen Wahrnehmung wackelt der zweite FDP-Bundesratssitz am stärksten, dort ist die Nervosität grösser als anderswo. Die SP spielt ein wenig Schiedsrichter, die Grünen kokettieren weiterhin ein wenig mit einem eigenen Sitz, die Liberalen werden ein wenig mehr umschwärmt.

In den nächsten Tagen wird die Geschichte weitergeschrieben. Die Sommerpause ist noch lang. Ironie beiseite: Wenn durch diesen Schachzug eine echte Debatte angestossen wird und der Wahlkampf endlich auf Touren kommt, wäre das eine gute Entwicklung.
Mark Balsiger

Neo-Gemeinderat Hügli und das Halali auf seinen Sitz

Heute beginnt Stephan Hügli (fdp) als Stadtberner Gemeinderat. Im zweiten Anlauf erreichte er sein Ziel, nachdem seine Partei vor just drei Jahren nicht ihn, sondern Barbara Hayoz nominiert hatte.

Hügli ist der neue Direktor für Sicherheit, Umwelt und Energie (SUE). Vor acht Tagen setzte er sich mit 52,3 Prozent der Stimmen gegen Reto Nause (cvp) durch. Ein sehr knappes Ergebnis, das vorab Hügli selber zu denken geben muss. Wie kommt es, dass der bekannte Urberner Hügli, zudem mit einer 18-Prozent-Partei im Rücken, den erst vor knapp sechs Jahren zugezogenen Nause nur so knapp schlug? War Nauses Wahlkampf so gut? Hügli seiner Sache zu sicher?

Es war gut, dass der Souverän am 11. März eine Auswahl hatte, beiden Kandidaten traut(e) man zu, gute Gemeinderäte zu werden. Wäre es nach der Volkspartei gegangen, hätte man einen der ihren einfach durchwinken sollen – ein merkwürdiges Demokratieverständnis.

Verschiedentlich wird Hügli prophezeit, er müsse auf Ende 2008 seinen Sessel bereits wieder räumen. Dabei wird auf den Wähleranteil der SVP inkl. Rechtsaussen- und Splitterparteien verwiesen. Betrachtet man die nackten Zahlen der Wahlen im November 2004, könnte es für Hügli in der Tat eng werden. Drei Gründe sprechen allerdings für seine Wiederwahl:

1. Exekutivwahlen sind in erster Linie Persönlichkeitswahlen, auch wenn dieses Faktum in der Stadt Bern durch das Proporzwahlsystem aufgeweicht wird.

2. Wenn Hügli in den nächsten eineinhalb Jahren einen guten Job macht, wird das an der Urne honoriert.

3. Hügli ist kein Rechtsaussen, sondern bis in die politische Mitte hinein wählbar.

Schliesslich stellt sich eine banale Frage: Wer sollte Hügli verdrängen? Gibt es in der Volkspartei einen Überflieger, dem das zuzutrauen wäre? Soll etwa Beat Schori die Kastanien aus dem Feuer holen? Blenden wir zurück: Schori hatte sich schon 2004 bei diesem Versuch die Finger verbrannt. Er startete damals aus der Pole-Position für den traditionellen SVP-Sitz, verlor aber kontinuierlich an Terrain, je länger der Wahlkampf dauerte, und wurde Letzter auf seiner Liste.

Heute Abend lässt sich Schori zum neuen Präsidenten der städtischen SVP wählen, ein weiterer Schritt auf dem Weg zu seinem Ziel. Sein Vorgänger, Hans Ulrich Gränicher, spricht in der „Berner Zeitung“ Klartext: Es habe parteiintern Stimmen gegeben, die sagten: „Habt ihr den niemand anderes.“

Mark Balsiger

Die Berner FDP entdeckt eine alte Qualität: die Eigenständigkeit

Die morgendliche Lektüre des „Bund“ zerstreut die letzten Zweifel:

“FDP will den Alleingang”

prangt auf der Front. Die Überraschung ist perfekt. Schon vier-, fünf- oder sogar sechsmal hat die FDP-Spitze des Kantons Bern in den letzten Jahren angekündigt, sich von der SVP emanzipieren zu wollen. Allein, schliesslich fand sie sich stets im Rucksack der grossen Volkspartei wieder – meistens zwar schimpfend.

Dieses Mal hat es der Freisinn geschafft. Er steigt alleine in die Ständeratswahlen 2007 – eine Abkehr der Tradition, besetzten FDP und SVP bis 2003 doch stets die beiden Sitze im „Stöckli“. Parteipräsident Johannes Matyassy wurde seit Monaten nicht müde, den Alleingang in der Öffentlichkeit und parteiintern zu propagieren. Dabei lehnte er sich weit aus dem Fenster und riskierte, vom Parteitag in Biel desavouiert zu werden. Das brauchte Rückgrad, chapeau! Mit diesem Erfolg stärkt er, der früher der FDP Schweiz ein guter Generalsekretär war, seine Position innerhalb der Partei.

Die Kommentatoren monieren zwar, dass „ein Alleingang noch kein Programm“ sei. Das stimmt zweifellos. Bloss: Es sind dieselben Kommentatoren, die viel lieber und oft über Wahltaktik und Personalentscheidungen der Parteien schreiben als über die Niederungen der Tagespolitik im Grossen Rat. Ergo ist der Alleingang der FDP ein wichtiges Signal, das auf grosse Resonanz stösst.

Freisinn muss auch auf Listenverbindung verzichten

Wenn die FDP nun auch noch den Mut haben wird, bei den Nationalratswahlen auf die traditionelle Listenverbindung mit der SVP zu verzichten, macht sie einen weiteren wichtigen Schritt vorwärts. Eigenständigkeit gibt Profil. Wer Profil hat, wird interessanter für das Elektorat.

Natürlich gibt es für die beiden Parteien viel mehr Gemeinsames als Trennendes. Schliesslich entsprang die SVP der freisinnigen Grossfamilie. Kurz nach dem Ersten Weltkrieg wars, als sich die Bauern und Gewerbetreibenden vom Freisinn nicht mehr genügend vertreten fühlten – und im „Bierhübeli“ Bern die SVP (damals Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei BGB) aus der Taufe hoben.

Mit dem deutlichen Entscheid für den Alleingang, haben aber nicht nur der Freisinn gewonnen, sondern auch die Wählerinnen und Wähler. Am 21. Oktober eröffnet sich uns die Gelegenheit, unter vier profilierten Kandidierenden unser Duo für den Ständerat zu bestimmen: Simonetta Sommaruga (SP), Werner Luginbühl (SVP), Dora Andres (FDP, noch nicht nominiert) und Franziska Teuscher (grüne).

Vier unterschiedliche Temperamente, vier verschiedene Lebensentwürfe, vier verschiedene Ausrichtugen, aber, und das ist das Entscheidende: alle vier sind wählbar. Alle sind fähig zum Kompromiss. Alle vier haben das Zeug, gute Vertreterinnen und Vertreter des Standes Bern zu werden. Das wird ein spannender Wahlkampf, der zwar eine klare Favoritin für den Wiedereinzug und einen Favoriten für den zweiten Platz kennt, aber: der Match ist noch lange nicht entschieden.

Mark Balsiger

Neun Monate vor dem Wahltag: eine Empfehlung für den besseren Wahlkampf

Betriebsamkeit in den Parteizentralen: Sie rüsten auf für den Kampf. Gerangel, wo Sitze frei werden. Nervosität allüberall. Einmal mehr scheint es allerdings ein Wahlkampf zu werden, in dem Christoph Blocher die Hauptrolle spielt. Seine Partei will es so. Die SP offenbar auch. Das macht es für die Kandidatinnen und Kandidaten noch schwerer. Schade. Sie und die Parteiprogramme sollten im Brennpunkt stehen.

Gerade vor wichtigen Wahlterminen wird gerne und ausgiebig im Kaffeesatz gerührt. Das hilft selten weiter. Ich ziehe deshalb eine Analyse der letzten Nationalratswahlen vor. Sie basiert auf einer Befragung, die in dieser Quantität und Tiefe vermutlich unerreicht ist. Drei Aspekte sollen hier näher betrachtet werden: Geschlossenheit, Themen und Mitteleinsatz.

Wer seit Jahren klare Positionen vertritt und diese auch verkaufen kann, wer seine besten Leute konsequent ins Schaufenster stellt, die Bedürfnisse der Medien verinnerlicht und die Lehren aus früheren Wahlkämpfen gezogen hat, schläft bis zum Showdown am 21. Oktober ruhiger. Die Kurzformel der permanenten Kampagnenführung lautet: Profil, Köpfe, Medienpräsenz, Lernfähigkeit.

Das geschlossene Auftreten einer Partei im Parlament und bei Volksabstimmungen hat in der Schweiz keine Tradition. „Whips“ wie in Grossbritannien, also die Einpeitscher, gibt es bei uns nicht. Die meisten Politiker fühlen sich primär ihrer Wählerschaft verpflichtet. Das kann dazu führen, dass von derselben Partei die Zentralschweizer Sektionen eine Arie von Verdi intonieren, die Mitglieder aus Zürich hingegen einen Rap. Das Publikum mag die Kakophonie aber nicht und wendet sich ab. Das ist gravierend: Die Positionen der Parteien sind nämlich das Fundament für die Kandidierenden. Wo dieses Fundament solid ist, sind individuelle Wahlerfolge leichter zu erringen. Wer für eine Partei mit schwammigem Profil antritt, kann immer wieder aus dem Gleichgewicht geraten.

Die meisten Schweizer sind Ottos

In jeder Kampagnenstrategie in Grossbritannien und den USA findet man mit Sicherheit eine Kernaussage: „message discipline“, die Botschaft muss stets dieselbe sein. Am besten über Jahre hinweg. Auch deswegen hat die SVP Erfolg. Inzwischen kann jeder Gymnasiast das Programm dieser Partei herunterbeten. Da weiss man, was man hat. Ähnlich gut positioniert sind die Grünen. Sie legen seit fünf Jahren bei den kantonalen Wahlen zu – Fortsetzung folgt.

Der geschlossene Auftritt gibt ein klares Profil, und Otto Normalverbraucher, der täglich 20 Minuten Zeitung liest, sonst aber dem politischen Diskurs fernbleibt, wird nicht regelmässig irritiert. Er kann nachvollziehen, welche Partei wofür einsteht. Machen wir uns nichts vor: Die meisten Schweizer sind Ottos. Die Parteien müssen sich ihnen und den veränderten Bedürfnissen der Medien anpassen – nicht umgekehrt. Das wurde im Wahlkampf 2003 teilweise ausgeblendet.

Bei der Selektion der Themen besteht die Gefahr, dass sich eine Partei verzettelt. Entscheidend ist aus der heutigen Medienlogik, wer die Themenführerschaft hat. Das blosse Mitreden wird im medialen Grundrauschen nicht mehr gehört. Dazu kommt, dass bei eidgenössischen Wahlen die Kantone zwar die Wahlkreise darstellen. Faktisch jedoch haben die Kantonsgrenzen seit den 1990er Jahren keine Bedeutung mehr. Ein paar wenige Leaderfiguren dominieren schweizweit die politische Arena.

Die Parteien wiederum sind in der Regel zu schwach, um eigene Themen zu setzen. Es brauchte einen Kraftakt, um die Abzockerlöhne der Topmanager auf die Agenda zu bringen. Was Thema ist, wird seit 1999 grundsätzlich durch Meinungsumfragen bestimmt. Diese Steilpässe kann man aufnehmen oder zuschauen, wie andere die Tore schiessen.

Giesskannenprinzip statt klare Schwerpunkte

Die Chancen auf eine Wahl in den Nationalrat, hängen stark vom Budget ab. Obwohl – oder gerade weil – die finanziellen Mittel bislang selten gezielt eingesetzt wurden. Bei den Nationalratswahlen 2003 fehlten den meisten Kampagnen der rote Faden und die Schwerpunkte. Auch die aussichtsreichen Kandidierenden setzten nach dem Giesskannenprinzip auf praktisch alle Mittel und Massnahmen.

Die Gründe für dieses Vorgehen: Die Analysen waren ungenügend, der Wahlkampf wurde zu spät in Angriff genommen und meistens fehlte die Sicht von aussen. Entscheidend ist nicht, was der härteste Konkurrent plant oder die Parteipräsidentin sagt. Entscheidend ist, wie Otto Normalverbraucher auf die Bemühungen anspricht. Das wissen Spezialisten, sie können einschätzen, wie Otto denkt, fühlt und wählt.

Die Schweiz ist kein Sonderfall mehr, das gilt inzwischen auch für den Wahlkampf. Erfolgreiche Kampagnentechniken aus dem angelsächsischen Raum halten bei uns Einzug, mit der üblichen Verzögerung. Es lohnt sich, sie nicht zu verteufeln, sondern anzuwenden – adaptiert auf eine Art, die in unserem Land verträglich ist. Schliesslich sollten sich Politiker damit arrangieren, dass nicht mehr sie den Takt angeben, sondern die Medien. Wer weiss, was die Medien wollen, ist kein „Non-Valeur“ und geht nicht unter wie die „Titanic“. Wer sich den Bedürfnissen der Medien anpasst, bleibt auf Deck – und mit etwas Können auch im Scheinwerferlicht.

Mark Balsiger